Die Entdeckung der Erde
Java eine reiche Ladung Gewürze ein, umschiffte dann das Cap der Guten Hoffnung und traf mit einem einzigen Schiffe und einer Mannschaft von achtundachtzig Köpfen nach einer Reise von nahezu drei Jahren am 26. August in Rotterdam ein. Wenn die Kaufleute, welche früher die Kosten der Ausrüstung bestritten, die Maßnahmen de Noort’s billigten, der ihnen eine, die Summe ihrer Auslagen an Werth weit übertreffende Fracht heimbrachte, während er seinen Landsleuten gleichzeitig den Weg nach Indien wies, müssen wir das Lob, welches ihm als Seemann gewiß gebührt, doch beschränken in Hinblick auf die Art und Weise seiner Commandoführung und ihn sogar streng tadeln wegen der Grausamkeit, welche die erste Erdumsegelung seitens der Holländer durch so viele Blutflecken verunglimpft.
Wir kommen nun auf einen Mann zu sprechen, der bei ebenso großen Vorzügen wie Fehlern des Charakters, ein Leben führte, das sich in den verschiedensten, oft geradezu entgegengesetzten Richtungen bewegte, und der nach Erreichung der höchsten Ehren, welche ein Edelmann nur erstreben kann, des Verrathes und Lehnseidbruches angeklagt, sein Haupt zuletzt noch auf das Schaffot trug. Es handelt sich um Sir Walter Raleigh. Seinen Platz in dieser Gallerie berühmter Reisender weisen wir ihn weder als Begründer der englischen Kolonialmacht, noch als Seemann an sich an; wir sehen in ihm hier nur den Entdecker und haben über ihn nicht viel Vortheilhaftes zu sagen. Fünf Jahre hindurch hatte Walter Raleigh sich in Frankreich in dem Kriege gegen die Ligue und mitten unter jenen Gascognern aufgehalten, welche den Kern der Armee Heinrich’s von Navarra bildeten. In solcher Umgebung entwickelte sich sein natürlicher Hang zur Lüge und Prahlerei nur noch weiter. Nach einem Feldzuge gegen die Spanier in den Niederlanden kehrt er im Jahre 1577 nach England zurück und nimmt schnell lebhaften Antheil an den Angelegenheiten seiner drei mutterrechten Brüder Johann, Onfroy und Adrien Gilbert. England durchkämpfte damals eine sehr schwere ökonomische Krisis. Der Landbau ging einer Umgestaltung entgegen. Ueberall trat die Benützung der Weide an Stelle der Bearbeitung des Bodens, und die Zahl der ländlichen Hilfsarbeiter schrumpfte dadurch wesentlich zusammen.
Jagd auf Walrosse. (Facsimile. Alter Kupferstich.) (S. 485.)
Daraus entstand ein allgemeines Elend und eine Zunahme der beschäftigungslosen Bevölkerung, welche bald darauf beunruhigende Dimensionen annahm. Gleichzeitig folgte auf lange Kriege endlich der Friede, der während der ganzen Regierungszeit der Königin Elisabeth anhalten sollte, so daß eine große Menge Abenteurer nicht recht wußte, wie sie ihrem Geschmacke nach Gewaltthaten genügen sollte.
Sir Walter Raleigh. (Facsimile. Alter Kupferstich.) (S. 487.)
Unter solchen Verhältnissen tritt dann die Nothwendigkeit der Auswanderung ein, welche das Land von seiner vorhandenen Ueberbevölkerung befreit, den mit dem Hungertode bedrohten Armen neue Lebensbedingungen auf jungfräulichem Boden bietet und ihrerseits wieder den Einfluß und die Blüthe des Mutterlandes steigert. Alle freieren Geister, welche in England den Ideen der Zeit folgen, wie Hackluyt, Thomas Harriot, Carlyle, Peckham und die Brüder Gilbert sind von dieser Nothwendigkeit überzeugt. Den Letztern aber gebührt die Ehre, geeignete Orte zur Errichtung von Kolonien bezeichnet zu haben. Raleigh selbst schloß sich nur seinen Brüdern an und folgte ihrem Beispiele, er hat aber, wie man es ihm manchmal unrechter Weise zuschreibt, die Ausführung dieses fruchtbringenden Planes, die Kolonisation der atlantischen Küsten Amerikas, weder zuerst in die Hand genommen, noch jenen gar selbst ersonnen. Wenn der bei der launischen und in ihren Neigungen sehr wetterwendischen Königin Elisabeth damals allmächtige Raleigh seine Brüder ermuthigt und auch selbst 40.000 Pfund Sterling auf Kolonisations-Unternehmungen verwendet, so hütet er sich doch weislich, England zu verlassen, denn das viel Geduld und Hingebung erfordernde Ansiedlerleben ist keineswegs nach seinem Geschmacke. Er überläßt sein Patent käuflich an Andere, vergißt aber nicht, sich ein Fünftel der späteren Einkünfte der Kolonie verschreiben zu lassen, da er von der Nutzlosigkeit eigener Anstrengung überzeugt ist.
Gleichzeitig rüstet Raleigh Schiffe aus gegen die spanischen Besitzungen; er betheiligt sich persönlich an den Kämpfen, welche England von der unbezwinglichen Armada befreit,
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