Die Entdeckung der Erde
der Chinesen, ihre Schrift u. a. m. Dann verließ er die Hauptstadt der Mongolen und reiste auf dem schon früher eingehaltenen Wege zurück. Von Astrachan, an der Mündung eines bedeutenden Stromes, aber wandte er sich nach Süden, betrat Syrien und erreichte unter Begleitung einer tatarischen Escorte, welche das Vorkommen räuberischer Stämme sehr nothwendig machte, Derbend am Eisernen Thore. Von hier aus gelangte er über Nakschivan, Erzerum, Siwas, Cäsarea, Iconium nach dem Hafen von Curch und schiffte sich daselbst ein, um in sein Vaterland zurückzukehren.
Man erkennt, daß seine Reise in der Hauptsache mit der Carpini’s zusammenfällt, doch ist sein Bericht beiweitem weniger interessant und scheint dem belgischen Mönche im Ganzen jene Beobachtungsgabe sehr abzugehen, welche den italienischen Franziskaner so vortheilhaft auszeichnet.
Mit Carpini und Rubruquis schließt das Verzeichniß der Forscher, welche sich im Laufe des 13. Jahrhunderts einen Namen machten. Ihr Ruhm sollte aber weit überstrahlt werden durch den des Venetianers Marco Polo, den berühmtesten Reisenden jener ganzen Epoche.
Viertes Capitel.
Marco Polo (1253–1324).
I.
Das Interesse genuesischer und venetianischer Kaufleute, das Innere Asiens zu erschließen. – Die Familie Polo und ihre Stellung in Venedig. – Die beiden Brüder Nicolo und Matteo Polo. – Sie geben von Konstantinopel an den Hof des Kaisers von China. – Ihr Empfang am Hofe Kublaï-Khans. – Der Kaiser ernennt sie zu seinen Gesandten beim Papste. – Ihre Rückkehr nach Venedig. – Marco Polo. – Er reist mit seinem Vater Nicolo und seinem Onkel Matteo nach der Residenz des Herrschers der Tataren. – Der neue Papst Gregor X. – Marco Polo’s Reisebericht, von ihm selbst dictirt und von Rustician aus Pisa niedergeschrieben.
Den Unternehmungen so vieler kühner Reisender in Mittelasien, Indien und China gegenüber konnten die Kaufleute Genuas und Venedigs natürlich nicht gleichgiltig bleiben. Sie erkannten, daß diese Länder bald neue Absatzgebiete für ihre Producte bilden müßten und daß andererseits durch Einführung der orientalischen Waaren nach dem Occident ein großer Gewinn zu erzielen sei. Ein solches Handelsinteresse trieb erklärlicher Weise bald neue Forscher auf den Weg der Entdeckungen hinaus. Aehnliche Gründe bestimmten auch zwei vornehme Venetianer, ihr Vaterland zu verlassen und allen Mühsalen und Gefahren so weiter Reisen zu trotzen, um ihre Handelsbeziehungen zu erweitern.
Diese beiden Venetianer gehörten der aus Dalmatien stammenden Familie Polo an, welche in Folge ihrer durch rege Handelsthätigkeit erworbenen Reichthümer zu den Patrizierkreisen Venedigs zählte. Im Jahre 1260 begaben sich die Brüder Nicolo und Matteo von Konstantinopel aus, wo sie ein Zweiggeschäft errichtet und schon mehrere Jahre verlebt hatten, mit einer Ladung Galanteriewaaren nach der von ihrem älteren Bruder Andrea Polo geleiteten Filiale in der Krim. Von hier wendeten sie sich nach Nordwesten, zogen durch das Land von Comanien und erreichten auf der Wolga das Lager Barkaï-Khans. Dieser Mongolenfürst empfing die beiden venetianischen Kaufleute sehr gut und kaufte ihnen den ganzen Vorrath an Galanteriewaaren ab, den sie ihm zum doppelten Preise anboten.
Ein Jahr lang verweilten Nicolo und Matteo Polo in dem mongolischen Lager; dann brach aber, im Jahre 1262, zwischen Barkaï und dem Fürsten Hulagu, dem Beherrscher von Persien, Krieg aus. Da die beiden Brüder die von den Tataren überschwemmten Gegenden zu vermeiden wünschten, zogen sie vor, sich nach Bukhara, die erste Residenz Barkaï’s, zu begeben, und hielten sich daselbst drei Jahre lang auf. Als aber Barkaï besiegt und seine Hauptstadt eingenommen ward, zwangen die Parteigänger Hulagu’s die beiden Venetianer, ihnen nach der Residenz des Groß-Khans der Tatarei zu folgen, der ihnen übrigens gleichfalls einen ausgezeichneten Empfang bereiten würde. Dieser, Kublaï-Khan, der vierte Sohn Gengis-Khans, war Kaiser von China und bewohnte jener Zeit die Sommerresidenz in der Mongolei, an der Grenze des chinesischen Reiches.
Die venetianischen Kaufleute brachen auf und gebrauchten ein ganzes Jahr zur Fahrt durch die ungeheure Landstrecke, welche Bukhara von der nördlichen Grenze Chinas trennt.
Kublaï-Khan fühlte sich ganz glücklich, Fremdlinge aus dem Abendlande bei sich zu empfangen. Er veranstaltete ihnen zu Ehren große Festlichkeiten und erkundigte sich eindringlich nach den
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