Die Entdeckung der Erde
Bergleute ein sehr einfaches Hilfsmittel ersonnen, dessen Wirksamkeit man in gutem Glauben bestätigen kann. »Sie nehmen mehrere Stücke Fleisch, sagt der Reisende, und werfen diese in die steilen Abgründe, welche kein Mensch zu betreten wagen darf. Dieses Fleisch fällt auf die Diamanten, welche daran hängen bleiben. In den Bergen hausen nun auch zahlreiche weiße Adler, die natürlichen Feinde und Verfolger der Schlangen. Sobald die Adler das Fleisch in der Tiefe gewahr werden, schießen sie hinab, um es sich zu holen; die Menschen aber folgen einem solchen Adler aufmerksam mit den Blicken, und wenn dieser das Fleisch verzehren will, erheben sie ein mächtiges Geschrei; erschreckt und aus Furcht, den Menschen in die Hände zu fallen, entflieht der Adler, ohne seine Beute mitzunehmen dann kommen die Bergleute nach, holen das Fleisch wieder und sammeln die daran klebenden Diamanten ein. Häufig geben die Adler auch, wenn es ihnen gelang, das Fleisch ungestört zu verzehren, die Diamanten erst mit dem Kothe wieder von sich, so daß man sie dann aus dem Vogelmiste gewinnt.«
Nach einem Besuche der kleinen Stadt San-Thomé, einige Meilen südlich von Madras, in der der Körper des ehrwürdigen Apostels St. Thomas ruht, durchstreifte Marco Polo das Königreich Maabar, vorzüglich die Provinz Lar, aus der alle »Abraiamenten« der Welt, wahrscheinlich die Brahmanen, herstammen. Diese Menschen werden, der allgemeinen Annahme nach, in Folge ihrer Nüchternheit und Enthaltsamkeit sehr alt; einige derselben erreichen ein Alter von hundertfünfzig bis zweihundert Jahren, während sie nichts als Reis und Milch essen und »Schwefel mit Quecksilber« trinken. Diese Abraiamenten sind geschickte und zwar abergläubische, aber sehr offenherzige Kaufleute; sie nehmen Niemandem etwas, tödten kein lebendes Wesen irgend welcher Art und verehren den Stier, der ihnen als heiliges Thier gilt.
Von diesem Punkte der Küste aus kehrte die Flotte nach Ceylon zurück, wohin Kublaï-Khan im Jahre 1284 eine Gesandtschaft geschickt hatte, die ihm die vermeintlichen Reliquien von Adam, und u. A. zwei Backenzähne von ihm, mitbrachte; denn das Grab unseres Stammvaters läge, wenn man den Sagen der Sarazenen Glauben schenkt, auf dem Gipfel des zerklüfteten steilen Berges, der das Bild der Insel so auffällig kennzeichnet. Nachdem er Ceylon aus dem Gesicht verloren, begab sich Marco Polo nach Cail, einem Hafen, der von den neueren Karten völlig verschwunden zu sein scheint, den aber damals alle Schiffe von Ormuz, Kis, Aden und von den Küsten Arabiens her anliefen. Von da kamen die Seefahrer, indem sie Cap Camorin, den Ausläufer der Halbinsel doublirten, in Sicht von Coilum, dem heutigen Coulam, das im 13. Jahrhundert eine lebhafte Handelsstadt war. Hier verschifft man vorzüglich Santelholz nebst Indigo, und Kaufleute aus dem Morgen-und Abendlande treffen des Handels wegen in großer Zahl hier ein. Malabar erzeugt sehr viel Reis; wilde Thiere giebt es in ziemlicher Menge, darunter Leoparden, welche Marco Polo »schwarze Löwen« nennt, ferner auch verschiedene Arten von Papageien und Pfauen, die unsere europäischen Arten an Schönheit beiweitem übertreffen.
Als die Flotte Coilum verließ, segelte sie längs der Malabarküste nach Norden bis zum Gestade des Königreichs Eli, das seinen Namen von einem auf der Grenze zwischen Kanara und Malabar gelegenen Berge erhielt, hier gedeihen Pfeffer, Ingwer, Safran und andere Gewürze. Im Norden des Reiches dehnte sich ein Landstrich aus, den der venetianische Reisende Melibar nennt und der auch im Norden des eigentlichen Malabar liegt. Die Schiffe der Händler aus Mangi unterhalten einen lebhaften Verkehr mit den Eingebornen dieses Theiles von Indien, die ihnen kostbare Gewürze, ausgezeichnete Webstoffe und andere in hohem Preise stehende Waaren liefern; ihre Fahrzeuge werden aber leider nur zu häufig von den Küstenpiraten geplündert, welche mit Recht als sehr gefürchtete Seeräuber gelten. Diese Piraten wohnten vorzüglich auf der Halbinsel Gohurat, heute Gudjarate, wohin sich die Flottille begab, nachdem sie in Tanat, wo man den braunen Weihrauch erntet, und in Canboat, dem heutigen Kambayet, gewesen war, welch’ letztere Stadt lebhaften Handel mit Leder treibt.
Ferner wurden Sumenat besucht, eine Stadt der Halbinsel, mit heidnischen, grausamen und wilden Einwohnern, später Kesmacoran, wahrscheinlich das heutige Kedje, die Hauptstadt der östlich des Indus und nahe dem Meere gelegenen
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