Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
zurückgehen, lässt sich mit Hilfe der Landschaftswissenschaft eine Brücke schlagen von Fächern wie der Geographie und Ökologie, in denen vor allem Erscheinungen im Raum untersucht werden, zu den historischen Wissenschaften, die vorrangig Erscheinungen im Lauf der Zeit untersuchen. Hinzu kommen Ansichten von Fächern, die sich vorrangig mit immateriellen Aspekten von Landschaft auseinandersetzen. In ihnen interessiert man sich für Eindrücke, die das Betrachten von Landschaft und das Nachdenken über sie hervorrufen.
Mit Landschaftswissenschaft können sich nicht nur Spezialisten befassen, sondern auch Laien; denn Landschaft ist ein Thema, von dem sich weite Kreise der Bevölkerung angesprochen fühlen können, wenn sie entsprechend darauf hingewiesen werden. Geschieht dies in geeigneter Weise, kann man Begeisterung hervorrufen. Enthusiasmus ist notwendig, wenn man sich für kulturelle Werte von Landschaft einsetzen will.
Themen der Grundlagenforschung
Grundlagenforschung in der Landschaftswissenschaft kann von der Analyse einer konkreten Landschaft in Raum und Zeit ausgehen; einzelne Analyseergebnisse werden in einer Synthese zusammengeführt, die Zusammenhänge zwischen Landnutzung und Landschaft deutlich macht. Geht man dabei nach einem historischen Konzept vor, treten Ursachen, Wirkungen und Zusammenhänge deutlicher hervor. Bei der Betrachtung jeder konkreten Landschaft ist zu prüfen, ob Landschaftselemente in üblicher Weise angeordnet sind, beispielsweise ob sich eine ländliche Siedlung in normaler Ökotopengrenzlage befindet. Abweichungen von einem üblichen Landnutzungsmuster sind besonders interessant: Gibt es möglicherweise geologische Gründe dafür, warum die Umgebung einer Siedlung in einer ungewöhnlichen Weise genutzt wurde oder wird? Lässt sich auf diesem Weg die Einmaligkeit einer bestimmten Siedlung, einer bestimmten Landschaft herausstellen?
Je mehr Fächer oder disziplinäre Perspektiven sich an der Darstellung einer Landschaft beteiligen, desto umfassender fällt ihr Porträt aus. Es ist zunächst sehr wichtig, von einem konkreten Befund im Gelände auszugehen, etwa so, wie es bei der Darstellung der Sächsischen Schweiz getan wurde. Von Bedeutung ist aber auch die ergänzende Auswertung weit verstreuter Literatur: Gerade dann, wenn lokal vorhandenes Wissen über eine Landschaft, auch interpretierende Deutungen dazu berücksichtigt werden sollen, lassen sich wertvolle Informationen aus lokal verbreiteten Kleinschriften, aus Reiseprospekten, Vereinsmitteilungen, Zeitungsartikeln, alten Ausgaben von Landkarten usw. beziehen. Daher ist es wichtig, dass solche Druckschriften in Archiven systematisch gesammelt werden und ihr Inhalt erschlossen wird.
An der Erfassung bzw. Sammlung von Landschaftselementen im Gelände, beispielsweise Hecken, Ackerspuren oder Überresten einer früheren Scheune, können sich weite Kreise der Bevölkerungbeteiligen. Aus der Bevölkerung können auch Geschichten über diese materiellen Elemente von Landschaft zusammengetragen werden, woraus deren immaterielle Deutung oder Erklärung hervorgeht. Die erfassten Landschaftselemente und Angaben zu ihrer Deutung werden in Datenbanken zusammengestellt. [158] Die Gesamtschau sollte dann aus wissenschaftlicher Sicht erfolgen; auf der Grundlage des gesammelten Materials wird eine übergreifende Darstellung entworfen. Ergebnis der Untersuchung muss nicht immer ein wissenschaftlicher Aufsatz sein; es kann auch eine Geschichte über eine Siedlung, deren Umgebung und deren Bewohner erzählt werden, auch über eine, die früher einmal bestanden hat. [159] Wichtig ist die Allgemeinverständlichkeit einer solchen Darstellung, damit sie der Bevölkerung, die sich am Zusammentragen der Einzelresultate in «ihrer» Landschaft beteiligt, gewissermaßen im Gegenzug dafür zurückgegeben werden kann. Die Landschaftsdarstellung kann die Suche nach weiteren Elementen anregen, die eine Landschaft und deren Entwicklung noch besser charakterisieren können. Frühere Zustände von Landschaften lassen sich zeichnerisch konstruieren; solche sogenannten Rekonstruktionen, die allerdings nichts wiederherstellen, sondern eine neue Projektion versuchen, verlieren sich indessen häufig zu stark in Details und legen die Vorstellung darauf fest. Mit einer schriftlichen Darstellung lässt sich besser klarmachen, welche Elemente als sicher erschlossen gelten können und zu welchen vorerst nur vage Ideen bestehen.
Auf der Grundlage der Betrachtung
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