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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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(logarithmische Darstellung, nach Deevey 1960).
    Damit verbunden waren nicht nur jeweils grundsätzliche Veränderungen der Landschaft, sondern auch Modifikationen jedes einzelnen ihrer Bestandteile. Wälder etwa sahen unter dem Einfluss verschiedener Systembedingungen der Landnutzung unterschiedlich aus; ein von Tieren beweideter Wald des Mittelalters hatte ein völlig anderes Erscheinungsbild als ein Forst des 19. Jahrhunderts. Wälder, die unter divergierenden Nutzungsbedingungen entstanden, lassen sich dementsprechend nur schwer miteinander vergleichen. Klare Angaben zur Entwicklung der Wald-Offenland-Verteilung vom Mittelalter bis heute sind wegen des unterschiedlichen Charakters der Wälder nicht möglich.
    Weil jede Veränderung der Lebensbedingungen und der Landnutzung im Lauf der Zeit die Ausbildung eines neuen Typs von Landschaft zur Folge hatte, werden bei dessen Betrachtung historische und räumliche Forschungsansätze zusammengeführt. Räumliche und historische Fakten wirken sich auf die Ausbildung von Landschaft aus. Landschaft als «Totaleindruck einer Gegend» im Sinne Alexander von Humboldts besteht nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit; der Gesamteindruck ist nicht nur von physischen Gegebenheiten, sondern auch von der Art und Weise abhängig, in der Menschen in ihre Umgebung eingriffen und Umwelt beeinflussten.
    Jeder Wandel des Verhältnisses zwischen Lebensbedingungen und Landschaft führte aber nicht dazu, dass sich deren sämtliche Teile unmittelbar veränderten. Spuren der Strukturen eines überkommenen Systems blieben jeweils erhalten. Je mehr Aufwand bei ihrer Anlage betrieben worden war, desto besser und länger hielten sich diese Strukturen auch dann, wenn sie unter den neuen Landnutzungsbedingungen keine Funktion mehr hatten. Sie entwickelten Persistenz oder eine
longue durée
im Sinne der französischen Annales-Schule. [92] Zu ihnen gehören materielle (Denkmale, Landschaftselemente, Pflanzen- und Tierarten) ebenso wie immaterielle Spuren, die in Metaphern ihren Niederschlag fanden: Später in eine Zivilisation eingegliederte Gebiete galten auch noch weit über diesen Zeitpunkt hinaus als Wildnisse. Metaphern, mit denen ein überkommenes oder untergegangenes landschaftliches System beschrieben wurde, entwickelten sich vor allem in den Phasen des komplizierten Übergangs von einem System in ein anderes, nachfolgendes.
    In den sich anschließenden Kapiteln sollen Systeme der Landnutzung beschrieben werden, die sich nacheinander ausbildeten. Damit kann die Geschichte der Landschaft in Abhängigkeit von der Lebensweise der Menschen dargestellt werden. Das ist aber nicht der einzige Sinn der Darstellung. Vielmehr sollen systemische Beziehungen zwischen Landnutzungsformen und Landschaften porträtiert werden, die letztlich zu Erscheinungsbildern von Landschaft führten, die uns heute entgegentreten.
    Für den Ablauf der Entwicklungen lassen sich nur ungenaue zeitliche Angaben machen. Das hat mehrere Gründe:
    1) Im Gegensatz zu historischen Ereignissen (Krönung eines Kaisers, Bau eines Hauses, Zerstörung durch ein Erdbeben, Kriegserklärung) wurden zu Wechseln der Landnutzungssysteme keine Jahreszahlen aufgezeichnet.
    2) Zeitangaben aus prähistorischen Kontexten wurden nicht in historischen Quellen aufgezeichnet, sondern durch physikalische Datierungsverfahren (vor allem C 14 -Methode) ermittelt, deren Resultat keine Jahreszahlen, sondern Zeiträume sind.
    3) Systemwechsel von Landnutzungen vollzogen sich nicht von einem Jahr auf das andere, sondern in längeren Zeiträumen.
    4) Zum Umbau der Landnutzung kam es in verschiedenen Gebieten zu unterschiedlichen Zeiten. Einige Formen von Landnutzungssystemen und davon geprägten Landschaften bestanden lange Zeit nebeneinander, und es konnte auch zu einem Rückfall in ein überkommenes System kommen (etwa in der sogenannten Völkerwanderungszeit).
    In den folgenden Kapiteln werden die verschiedenen Prägungen auf Landschaften beschrieben, die von unterschiedlichen Systemen der Landnutzung ausgingen. Dabei stehen die Verhältnisse im Südwesten Asiens und in Europa im Mittelpunkt, weil sich an ihnen das Nach- und Nebeneinanderbestehen von Landschaftssystemen am besten verdeutlichen lässt. Zeitangaben in den folgenden Kapiteln dienen nur zur groben Orientierung.

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