Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
sie Pilze und Pflanzenteile (Früchte, Knollen usw.) sammelten, die wenig unverdauliche Zellulose enthielten. Andererseits erbeuteten sie Tiere. Dazu verwendeten sie Waffen (Pfeile, Bögen, Harpunen); sie rissen ihre Beute nicht unmittelbar wie ein Raubtier. Zwischen der Tötung eines Tieres und der Mahlzeit lag stets ein kürzerer oder längerer Zeitraum; man könnte frühe Menschen daher auch als Aasfresser bezeichnen.
Die Tiere, die erbeutet werden sollten, mussten aus möglichst großer Entfernung erkannt werden können, so dass die Jäger Gelegenheit hatten, eine geeignete Strategie für die Jagd zu entwickeln, die oft im Kollektiv ausgeführt wurde. Einen guten Überblick boten steil abfallende Berghänge, die sich beispielsweise am Rand des Ostafrikanischen Grabenbruchs gebildet hatten. Von dort sah man auf weite Grasländer, in denen zahlreiche große Tiere lebten. Man konnte sie am besten von oben her überwinden: Wurfgeschosse flogen weiter, wenn man sie bergab auf die Tiere schleuderte.
Günstige Lebensbedingungen bestanden außerdem an den Ufern von Gewässern; dort konnte man regelmäßig kleinere Tiere fangen, vor allem Fische und andere Wassertiere sowie Vögel. Bei der Jagd in der Savanne erbeutete man mit unregelmäßigem Erfolg große Tiere, am Gewässerufer fing man zwar nur kleinere Tiere, aber dafür war regelmäßig ein gleichbleibendes Nahrungsangebot gewährleistet. Dichte Wälder boten dagegen prinzipiell nur sehr wenig Nahrung für Menschen: Nahrhafte Pflanzenteile fand man nicht überall und nicht in jeder Jahreszeit, nur wenigekleine Tiere lebten dort, und aus großen Entfernungen waren sie nicht zu entdecken.
Der Einfluss von Jägern und Sammlern auf ihre Umwelt war gering; er unterschied sich nicht von demjenigen, der von Tieren ausging, die phylogenetisch mit dem Menschen verwandt sind. Vor allem in den Grasländern schwankte das Nahrungsangebot für die Menschen stark: Phasen mit reichlicher Nahrung wechselten mit Phasen des Mangels ab, in denen der Hungertod drohte.
Ausbreitung von Menschen in warmen und kalten Phasen des Eiszeitalters
Die Populationen der Menschen in Afrika erreichten sehr rasch Grenzen des Wachstums, weil die Ressourcen für jagende und sammelnde Menschen strikt begrenzt waren. Mehr Menschen konnten nur dann überleben, wenn einige von ihnen neue Jagd- und Sammelgebiete aufsuchten. Möglicherweise kamen unter dem Einfluss eines solchen Populationsdrucks die ersten Menschen in andere Kontinente, nach Vorderasien und Europa. Zu dieser Ausbreitung kam es im Eiszeitalter, in dem sich die Umweltbedingungen in den gemäßigten Zonen der Erde mehrmals grundlegend veränderten: In kalten Phasen dehnten sich Gletscher sehr weit aus, der Meeresspiegel sank, weil viel Wasser im Eis gebunden war, und Wälder wurden zurückgedrängt. In warmen Phasen schmolzen Eismassen ab, Meeresbecken wurden von Wasser gefüllt und Wälder breiteten sich aus.
In Warmzeiten waren die klimatischen Bedingungen für eine Besiedlung des Nordens durch Menschen günstiger, in Kaltzeiten gab es dagegen ein besseres Nahrungsangebot. Dann weidete eine größere Menge an potentiellen Beutetieren auf den unbewaldeten Flächen in den Gletschervorfeldern. Besonders günstig für eine Ausbreitung von Menschen nach Europa dürften frühe Phasen von Warmzeiten gewesen sein. Dann lagen die Temperaturen schon recht hoch, so dass sich die Pflanzen der waldoffenen Vegetation besonders gut entwickelt hatten und eine große Zahl anTieren im Grasland weidete. Solche Bedingungen herrschten aber nicht auf Dauer, sondern waren Stadien einer Sukzession, die schließlich überall dort zur Bildung eines Waldes führte, wo die klimatischen Bedingungen dies zuließen.
Abb. 11-1 Höhlen am Rand von Kalkgebirgen boten Jägern Schutz (Ofnethöhle bei Nördlingen).
Wenn die Populationen potentieller Beutetiere (Mammut, Rentier, Rinder, Pferde usw.) groß waren, trafen Menschen in den gemäßigten Zonen während einer Warmzeit auf günstige Bedingungen. Sie fanden dort Ausläufer von hoch aufragenden Gebirgen, etwa der Alpen, der Pyrenäen und Karpaten, oder auch des gleichen Grabenbruchs, den Menschen schon sehr lange in Ostafrika besiedelt hatten. Dessen nördliche Fortsetzungen liegen in Europa. Der Rhonegraben wird unter anderem von der Rhone durchflossen, der Oberrheingraben vom Rhein, und im Leinegraben verläuft heute die Leine. Schutz vor der Witterung boten natürliche Vordächer an Steilabbrüchen im Gebirge,
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