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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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gibt es nur wenig Niederschlag; daher sind sie nur allenfalls von schütterer Vegetation überzogen. Doch in den extra- und azonalen Gebirgsgegenden regnet es mehr, so dass dort auch die Vegetation dichter ist. Zudem besteht in diesen Gebirgen eine große Standortvielfalt. Viele Täler sind deutlich durch Bergrücken gegeneinander abgegrenzt. In einer solchen Gegend konnten sich besonders zahlreiche verschiedene Pflanzen- und Tierarten entwickeln. Diese Gebiete zählen daher sowohl zu den Zentren der Biodiversität als auch zu den typischen Herkunftsgebieten von Kulturpflanzen: Gebirge in Südwest- und Südostasien, in Mittel- und im nördlichen Südamerika. In diesen Regionen gab es Pflanzen- und Tierarten, mit denen man Landwirtschaft betreiben konnte. Mit dem Beginn ihrer Nutzung wurde in diesen Regionen die Ernährungskrise am Ende der letzten Eiszeit überwunden.
    Beim Sammeln waren den Menschen Pflanzen aufgefallen, die besonders nahrhafte Teile besaßen: große Früchte, Samen oder Körner, Wurzeln oder Sprossknollen. Besondere Bedeutung bekamen einige Arten von Gräsern, in deren Körnern große Mengen an Kohlenhydraten gespeichert sind. Unter natürlichen Bedingungenfallen sie sofort nach der Reife zu Boden und keimen aus; die gespeicherten Kohlenhydrate sollen dem Keimling zur Verfügung stehen, damit er wachsen kann, bis er damit beginnt, selbst Fotosynthese zu betreiben. In den Ähren von Gräsern werden die Körner nicht synchron reif, sondern fortschreitend von oben nach unten. Unter natürlichen Bedingungen fällt jedes Korn sofort nach seiner Reifung aus dem Ährenverband zu Boden. Beim Sammeln der Pflanzen konnten Menschen nur wenige reife Körner greifen und von den Ähren abbrechen; daher mussten die Sammler alle paar Tage zu ihnen zurückkehren, bis alle Körner an der Ähre gereift und geerntet waren. Viele Körner entgingen den Sammlern; es ist offensichtlich, dass das Sammeln von Körnern solcher Wildpflanzen wenig ertragreich, sehr mühsam und zeitaufwendig war.
    Nun setzte aber bereits eine Selektion von Pflanzen seitens des Menschen ein, die man sich ungefähr so vorstellen kann: Pflanzensammler griffen vor allem nach Individuen von Pflanzen, bei denen möglichst viele reife Körner nicht zu Boden gefallen waren. Solche Individuen haben besonders kräftige Ährenachsen, von denen reife Körner nicht so leicht abbrechen wie bei anderen Pflanzen. Diese Pflanzen sind unter natürlichen Bedingungen benachteiligt, denn ihre Ausbreitung braucht mehr Zeit; und wenn schließlich mehrere Körner gemeinsam zu Boden fallen, hemmen sie sich gegenseitig beim Wachstum.
    In langer Zeit, etwa im Verlauf eines Jahrtausends, gelang es Menschen, schließlich Pflanzenindividuen zu selektieren, bei denen die Ährenachse so stabil war, dass die Ähre nach der allmählichen Reifung der Körner im Gesamtverbund erhalten blieb. Solche Pflanzenindividuen konnten effizienter geerntet werden: Man griff nach der gesamten Ähre. Allerdings mussten die Ährenachsen nach der Ernte zerbrochen werden. Dies geschah beim Dreschen. Die Körner konnte man danach aber noch nicht nutzen, denn sie waren von harten, silikathaltigen Blättchen umgeben, den Spelzen, die die empfindlichen Körner vor Beschädigung schützten. Umhüllt von den Spelzen konnte man die Körner vorzüglich lagern, sogar für ein ganzes Jahr. [101] Vor der Zubereitung von Speisenmussten aber die Spelzen entfernt werden; diese tägliche Arbeit musste dem Mahlen der Körner vorangehen.
    Die Körner in den Vorräten blieben keimfähig. Man konnte sie auch aussäen und auf diese Weise anbauen. So entstanden die ersten Felder, die immer besser bearbeitet wurden: Man beseitigte andere Gewächse, die das Wachstum der Getreidepflanzen behinderten, und lockerte den Boden, bevor man die Saat ausbrachte, etwa durch Hacken oder die Nutzung einfacher Vorläufer von Pflügen.
    Nicht nur Gräser wurden auf etwa diese Weise zu Kulturpflanzen, sondern auch Hülsenfrüchtler und Pflanzen mit ölhaltigen Samen. Hülsenfrüchtler oder Schmetterlingsblütler bringen eiweißreiche Samen hervor, die zu mehreren in Hülsen heranreifen. Bei der Reife platzen die beiden Fruchtblätter der Hülsen auf und rollen sich ein, so dass die reifen Samen in die Umgebung geschleudert werden. Bei Hülsenfrüchtlern, die zu Kulturpflanzen geworden waren, geschah dies nicht mehr: Menschen selektierten Individuen, bei denen die Fruchtblätter trotz Reife der Samen bis zur Ernte aneinander haften

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