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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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blieben. Solche Pflanzen sind unter natürlichen Bedingungen kaum überlebensfähig, aber sie lassen sich gut ernten. Beim Lein, einer wichtigen Ölpflanze, reifen zahlreiche Samen in einer Kapsel heran. Reife Samen fallen bei der Wildpflanze durch Öffnungen der Kapsel zu Boden; bei kultiviertem Lein sind die Kapselöffnungen so klein, dass die Samen bis zur Ernte in der Kapsel bleiben.
    Im Südwesten Asiens, dem Nahen Osten oder Vorderen Orient, waren Pflanzenarten, die zu Kulturpflanzen werden konnten, besonders zahlreich vertreten: Kohlenhydratreiche Körner lieferten vor allem die mit dem heutigen Weizen verwandten Getreidearten Einkorn und Emmer sowie die Gerste, hinzu kamen die Hülsenfrüchtler Erbse und Linse mit ihren eiweißreichen Samen sowie die Ölfrucht Lein; diese Pflanze konnte man auch zur Gewinnung pflanzlicher Fasern nutzen. In anderen Entstehungsgebieten von Ackerbau wurden andere Gewächse angebaut, in Ostasien Reis als Getreide, dazu eiweißreiche Sojabohnen. In Amerika bestand die Nahrung früher Bauern aus Mais, Kartoffeln und Grünen Bohnen.
    Mit dem Anbau dieser Pflanzen konnten alle wesentlichen Komponenten menschlicher Nahrung bereitgestellt werden, wenn sie auch insgesamt als einförmig bezeichnet werden muss. Dank Vorratshaltung war eine Versorgung der Ackerbauern mit Nahrung das ganze Jahr über möglich.
    Hinzu kam als weitere Komponente der Landwirtschaft die Haltung von Vieh. Die Vielfalt der Tierarten war ebenso wie bei den Kulturpflanzen im Südwesten Asiens am größten, denn dort konnte man Rinder, Schafe, Ziegen und weitere Tierarten domestizieren. Die Bauern nutzten Milch und stellten daraus haltbaren Käse her. Schafe und Ziegen wurden zur Gewinnung von Wolle geschoren. Vor allem Rinder verwendete man als Arbeitstiere auf den Feldern. Nur selten wurden Tiere geschlachtet, so dass man Fleisch essen und Felle oder auch andere Rohstoffe gewinnen konnte, etwa Talg oder Knochen zur Herstellung von Werkzeugen und Schmuck.
    Zur Ergänzung des Speisezettels gingen die Bauern auch auf die Jagd, und sie sammelten weiterhin Teile von Pflanzen, die sie nicht anbauten, aber mit denen die tägliche Nahrung etwas abwechslungsreicher gestaltet werden konnte.
    Insgesamt führte die Landwirtschaft zu gleichmäßigeren Lebensbedingungen für die Menschen und einer erheblich höheren Effizienz der Landnutzung: Bei der Jagd, vor allem auf in Herden lebende Tiere, wurden mal zahlreiche Tiere erbeutet, deren Fleisch man kaum in kurzer Frist verzehren konnte, dann wieder fehlte für kürzere oder längere Zeit das Jagdglück, so dass die Menschen hungerten oder sich mit inzwischen verdorbenem Fleisch vergifteten. Nun aber gab es jeden Tag etwas zu essen, das «tägliche Brot», von dem in der Bibel die Rede ist. Dadurch wurde ein Bevölkerungswachstum ausgelöst.
    Allerdings war der Übergang von einem Dasein als Jäger und Sammler zu dem eines Bauern mit einem tiefgreifenden Wandel der Lebensweise verbunden. Jäger leben nicht ortsfest, sondern ziehen hinter Herden von Wildtieren her oder dorthin, wo sie zu bestimmten Zeiten auf Jagdbeute hoffen können. Bauern dagegen müssen das ganze Jahr über am gleichen Ort sein: Während derVegetationsperiode müssen sie die heranwachsenden Bestände von Kulturpflanzen vor Schaden schützen. Und nach der Ernte müssen sie auf ihre Vorräte aufpassen. Das ganze Jahr über sind bäuerliche Tätigkeiten zu verrichten, etwa im Zusammenhang mit der Bodenbearbeitung und der Aufbereitung von Körnern für die Herstellung von Nahrung. Die Menschen bauten feste Behausungen neben den Feldern und Viehweiden; jeweils etwa fünfzig bis einhundert Menschen mögen in mehreren Häusern nebeneinander gelebt haben. Sie halfen sich wohl gegenseitig bei der Nutzung des Kulturlandes und bei der Zubereitung von Nahrung.
    Die beiden Bereiche der Nutzung von Kulturpflanzen und der Haltung von Tieren waren voneinander getrennt; sonst wären die Tiere in die Kulturpflanzenbestände eingefallen und hätten diese zerstört. Die Ackerflächen waren recht ausgedehnt, denn es mussten auf separaten Flächen ja mehrere Arten von Kulturpflanzen angebaut werden. Wie diese Flächen genau aussahen, weiß man nicht; darüber gibt es keine Aufzeichnungen, und Ausgrabungsbefunde erlauben dazu keine Aussagen. Wahrscheinlich waren die Flächen von Feldern nicht genau fixiert, und man baute je nach Bedarf und Vorhandensein von Saatgut mal mehr, mal weniger Kulturpflanzen an. Dies mag entsprechend wie

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