Die Entdeckung der Langsamkeit
auch, daà er längst mitlachte, daà sein Trotz
aber nicht darin endete, sondern sich im Gegenteil erst Luft machte in diesem
Gelächter.
Vom Achterdeck her rief der Kommodore: »Mr. Westall, ich hoffe, Sie
haben ein paar Skizzen gemacht!« Der Maler antwortete: »Leider nicht, Sir, ich
war vom Ablauf der Ãbung etwas überrascht.« Nun machte das Wort »Ãbung« die
Runde, das Gelächter ging weiter.
Für den Sieg hatte Nathaniel Dance alles aufs Spiel
gesetzt. Jetzt war er ein Held. Sie alle waren Helden.
Der Kommodore lud seine Offiziere und Kapitäne auf das Flaggschiff
zur Feier des »Sieges von Pulau Aur«. Er hob das Glas: »Es gelang nur, weil
Gott uns gnädig war und weil wir nichts überstürzt haben. Dreimal hinsehen,
einmal handeln. Junge Leute begreifen das nicht immer. Langsam und fehlerlos
ist besser als schnell und zum letzten Mal. Nicht wahr, Mr. Franklin?«
Alle sahen nun John an, wahrscheinlich weil sie erwarteten, daà er
freudig »aye aye, Sir!« sagen würde, wie es sich gehörte. Aber er sah den
Kommodore nur an und zitterte ein wenig. Das war denn doch ungewöhnlich! Alle
staunten. Aber er war eben dabei, einen Satz vorzubereiten, den er dazu sagen
wollte. Zur Einleitung, um die Geduld der anderen nicht zu sehr zu beanspruchen,
begann er so:
»Sir, ich miÃbillige â¦Â« und überlegte sich, wie es weitergehen
sollte. Alle waren plötzlich ganz still. Da nahm er doch lieber gleich den
wichtigen Satz in Angriff:
»Der Krieg, Sir, ist für uns alle zu langsam!«
In dem herzhaften Gelächter, das sich nun erhob, verglich er
fieberhaft noch einmal das Gesagte mit dem, was er hatte sagen wollen. Aber das
half nichts mehr, zumal Fowler ihn auf die Schulter hieb und alles wieder
durcheinanderrüttelte.
Nur der Kommodore hatte vielleicht verstanden oder wollte verstehen.
»Weder zu langsam noch zu schnell«, sagte er ernst. »Meine Zeit steht in Deinen
Händen. Errette mich von der Hand meiner Feinde, o Herr, und von denen, die
mich verfolgen!« Dann fügte er hinzu: »Nun macht auch Mr. Franklin endlich
Sätze statt Pausen. Wir werden noch viel von ihm haben. Ein guter Tag ist das
heute!«
Obwohl keiner der Anwesenden daraus klug geworden war, lachten alle
wie über einen gelungenen Witz, denn so gehörte es sich gegenüber einem
siegreichen älteren Herrn.
Bald wuÃten alle auf der Earl Camden, daà John es anders gemeint hatte. Er ging zu Dance und allen anderen und
stellte seinen Satz richtig. Zu Westall sagte er: »Ich wäre gern immer sofort
mutig, aber was ich tue, muà ja auch richtig sein. Ich muà alles auf mühsame
Art sein, mutig auch.«
Westall kniff ein Auge zu: »Aber ein gutes Bild geben Sie ab.«
Ceylon lag hinter ihnen, sie passierten das Kap Komarin. John sah
auf die See hinaus, während der Maler ihn skizzierte. Westalls Zunge leckte
unentwegt die Unterlippe, denn anders konnte er nicht zeichnen. John setzte neu
zum Sprechen an.
»Mr. Westall, ich muà Ihnen auch etwas sagen: Genauigkeit finde ich
doch besser als Ahnung.«
Westall prüfte mit erhobenem Daumen den Abstand zwischen Johns Augen
und dann, längs der Kante seiner linken Hand, die Ansatzhöhe der Ohren. »Dieses
Bild wird genau«, sagte er.
John war sehr zufrieden. Er schwieg still und saà unbewegt. Wenn Mr.
Westall ihn auf die alte, gute Art malen wollte, dann durfte er ihm das Bild
keinesfalls verwackeln.
Auf der Reede von Bombay sahen sie den Monsun heraufziehen. William
Westall ging von Bord. Er sagte: »Ich möchte bleiben und Indien malen. Mit dem
Monsun fange ich an. Das schönste Bild meines Bruders heiÃt: âºKassandra
prophezeit den Untergang Trojasâ¹. Mein Bild wird heiÃen: âºDer Monsun zieht
heraufâ¹, und es wird dasselbe ausdrücken â nur besser!« John verstand kein
Wort, und er war traurig, weil auch dieser liebe, verrückte Mensch nun dahin
war.
Portsmouth! Die Befestigungen und Docks sahen aus wie
immer, die ganze Stadt war, als habe er sie erst gestern zuletzt gesehen. DaÃ
irgendein John Franklin nach drei Jahren aus der Südsee zurückkam, brachte hier
niemanden dazu, auch nur das Glas abzusetzen. Portsmouth brodelte von jungen
Männern und Weibern, Lärm, Arbeit und Unternehmungslust, die Stadt war mit sich
selbst beschäftigt. Wenn hier alte Leute lebten, dann nicht trotzdem,
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