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Die Entdeckung des Himmels

Die Entdeckung des Himmels

Titel: Die Entdeckung des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Mulisch
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exakt im Goldenen Schnitt, von dem Herr Themaat ihm erzählt hatte. Es schien, als sei es aus bestäubtem Gold. Hunderte von Wespen krabbelten darauf herum, schwärmten durch die Öffnung ein und aus und flogen im Raum hin und her, aber nur ganz leise, fast ohne Gesumm, wie um die Königin nicht zu stören, die dort im dunklen Inneren ihre Eier legte. Plötzlich hatten die Wespen nichts Gefährliches mehr, eher etwas Bescheidenes, Liebliches. Das Fenster war zu. Als er vorsichtig die Tür schloß, war es, als ob sich der Anblick dieses Geheimnisses tief in ihm einnistete: als hätte er es geschluckt.
    Im Vorraum zum Dachboden kam ihm Arend entgegen, der jetzt in die sechste Klasse ging und von »Arendje« nichts mehr wissen wollte. Als Quinten ihm erzählte, was er entdeckt hatte, öffnete er ungläubig die Tür, rief »diese Sauviecher«, zog sie schnell wieder zu und holte seinen Vater. »Gut gemacht, Kuku«, sagte Proctor und ergriff sofort seine Maßnahmen. Zu Quintens großem Entsetzen erschien eine halbe Stunde später der Knecht vom benachbarten Bauernhof im Treppenhaus, er trug auf dem Rücken eine Spritze mit einem Pestizid. Auf dem Dachboden verlangte er einen Besen, machte die Tür auf, schlug blitzschnell das Nest von der Decke, machte rasch einige Schritte rückwärts und sprühte zehn, fünfzehn Sekunden lang einen dicken Nebel in die Kammer, wobei er vor allem auf das am Boden liegende Nest zielte, machte einen Schwenk über die Wände und nickte Proctor lachend zu, daß er nun die Tür schließen könne. Als Quinten auf einmal blaß wurde und sich übergeben mußte, wurde er von allen verwundert angesehen.
    Da der Knecht geraten hatte, die Kammer jetzt besser eine Woche lang nicht zu betreten, war die Sache bald vergessen und Quinten der einzige, der noch an das Wespennest dachte.
    Da er sich so furchtbar verplappert hatte, fand er, daß er etwas gutzumachen hatte. Die Wespen waren inzwischen aus dem Schloß verschwunden. Quinten holte sich aus der vollgestopften untersten Schublade des Küchenschrankes eine Tragetüte und stieg damit auf den Dachboden – die miefige Kammer hatte allen Zauber verloren. Um das lädierte Nest herum war der Boden mit toten, vertrockneten Wespen bedeckt. Der ganze Staat war ausgerottet, von Piet Keller hatte er gehört, daß eine Wespenpopulation »Staat« genannt wurde. Das Wespennest sah jetzt aus wie filziges, altes Packpapier und fühlte sich auch so an. Er hielt es mit beiden Händen hoch, es war so leicht, als besäße es das Gegenteil eines Gewichts, wie ein mit Gas gefüllter Ballon, den man halten mußte, um zu verhindern, daß er aufstieg. Er steckte es vorsichtig in die Tüte, borgte sich von Herrn Roskam eine Schaufel, begrub es unter der braunen Eiche und markierte das Massengrab mit einem Stein, den er vom Schloß aus sehen konnte.

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Abwesenheiten
    Quinten war sieben Jahre alt, als Max zweimal innerhalb von vierzehn Tagen eine Kerze anzündete. Zuerst erfuhr Quinten, daß seine Urgroßmutter, die alte Frau Haken, gestorben war, und dann, daß sein Großvater, Hendrikus Jacobus Andreas Quist, Staatsminister, Träger des Großkreuzes des Ordens des Hauses von Oranien, des Großkreuzes des Ordens des Niederländischen Löwen, des Großkreuzes des Ordens von Oranien-Nassau, etc. etc. im Alter von vierundachtzig Jahren friedlich im Herrn entschlafen sei. In der Todesanzeige, die drei Spalten einnahm und der zehn weitere folgten, stand in der langen Reihe der Namen von Verwandten auch der von Quinten Quist, Westerbork. Max zeigte es ihm, doch im selben Augenblick tat es ihm schon leid, da es zu einer kompliziert zu beantwortenden Frage führen konnte. Doch die Frage kam nicht, Quinten war anscheinend nichts aufgefallen. Als er im Bett war, erwähnte Max Sophia gegenüber, daß Ada Quist-Brons, Emmen, in der Anzeige nicht aufgeführt wurde. Sophia fand das so in Ordnung, denn ihre Tochter gebe es doch eigentlich nicht mehr. Onno habe angerufen, das habe sie vergessen ihm zu sagen; er sei mit ihr einer Meinung gewesen.
    Bei der Beisetzung von Sophias Mutter war Quinten nicht dabei. Auch Max war der Meinung, ihn nicht mit der Trauer um jemanden zu belasten, den er kaum kannte und der drei Generationen vor ihm gelebt hatte. Bei der Beerdigung von Onnos Vater jedoch lag die Sache anders, Quinten war einige Male bei seinen Großeltern in Den Haag gewesen, und auch den Rest seiner Verwandtschaft sah er hin und wieder an Geburtstagen und bei Festen; hin und wieder kam

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