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Die Entdeckung des Himmels

Die Entdeckung des Himmels

Titel: Die Entdeckung des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Mulisch
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Hauptgebäude, das eine Kuppel krönte, mit zwei niedrigen Seitenflügeln – alles in hellen Farben, stilistisch etwa eine Mischung aus einem Hafenbüro aus dem neunzehnten Jahrhundert und einer Kirche aus der Renaissance. Weiter hinten befanden sich zwei weitere, kleinere Kuppeln. Aber all die Fernrohre, vermeldete Max, seien mittlerweile nur noch Relikte, die am Wochenende von astronomischen Amateurvereinen benutzt würden; Licht und Staub der Stadt machten eine zuverlässige Wahrnehmung unmöglich. Sie selbst arbeiteten nur noch mit Messungen des Radioteleskops.
    Im Hauptgebäude wurde er von Kollegen gegrüßt, die im Treppenhaus Lochbänder entwirrten; im zweiten Stock hielt sie jemand auf, während dritte am Treppengeländer des ersten Stocks und im Erdgeschoß versuchten, die braunen Spaghettifäden zu entwirren. Sie sollten im zentralen Recheninstitut eingelesen werden, wohin sie jemand mit dem Fahrrad bringen sollte.
    »Kannst du das nicht gleich machen mit deinem pfeilschnellen Rennwagen, Max?«
    »Natürlich.«
    Auch im Hörsaal herrschte Chaos: tags zuvor war die Bibliothek durch die Decke gebrochen, und Studenten und Techniker zogen die Bücher nun aus dem Schuttberg.
    »So fühle ich mich manchmal auch«, sagte Onno.
    Auf dem Gang rief eine Dame durch eine offene Tür, Floris habe aus Dwingeloo angerufen: er hätte die H 166 a-Rekombinationslinie auf 1424,7 MHz gemessen.
    »Danke, Til.«
    Max führte sie durch das Gebäude, zeigte ihnen die alten Instrumente und erzählte Ada, daß die gesamte Materie ihres Körpers in den Sternen angefertigt worden sei, woraufh in er ihre Hand nahm und sie galant küßte.
    »Wenn du nur nicht glaubst«, sagte Onno, »daß das auch für meine Materie gilt, denn die wurde von meiner Frau Mama hergestellt.«
    Im Rechnerzimmer wurde ihnen ein musterndes Kopfnicken von einem hochgewachsenen, aristokratischen Herrn Ende Sechzig mit kahl werdendem Schädel und scharf gezeichnetem Gesicht zugeworfen. Max schien kurz eingeschüchtert.
    Das sei der Direktor gewesen, erzählte er, als sie die Treppe zum ersten Stock hinaufgingen, der nicht nur bewiesen habe, daß das Milchstraßensystem rotiere, sondern auch, daß es eine spiralförmige Struktur habe.
    In seinem Büro mit Blick auf den Botanischen Garten erzählte er von dem Forschungsprogramm, an dem er selbst arbeitete, über die Verteilung von neutralem Wasserstoff im zentralen Teil des Milchstraßensystems, aber Ada verstand davon kein Wort. Sie sah die ordentlich gestapelten Mappen auf den Regalen hinter seinem Schreibtisch und die Schemata und Formeln auf der grünen Tafel. Daß das derselbe Mann war, der sie gerade eingeladen hatte, war ihr ein Rätsel, und sie fragte sich, ob sie jemals so etwas wie Menschenkenntnis haben würde. Sie hörte schweigend zu.
    Onno hatte sich mit hoher Stimme erkundigt, ob in diesem Gebäude, in dem offenbar alles schiefging, vielleicht auch an Gottes Schöpfung gezweifelt werde. Mit einer entschuldigenden Geste sagte Max, es stehe leider seit drei Jahren fest, daß vor fünfzehn bis zwanzig Milliarden Jahren zwar ein Weltanfang stattgefunden, dieser jedoch aus einem Big Bang bestanden habe: der Explosion eines mathematischen Punktes unendlicher Dichte und unendlich hoher Temperatur, der nicht nur die gesamte Energie und Materie hervorgebracht habe, sondern auch Raum und Zeit. Das Echo dieser Explosion sei 1964 wahrgenommen worden.
    »Vor diesem gotteslästerlichen Big Bang, von dem du da erzählst, gab es also nichts«, sagte Onno.
    »Genau. Nicht einmal die Zeit.«
    »Es ist also nichts explodiert.«
    »So könnte man sagen.«
    »Also gab es keinen Big Bang. Gut. Das Hohngelächter über diese lächerliche Theorie wird noch Jahre durch die Astronomie hallen. Hör lieber nicht auf diesen Irren«, sagte Onno zu Ada. »Himmel und Erde sind am Freitag, dem ersten April des Jahres viertausendundvier vor Christus, von Gott erschaffen worden, und zwar um Viertel nach zehn vormittags, und danach sah er, daß es gut war. Zumindest nicht schlecht für einen Anfänger.«
    Max lachte. »Dir traue ich zu, aus rein logischen Gründen religiös zu werden.«
    »Ja!« rief Onno ekstatisch. »Gott ist die Logik! Die Logik ist Gott! Ja, das glaube ich – weil es absurd ist.«
    »Erinnerst du dich noch, was du mir einmal erzählt hast über den Paut der Götter? Die Geschichte von dem Schöpfergott, der sich in seiner Schöpfung selbst erschuf?«
    »Ich werde dir nie mehr etwas erzählen, denn du wirst es

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