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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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und sandig.
    Innerhalb weniger Minuten krochen sie aus dem Tunnel in ein Dickicht dorniger Büsche. Alice kämpfte sich aus dem garstigen Unterholz auf einen kleinen Weg hinaus. Er lag ein Stückchen über einer kleinen, von hohen Klippen umschlossenen Bucht.
    »Vielen, vielen Dank«, fing sie an, doch Julius winkte ab.
    »Ihr seid hier nicht sicher. Ich kann mir vorstellen, dass Sophia wütend ist, wenn sie herausfindet, dass ihr entkommen seid. Und wenn sie euch ein weiteres Mal fangen sollte ...« Er ließ den Satz unvollendet. Wieder musste Alice an Sophias silbrige Stimme denken, die gesagt hatte: Dann entledigen wir uns ihrer. Für immer.
    »Ihr solltet so schnell wie möglich zurück nach Smiggins«, riet ihnen Julius.
    »Aber Alistair –«, wandte Alex ein.
    »Wir horchen uns nach Alistair um«, versprach Julius. »In Schambel passiert nicht viel, das uns entgeht. Wenn jemand euren Bruder gesehen hat, kriegen wir es bald heraus. Tut mir leid, dass ich euch euren Rucksack nicht zurückgeben kann, aber er würde ja verraten, dass ich euch zur Flucht verholfen habe. Horatius habe ich gesagt, dass ich noch Sardinen besorgen muss, deshalb gehe ich sie jetzt mal besser holen und dann schnell zurück zur Taverne. Ich möchte dort sein und überrascht tun, wenn Sophia zurückkommt und herausfindet, dass ihr weg seid. Sie glaubt, dass sie uns getäuscht hat, indem sie vorgibt, von der FUG zu sein. Das können wir auch. Ich lasse sie in dem Glauben, dass sie uns getäuscht hat, aber ich schicke Botschaften an ein paar FUG-Mitglieder in Souris und rate ihnen, sich ganz »zufällig« mit Horatius und Sophia zu treffen, verkleidet als sourisanische Spione. Dann wollen wir doch mal sehen, wie viel Informationen unsereSeite aus dem sauberen Pärchen herauslocken kann.« Er lächelte kurz. »Ihr zwei wartet, bis ich außer Sicht bin, dann folgt ihr diesem Weg auf die Klippen hinauf. Dort, wo sich der Weg teilt, geht ihr geradeaus – der Weg führt irgendwann auf die Küstenstraße. Ich nehme die Abzweigung nach rechts in die Stadt zurück.«
    Er schüttelte beiden feierlich die Hand und wünschte ihnen Glück, dann eilte er davon.
    Als Alice ihm hinterhersah, hätte sie ihm gerne noch ein Danke nachgerufen; Julius hatte ihr nämlich ein kleines Bündel Geldnoten in die Hand gedrückt, als er sie schüttelte.
    Als sie Julius nicht mehr sehen konnten, rannten Alice und Alex los.
    »Huuu!«, sagte Alex, der vorauslief. »Das war knapp, Schwesterherz. Aber ich habe doch gleich gesagt, dass Julius und Augustus in Ordnung sind.«
    Alice, der vor Erleichterung ganz schwindelig war, unterließ es, ihn darauf hinzuweisen, dass er das Gleiche zuvor von Sophia gedacht hatte.
    Als sie die Höhe des Weges erreicht hatten, blieben sie stehen, um sich zu orientieren. Sie befanden sich auf einer Landzunge, die in die kobaltblaue See hinausragte. Ein kleinerer Felsvorsprung begrenzte das andere Ende der engen Bucht, aus der sie gerade heraufgestiegen waren. Hinter diesen Klippen konnte Alice undeutlich die bunten Farben des Hafens von Schambel sehen, der in der Sonne leuchtete. Sie wandte sich um und sah, wiesich eine felsige Küstenlinie mit Buchten und Felsen nach Osten erstreckte.
    »Das dort drüben muss der Weg sein«, sagte Alex und deutete auf einen Feldweg, der sich durch niedrige Rosmarinbüsche, Thymian und Ginster zog. Es war niemand zu sehen außer einer einsamen Gestalt mit Sonnenbrille. Sie stand ein Stück entfernt auf dem Weg an einen Felsen gelehnt und badete in der Sonne.
    »Das ist doch nicht Julius, oder?«, sagte Alice, während sie auf die Gestalt zugingen und sie zu erkennen versuchten.
    »Nee, nicht groß genug.«
    Doch als sie näher kamen, fingen Alices Beine so heftig zu zittern an, dass sie fast hinfiel. Das konnte doch nicht sein ...
    »Sophia!«, krächzte sie. Ihre Kehle war trocken vor Angst.
    Die silbergraue Maus drehte sich ganz um und betrachtete sie durch ihre Sonnenbrille. Wenn sie überrascht war, die beiden Mäuse, die sie erst vor Kurzem in einen Keller gesperrt hatte, hier oben auf dem Klippenrand zu sehen, zeigte sie das nicht.
    »Also wirklich, ihr beiden schon wieder«, sagte sie. »Könnt ihr nicht fünf Minuten dort bleiben, wo ich euch hingesteckt habe? Da komme ich hier herauf, um mich ganz still und insgeheim mit einem Kollegen zu treffen, und schon steht ihr wieder da. Das kann man ja wohl kaum ein heimliches Treffen nennen, in eurer Anwesenheit! Ihrfangt leider an, mich zu verärgern.«

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