Die Entführung der Musik
verdammt!« auszustoßen, da fiel sie auch schon ins offene Meer. Sie hätte überrascht geblinzelt, wenn sie Augenlider besessen hätte.
Wild im Wasser zappelnd und an seinen Instrumenten fingernd, wunderte das Wesen sich, wie mühelos es ihm wieder einmal gelun- gen war, sich mit den notwendigen Koordinaten zu vertun. Anderer- seits war es durchaus möglich, daß es sich selbst gegenüber zu hart war. Das Programmieren interdimensionaler Transpositionen war nun einmal mit einem Spaziergang um den Block nicht zu vergleichen.
Dennoch hatte es das Boot sozusagen wieder einmal verfehlt.
Das keuchende und würgende Geschöpf wurde plötzlich von einem gummiartigen glatten Schädel über Wasser gehoben. Ohne alle Förm- lichkeiten wurde es durch die Luft geschleudert und landete hart auf einem ähnlichen Schädel. Auf diese Weise flog es von Wal zu Wal, und das Intervall in der Luft war jedesmal zu kurz, als daß es die not- wendige Rückzugssequenz in sein Gerät hätte eingeben können. Bald verstummten sein Jaulen und verzweifeltes Zischen, und auch die durch die Luft wirbelnde Gestalt war nicht mehr zu sehen.
»Was halten Euer Hoheiten davon?« Naike hatte sich den Prinzes- sinnen zugesellt.
»Ich glaube, das war das merkwürdige Wesen, das dem Bannsänger schon einmal entgegengetreten ist.« Aleaukauna rieb sich die Schnau- ze. »Wenn das auch ein Hexer ist, dann scheint er mir ein ausgespro- chen unfähiger Vertreter zu sein.«
»Ich frage mich, was er möchte.«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung.« Groß ragte Umagis massige Gestalt hinter ihnen auf. »Aber ich bin froh, daß es wieder weg ist. Jedesmal bekomme ich eine Gänsehaut.«
»Ich auch.« Seshenshes Ohrpinsel zuckten.
Ansibette strich sich geistesabwesend ein paar vom Wind verwehte Strähnen aus dem Gesicht. »Was den Bannsänger anbelangt, so frage ich mich, wie es ihm geht.«
Pivver drehte sich schnüffelnd um und betrachtete nachdenklich die dräuenden Berge. »Ich weiß es nicht, aber ich hoffe, er und dieser rü- pelhafte, zwielichtige Typ mit den schmutzigen Gedanken kommen bald wieder zurück.«
Aleaukauna grinste. »Ist es möglich, daß wir uns um Herrn Feder- kappe Sorgen machen?«
»Überhaupt nicht.« Pivver war angemessen entrüstet. »Ich will nur, daß unsere Heimreise sich nicht unnötig verzögert, das ist alles.«
»Komm schon. Du magst ihn, stimmt's?«
»Hör mal! Du kennst seinen Typ doch nur zu gut.«
»Das beantwortet meine Frage nicht.« Die Mungodame ließ nicht locker.
Jetzt konnte Pivver ein leichtes Lächeln nicht länger unterdrücken. Leicht, nicht schüchtern - denn das Gefühl der Schüchternheit ist Ot- tern fremd. »Er ist ganz der typische Schwätzer, aber anders als bei den meisten anderen stehen hinter seinem Geschwätz mehr als genug echte Erfahrungen. Wenn man mit einem solchen Mann zu tun hat, muß man die Tatsachen von der Erfindung zu trennen wissen. Wie könnte ich nicht von ihm eingenommen sein? Er ist weitgereist, hat außergewöhnliche Orte besucht, erstaunliche Abenteuer erlebt. Ganz anders als die Männer, die mir zu Hause den Hof machen. Die führen ausnahmslos ein Leben voll entsetzlicher Langeweile. Nein, trotz sei- nes völligen Mangels an Manieren könnte er ein interessanter Gefähr- te sein.«
»Mudge?« Umagi kicherte.
»Er hat etwas.« Pivver blieb hartnäckig. »Eine gewisse Ausstrah- lung, eine Energie.«
»Man nennt das Geilheit«, erklärte Seshenshe hilfsbereit.
Pivver erwog die Möglichkeiten. »Ihm irgendwelche Macht zu ü- bertragen, käme natürlich nicht in Frage. Aber seine Gesellschaft im Palast wäre nett.«
'»bleibt die unangenehme tatsache, daß er schon eine Partnerin hat«, warf Quiquell mit ruhiger Stimme ein.
»Unangenehm vielleicht, aber wohl kaum unüberwindlich«, hielt Pivver der Ameisenbärin entgegen. »Ihr habt ihn in den vergangenen Tagen und Wochen ja kennengelernt und mit ihm zusammengelebt. Was, meint ihr, zöge er wohl vor? Eine ziellose, in der Sackgasse ver- laufende Existenz in einem Loch am Flußufer oder das Leben eines geehrten Gemahls in einem königlichen Palast? Ein Leben, das ihm weder Arbeit noch Verantwortung abverlangen würde.« Ihre Schnauze verzog sich zu einem Lächeln. »Außer daß er sich natürlich um mich kümmern müßte.« Plötzlich drehte sie sich um und faßte den über- rumpelten Naike ins Auge. »Was würdet Ihr wählen, Leutnant?«
»Ich?« Naikes Blick blieb ausdruckslos. »Euer Hoheit, ich war nie in der Lage,
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