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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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verwirklichen.«
    Mudge warf unter dem Rand seiner gefiederten Kappe hervor einen Blick auf den Freund. »Tja, wie geht's dem kleinen Kerl bei der He- xerausbildung?«
    »Leider hat er nicht die besten Noten«, gestand Jon-Tom, »aber die Lehrer loben seine Begeisterung. Was seine Stimme angeht, können sie immer noch nichts machen, aber seine Fingertechnik wird immer besser. Unglücklicherweise scheint er den gleichen Schwierigkeiten unterworfen zu sein, die mich früher immer geplagt haben. Was heißt, daß seine musikalischen Erfindungen nicht immer zu dem Ergebnis führen, das er beim Zaubern angestrebt hat.«
    Mit geschicktem Zeigefinger begann der Otter eine träge Untersu- chung eines seiner schwarzen Nasenlöcher. »Was meinst du mit frü'er immer?«
    Jon-Tom überging den üblichen Seitenhieb. »Wie geht es Neena und Squill? Buncan erzählt nicht viel von seinen Freunden.«
    Der Otter stieß ein nachdenkliches Quietschen aus. »Bei ihnen ist es genau andersrum wie bei deinem Jungen, fürcht ich. Sie singen wie die Engel und spielen wie Betrunkene. Unser Schicksal, Kumpel, is es anscheinend, ein Bannsängertrio gezeugt zu 'aben, das niemals ausein- ander gehn kann. Das 'eißt, wenn es meinen gesegneten Nachwuchs nich im Arsch kitzelt un sie beschließen, sich mit was anderm zu ver- suchen. Du weißt, wie schwer es jedem Otter fällt, sich irgend 'ner Sa- che länger als 'ne 'albe Stunde am Stück zu widmen.«
    Jon-Tom nickte zu Mudges Angelschnur hin. »Kann sein, daß da einer an deinem Köder knabbert.«
    »Meinste?« Der Otter betrachtete die zuckende Angelrute. »Kann sein. Vielleicht versuch ich's mal, wenn's in 'nen paar Minuten immer noch zuckt. Als Sportsmann muß ich dem Fisch 'ne Chance lassen, weißte das nich?«
    »Ich werde nie verstehen, warum du nicht einfach hinein springst und ihn dir schnappst.«
    »Wie schon gesagt - für 'nen Sportsmann wär das nich das Richti- ge.« Mit einer schlangengleichen Bewegung seines Rückgrats lehnte er sich nach hinten und betrachtete zufrieden den tiefblauen Himmel.
    »Im Moment möcht ich lieber meine Seele füttern als meinen Bauch.« Jon-Tom wandte seine Aufmerksamkeit wieder der eigenen Angel- schnur zu. »Ich dachte gerade, welch ein Glück es ist, daß unsere Frauen soviel Verständnis haben und nichts dagegen einwenden, wenn wir einmal für ein oder zwei Tage allein unterwegs sein wollen.«
    Der Otter stieß ein verächtliches Bellen aus. »Verständnisvoll? Kumpel, das is doch nur, damit Weegee un Talea in die Stadt ab'auen können, um sich auf ihre Art zu amüsieren.«
    Sein Begleiter grinste. »Ehrlich gesagt, ich glaube, alle Frauen ha- ben geheimen Zugang zu einem völlig anderen Universum, in das sie ohne weiteres hinüber wechseln, wenn keine Männer in der Nähe sind. Durch Zufall erhalten wir manchmal die Gelegenheit, einen kurzen Blick hinein zu werfen. Die daraus folgende Verwirrung führt zu Fra- gen, doch die Antworten scheinen immer aus Kleidergrößen oder der ausführlichen Beschreibung medizinischer Probleme zu bestehen. Da dies sowohl unverständlich als auch langweilig ist, führt es unver- meidlich zum Abbruch unserer Fragen, denn wir geraten, ohne es zu merken, geistig in einen recht weit verbreiteten Krankheitszustand, den man am besten mit Verwirrung im Endstadium beschreiben kann.«
    »Komisch - so 'ab ich immer von dir gedacht, Kumpel. Trudelt wie in einem ewigen Nebel durchs Leben.«
    »Eine Beobachtung, die aufgrund der begrenzten geistigen Kräfte des Individuums, von dem sie stammt, zwangsläufig wertlos ist.«
    »'ab ich jemals was anderes be'auptet? Bin kein verflixter Hexer o- der Bannsänger. Was anderes als 'n anständiger Gauner un Taschen- dieb, der sein 'andwerk versteht und keine unnötigen Spuren 'interläßt, wollt ich nie sein.« Er wippte mit der Angelrute, so daß die Spitze tanzte.
    »'türlich is es schon 'ne Weile 'er, daß ich mit irgendeiner der stritti- gen Tätigkeiten, aus denen mein erwählter Beruf besteht, zu Gange war. Bin nich mehr schnell genug. Würde zu oft gefaßt werden, um damit durch zukommen. Nee, Kumpel, dieses seß'afte Familienleben is genau das richtige für mich.«
    »Ja, für mich auch.« Jon-Tom legte sich zurück, bettete den Kopf in die Arme und schaute ins Wasser. »Es ist ein gutes Leben.«
    Zehn belanglose Minuten schmolzen dahin, woraufhin Jon-Tom nach links schaute und fragte: »Bedeutet das, du langweilst dich ge- nauso wie ich?«
    »Noch mehr, Kumpel. Unendlich viel mehr.«

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