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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Kleine
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hm?«
    Langsam näherte er sich ihr und ließ sich dabei Zeit. Er genoss ihre plötzliche Unsicherheit.
    »Es tut mir leid.«
    »Na. Na«, tadelte er sie. »Wohin ist deine Gehässigkeit?«
    »Verschwunden«, flüsterte sie und senkte reumütig ihren Kopf und schielte unter ihrem Haarvorhang nach dem Fenster. Wenn sie hindurch springen würde, wie hoch waren ihre Überlebenschancen? Sie beäugte das Glas kritisch. Sie befanden sich eindeutig in einem alten Haus, die Glasscheiben waren sicherlich auch schon marode, trotzdem konnten die Scherben lebensgefährliche Verletzungen verursachen, aber wenn sie hier blieb, waren die Aussichten auch nicht rosiger.
    Mit dem Handrücken wischte er ihre Haare beiseite, die nach vorne gefallen waren. »Wetten, dass ich schneller bin«, fragte er sie mit dunkler Stimme und deutete mit dem Daumen auf das Fenster.
    Als sie zusammenzuckte, lachte er hart und humorlos auf. »Ja, ich weiß, was du vorhast. Ich kenne euch Gören sehr gut.«
    »Dann hast du das ja auch vorhergesehen«, schrie sie ihn an und riss ihr Knie hoch. Der Mann sprang geschickt zur Seite und packte sie zeitgleich am Arm. Sie wurde durch die Luft gewirbelt, landete auf dem Holzboden und der Mann über ihr.
    Siegesgewiss thronte er auf ihrem Körper. Die Augen taxierten sie unter der düsteren Maske genau. »Wenn du überleben willst, dann musst du dich unbedingt besser benehmen.«
    Sie drehte ihren Kopf zur Seite, um ihn nicht ansehen zu müssen. Ihre Zähne bissen auf ihren Lippen herum, bis Blut heraustrat.
    Er fuhr ihr ärgerlich mit der Hand über den Mund und unterbrach ihre Selbstzerfleischung.
    »Wirst du jetzt ein braves Mädchen sein?«, wollte er versöhnlich wissen.
    »Nein.«
    Seine Augen blickten enttäuscht auf sie herab und er zog entschuldigend die Schultern hoch. »Du kannst dich entscheiden, wie du deine Zeit hier verbringen willst. Ich kann sie dir auch sehr unangenehm gestalten, weißt du?«
    Die Drohung war unmissverständlich.
    Widerstandlos ließ sie sich hochziehen und zum Tisch zurückführen, wo sie sich nicht hinsetzte, sondern von ihm grob platziert wurde.
    Er schob sie an den Tisch heran und legte ein rotes Adressbuch auf den Tisch. Sie erkannte es sofort wieder. Es war ihr Adressbuch.
    »Nimm es ruhig«, forderte er sie auf, aber sie rührte es nicht an. Der Kloß in ihrem Hals schwoll zu einem riesigen Medizinball an.
    »Warte«, sagte er gespielt freundlich. »Ich helfe dir.« Mit diesen Worten schlug er das Buch auf.
    Sie starrte auf die Seite, die offen lag. Mit flüchtiger Schrift hatte sie dort ein paar Notizen und die Initialen eines Namens geschrieben: A.F.E.
    Ihr Entführer zog sich ebenfalls einen Stuhl heran, drehte ihn so, dass die Lehne zu ihr zeigte und setzte sich rittlings darauf. Gelassen verschränkte er die Arme auf der Kante der Lehne und leckte sich seine Lippen. »Kommen wir zu einem lustigen Ratespiel. Für jede richtige Antwort gibt es eine Belohnung.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause. »Was natürlich impliziert, dass du für jede Lüge eine Bestrafung erwarten kannst.«
    Wie hypnotisiert saß Sofia da. Sie konnte ihre Augen nicht von den Buchstaben wenden, die ihr Ende bedeuten würden. Sie war einem großen Geheimnis auf die Spur gekommen und jeder, der es kannte, schwebte in höchster Lebensgefahr.
    Ihre Stimme versagte ihr mitten in der Lüge. »Es ist nichts … nur … « Sie raffte sich zusammen. »Belanglose Kritzelei.«
    Die Holzlehne knarzte, als er sein Gewicht nach vorne verlagerte. »Das denke ich nicht. Zweiter Versuch, Süße!«
    »Ich habe geträumt und irgendwelches Zeug hineingemalt. Das mache ich immer so.«
    Er entblößte seine Zähne beim hinterhältigen Grinsen. »Interessant, soll ich dir zeigen, was ich sonst immer so mache?«
    Er rutschte näher zu ihr hin und sie konnte sein Atem in ihrem Nacken spüren. Seine Finger fuhren über die drei Buchstaben und verharrten beim letzten Punkt. »A.F.E. Was heißt das?!«
    »Ein Tier, Affe«, stieß Sofia spitz aus und ignorierte seinen bitterbösen Blick.
    Er seufzte und stand auf. Die Batmanmaske leuchtete im fahlen Licht des Zimmers gespenstisch auf. »Dann sollte ich dir Rechtschreibung beibringen oder den Anstand, mich nicht anzulügen.« Seine Stirn runzelte sich, denn die Maske verzog sich leicht nach oben. Kein gutes Zeichen, wie sie bemerkte.
    »Ich bin für Rechtschreibung«, erwiderte sie leise.
    Ohne auf ihre Unverschämtheit einzugehen, sagte er ruhig. »Ich bringe dich in dein

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