Die Entfuehrung der Wochentage
die Schandtaten hinwegsehen ließen, aber jetzt hatte sie aufgedeckt, dass hohe Mitglieder des Internationalenrats öfters Urlaub in Marelando machten und sich dort Sklaven und Sklavinnen zuführen ließen.
Ein Stich ging durch ihr Herz, als sie an Leon dachte, dem sie vertraut hatte. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass der engagierte Mann selbst in diese dunklen Machenschaften verwickelt war.
Gerade er. Sie hatte aufrichtige Sympathie für ihn empfunden – dem unerschrockenen, intelligenten und hartnäckigen Ermittler. Ein wenig, das musste sie sich mit Bitterkeit eingestehen, hatte sie sich auch in den gutaussehenden Polizeichef verliebt. Das hatte sie jetzt davon. Wie ein naives Gör war sie auf seine Masche hereingefallen und arglos in die Falle getappt. Er hatte sie nie geliebt, nur benutzt, um zu erfahren, was sie wusste. Das man sie töten, vielleicht zuvor foltern würde, war ihm herzlich egal. Der letzte Gedanke schmerzte sie am meisten und trieb ihr zusätzlich den Angstschweiß auf die Stirn. Folterung! Sie war sicherlich keine tapfere Frau. Nicht so wie die Heldinnen in den Kinofilmen, die weder um ihr Leben noch um Gnade bettelten, sondern ihren Peinigern ins Gesicht spuckten. Sie seufzte tief auf. Die Realität sah anders aus. Sie fürchtete sich entsetzlich.
In dem Raum gab es nichts, was ihr zur Flucht verhelfen konnte. Sie drehte bald durch und das fehlende Fenster raubte ihr jegliches Zeitgefühl. Sie konnte nicht sagen, ob sie erst ein paar Minuten oder schon etliche Stunden hier eingesperrt war. Nervös rieb sie sich ihre Hände, die vor lauter Aufregung kribbelten.
Voller Wut schlug sie mit den bloßen Händen gegen die massive Tür. Das dumpfe Dröhnen schallte über den Flur, aber nichts regte sich. Wieder klatschten ihre Fäuste auf das Holz, wieder hallte der Knall durch das alte Haus, aber man schien sich sicher, dass ihr Aufbegehren ungehört blieb. Das Gebäude musste abseits oder irgendwo in einem einsamen Waldstück stehen.
Sofia schrie auf. Die Frau im Käfig zuckte zusammen, aber sie konnte keine Rücksicht mehr nehmen. Ihre Verzweiflung musste einen Weg nach draußen finden. So brüllte sie und hämmerte gegen die Gefängnistür, bis ihre Haut aufgeschürft war und ihre Gelenke schmerzten.
Erschöpft ließ sie ab. Sie war am Ende ihrer Kräfte angelangt und kauerte sich auf dem Boden zusammen. Nur noch ihr leises Schluchzen und die Atemzüge der anderen Frau waren zu hören.
Schritte rissen sie aus ihrem Dämmerschlaf. Müde und mit verquollenen Augen schreckte sie hoch. Ein leises Klacken, dann sprang die Tür auf und der Mann mit der Maske stand im Türrahmen. Er grinse sie wissend an. »Gut geschlafen, Kleine?«
Sie zog es vor, zu schweigen, aber ihre Augenringe ließen ihn wohl erahnen, wie gut ihre Nacht gewesen war.
Er beugte sich zu ihr herunter. Er roch nach einem exotischen Parfüm. Seltsam bittersüß, nach Mandeln, Zimt und Holz. Seine Finger streiften ihre Wunden an den aufgeschlagenen Handrücken. »Wie ich sehe, hast du dich in der Nacht gut beschäftigen können.« Er zog sie hoch und sie folgte seinem Zerren widerwillig, bis sie neben ihm stand. »Aber wenn du das nächste Mal so einen Krach machst, werde ich dich zu beschäftigen wissen, meine Liebe.«
Sie hob ihr Kinn und schaute in seine Augen, die auf ihr ruhten. Er war ein solches Scheusal!
Er dirigierte sie in das kleine Wohnzimmer zurück und platzierte sie auf dem Stuhl. Er wischte sich die Hände an einer Serviette ab. »Ich habe Rührei gekocht. Ich bin leider kein guter Koch, aber es wird reichen, dich satt zu machen.«
Sie senkte ihren Kopf. Sie starrte auf das Astloch, das auf dem wurmstichigen Holztisch prangte. Die Ränder waren ausgefranst und rau. Sie rieb mit ihren Fingerspitzen über die abstehenden Holzfasern.
»Ich bin nicht hungrig.«
»Sicher?«
Sie hätte beinahe losgelacht. Bestand seine Sorge wirklich darin, dass sie verhungern könnte?
»Schau, ich habe mir so viel Mühe gegeben und es wäre doch schade, wenn ich mich umsonst in die Küche gestellt hätte.«
Er schob ihr auffordernd den Teller mit dem Rührei und ein Glas Wasser hin. »Außerdem, und das nehme ich an, falls du fliehen möchtest, solltest du bei Kräften sein, nicht wahr?«
Er platzierte den Teller genau unter ihrer Nase, sodass der Duft des Essens ihren Geruchssinn kitzelte. Ihr Magen knurrte laut und hörbar, ohne dass sie es verhindern konnte. Sie ärgerte sich, dass ihr Körper sie bloßstellte und
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