Die Entfuehrung der Wochentage
Schriftbild aussieht.«
Sie leckte sich enttäuscht über ihre Lippen, denn sie hatte für einen kurzen Moment überlegt, eine fremde Handschrift zu fingieren.
Mit klammen Fingern umschlang sie den Kugelschreiber und beugte sich über das Papier.
Tristan räusperte sich, dann begann er, ihr den Text vorzusagen, den sie auf das Papier brachte:
Liebe Freunde, liebe Kollegen
ich bin einsam, alleine und die Dunkelheit hat meine Seele, mein Herz, ja mein ganzes Leben verschlungen. Es ist nichts mehr übriggeblieben, wofür es sich zu kämpfen lohnt. So gebe ich mich den dunklen Fluten des Flusses hin, damit er meine sterblichen Überreste davon spült und meine Seele befreit.
In großer Liebe
Eure Sofi
Es erschreckte sie, dass mit keinem Wort ihre verstorbenen Eltern erwähnt wurden. Darksons Diener war sehr gut informiert.
Er warf einen kontrollierenden Blick auf den Abschiedsbrief, dann deutete er auf das Ausweisdokument. »Unterschreib.«
Sein Befehlston provozierte ein zischendes Ausatmen ihrerseits. Sie begriff, dass sie gerade ihr eigenes Verschwinden unter seiner Anleitung vorbereitete. Niemand würde sie jemals suchen oder in Marelando vermuten. Sie war den Männern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, sobald sie die Dokumente fertiggestellt hatte.
In einem Anflug aus ehrlicher Verzweiflung, aber auch aus Trotz heraus, zerriss sie die Papiere, bevor Tristan eingreifen und sie ihr wegnehmen konnte.
Seine gerade noch freundliche Miene umwölkte sich missmutig. Eine Stille, welche Sofia in den Wahnsinn trieb, trat ein. Nervös rutschte sie auf der Bettkannte hin und her. Sein aggressives Schweigen war schlimmer als jede Beschimpfung.
Seine Hand sammelte die Schnipsel ein. Stück für Stück fielen die Fetzen in seine hohle Handfläche.
»Und jetzt?«, durchbrach er die angespannte Stille, als er alles aufgeklaubt hatte. »Was soll ich deiner Meinung nach nun tun? Dich schlagen? Anschreien? Quälen?«
Keiner der aufgezählten Optionen gefiel ihr. Sie stierte auf den Papiermüll und flüsterte: »Ich werde das nicht unterschreiben. Ihr werdet mein Verschwinden nicht einfach vortäuschen können.«
Tristan erhob sich schwerfällig. »Ja, dafür hast du gesorgt. Das stimmt.«
Er beförderte den Papierhaufen in seine Tasche. »Samir hat die Dokumente besorgt, er wird nicht sehr erfreut sein, zu hören, was du damit getan hast.« Ein väterliches Stirnrunzeln überflog sein junges Gesicht. »Deine Unartigkeit wird dich teuer zu stehen kommen. Samir versteht keinen Spaß und ist nicht so nett, wie ich es bin, aber das musst du wohl jetzt am eigenen Leib erfahren.«
Sie reckte hochmütig ihr Kinn in die Höhe und hielt seinem bösen Blick stand. »Soll er doch kommen, ich werde nichts unterschreiben.«
Der Diener seufzte auf. »Oh doch, das wirst du.« Dann ging er, aber nur um wenige Augenblicke später mit Samir im Schlepptau zurückzukehren.
Der große Mann mit den dunklen Haaren schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Du möchtest also nicht kooperieren?«
Sie verbiss sich einen dreckigen Kommentar und starrte wortlos auf die gegenüberliegende Wand.
Er deutete ihr Schweigen richtig. »Nein, also?! Gut, dann zeige ich dir mein Lieblingsspielzeug.«
Jetzt bekam Sofia doch ein wenig Angst, vor allem, weil der Riese so siegesgewiss grinste. Der Mann hatte wohl schon gute Erfahrungen mit der Überzeugungskraft des Folterinstruments gemacht.
Samir zauberte hinter seinem Rücken einen langen Stab hervor, der Sofia ein ratloses Schulterzucken entlockte. Es sah aus, wie ein Plastikstab ohne jegliche Funktion. Nicht sehr furchterregend.
»Willst du jetzt artig sein und gehorchen?«, fragte der Schwarzhaarige noch einmal eindringlich, ehe er auf sie zukam.
Sie behielt ihre unnachgiebige Position bei.
»Weißt du überhaupt, was das ist?«, wollte er wissen und fuhr beiläufig mit seinen Fingernägeln über ihre Wange, was ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.
»Nein, und es interessiert mich einen Scheißdreck.«
»Dann werde ich es dir vorführen und dir eine Kostprobe gewähren, damit du neu entscheiden kannst, ob es deine Aufmerksamkeit und deine Kooperation verdient.«
Sein diabolischer Tonfall versprach Qualen, aber sie reagierte trotzdem nur mit einem Schnauben.
Er entfernte sich ein Stück, streckte den Stab aus und berührte ihren Oberarm. Im ersten Moment passierte gar nichts, doch dann betätigte er einen Schalter und auf ein seltsames Knistern erfolgte ein unbeschreiblicher
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