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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Kleine
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Tristan half von hinten nach und packte ihren Arm fester, während er mit seiner freien Hand ihren Oberkörper an seine Brust presste.
    »Ruhig, Kleine«, hörte sie Tristans Stimme. »Du musst stillhalten, sonst tut’s weh.«
    Dieses Mal wurde ihr Arm nicht abgebunden, was sie irritierte. Samirs stahlharter Griff staute das Blut in ihrer Hand schmerzhaft und die Adern traten bläulich hervor. Der Blonde nahm dem Arzt die Spritze ab und reichte ihm eine Kanüle samt Katheter sowie Pflaster.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, raunte der Riese, als Sofia immer panischer versuchte, sich zu befreien. »Der harmlose Stich wird das Unangenehmste sein. Die Einleitung der Narkose wirst du gar nicht mehr mitbekommen. Versprochen. Das Medikament Ketamin wirkt sehr schnell, wenn es intravenös verabreicht wird. Sollte die Nadel aber aufgrund deiner Gegenwehr verrutschen und das Mittel in dein Gewebe gelangen dauert es knapp 20 Minuten und dort brennt das Zeug höllisch.«
    Sie zappelte stärker, aber Tristan und jetzt auch der Blonde hielten sie gewaltsam fest. Sie wollte keine Narkose, sie wollte ihr Bewusstsein nicht in dem Raum mit den ganzen Männern verlieren und diesen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein.
    Die Kanüle mit dem Katheter stach in ihre Vene im Handrücken. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit.
    Samir verklebte die Nadel mit mehreren Pflastern und nahm die Spritze entgegen, die er dann zu dem Zugang führte.
    »Nein«, sie ließ ihr ganzes Gewicht nach unten sacken. Tristan fing sie mühevoll ab und zog sie wieder hoch. »Hör auf, du zögerst das Unvermeidliche nur heraus. Entspann dich, bleib ruhig, gleich ist es vorbei.«
    Mit Entsetzen sah sie, wie Samir den Kolben der Spritze langsam hinabdrückte. Dieser Anblick mobilisierte ungeahnte Kräfte in ihr. Sie rammte dem Diener ihren linken Ellenbogen in den Bauch, trat erst nach Samir und anschließend nach dem Blonden. Beide Männer sprangen fluchend zur Seite, während Tristan sich keuchend krümmte.
    Sie war für einen Wimpernschlag frei, aber bevor sie fortlaufen konnte, wurde sie am Genick gepackt, doch sie ignorierte den Schmerz und riss sich los.
    Die anderen Männer im Raum kamen jetzt drohend auf sie zu gestürmt. Sie schlug um sich, aber man rang sie nieder.
    Zahlreiche Hände drückten sie gewaltsam auf den Boden, selbst ihr Kopf wurde mit einer solchen Brutalität gegen den harten Untergrund gepresst, dass ihre Kieferknochen knirschten.
    »Du hast gerade deine Strafliste um einen weiteren Punkt erweitert«, raunte Samir, der sich zu ihr kniete. Zu den anderen gewandt, befahl er: »Es reicht, wenn ihre Extremitäten fixiert sind, ihr sollt sie nicht erdrücken. Kümmert euch lieber um die anderen Waren.«
    Der unerträgliche Druck auf ihrem Schädel ließ nach und sie konnte ihren Kopf wieder bewegen. Aus den Augenwinkeln notierte sie, wie die Männer, die sie nicht mehr festhielten, große Koffer hereinschleppten. In manchen dieser Gepäckstücke lagen betäubte Frauen und Männer. Sie waren weder gefesselt noch trugen sie Knebel. Aber alle hatten sie diesen piepsenden Plastikclip am Finger.
    »Da kommst du auch gleich rein«, meinte der Arzt, der ihrem Blick zu den Opfern gefolgt war und zeigte auf einen großen Koffer.
    Sie schüttelte heftig ihren Kopf, aber er blieb ungerührt. Er nickte Tristan zu, der ihren Arm auf den Boden hielt und der Diener reichte ihm ihre Hand. Samir bettete sie mit dem Handrücken nach oben auf seinen Knien.
    Er überprüfte, ob die Kanüle, trotz ihrer Gegenwehr, immer noch richtig saß, ehe er die Spritze erneut ansetzte.
    »Gute Nacht«, flüsterte er hinterhältig, als er ihr die kühle Flüssigkeit durch die Adern jagte. Er hatte nicht zu viel versprochen, sie verlor fast augenblicklich das Bewusstsein. Nur am Rande und einem Traum ähnlich bekam sie mit, wie jemand sie hochhob. Das Ablegen in den Koffer erreichte ihren Verstand schon nicht mehr.

Auf dem Schiff
    »Der Puls ist sehr niedrig«, durchdrang eine dunkle Stimme ihre Bewusstlosigkeit. Sie identifizierte sie nach einiger Zeit als die von Tristan.
    »Warte, ich gebe ihr eine andere Mischung und reduziere das Midazolam«, folgte darauf Samirs Stimme. »Die Kleine soll ja lebend ankommen.«
    Irgendwas berührte ihre Hand, sie hörte ein kurzes Rascheln, dann einen glühenden Schmerz in ihrem Handrücken.
    »Das müsste helfen.«
    Tristan antwortete traurig. »Müssen wir sie wirklich ihm ausliefern?«
    Schweigen. Dann erhob sich Samirs tiefer Bariton.

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