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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grippando
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Emilys Fotos in ihren Computer einzuscannen und ihr per E-Mail zuzuschicken. Obwohl beim Scannen eventuelle Fingerabdrücke der Entführer verwischt werden konnten, versuchte Allison, die Risiken gegeneinander abzuwägen. Auf der einen Seite war es nicht sehr wahrscheinlich, dass der Entführer so achtlos war, Fingerabdrücke zu hinterlassen. Auf der anderen Seite würde ihr sicherlich das Herz zerspringen, wenn sie nicht sofort ihr kleines Mädchen sehen konnte. Allison konnte kaum stillstehen, als sie mit dem alten Aufzug in die fünfte Etage des Justizministeriums hinauffuhr. Wenn es nicht eine technische Panne gegeben hatte, würden Emilys Fotos schon im Rechner ihres Büros auf sie warten. Sie empfand einen leichten Anflug von Schuldgefühl, weil sie Peter, der sich ihrem Wunsch gebeugt hatte, im Keller des Gebäudes warten ließ. Aber er würde sicherlich Verständnis haben.
    Der Aufzug erreichte ihre Bürosuite. Sie eilte in ihr privates Büro und sprang fast auf ihren Schreibtischstuhl. Er rollte über den Teppichschutz aus Plastik direkt zu ihrem Bücherregal und vor ihren Bildschirm. Sie schaltete den Rechner an und sah nervös zu, wie er hochgefahren wurde.
    »Sie haben Post«, verkündete die Computerstimme.
    Sie klickte mit der Maus auf das E-Mail-Icon. Sie hatte haufenweise Nachrichten. Für jede wurden Eingangsdatum und -uhrzeit sowie die E-Mail-Adresse des Absenders angezeigt. Sie ließ den Bildschirm zur letzten Nachricht durchlaufen.
    Sie war von Tanya Howe.
    Allison klickte den kleinen Umschlag neben dem Namenskürzel »THowe« an. Der Text von Tanyas Nachricht erschien auf dem Bildschirm. »Liebe Allison. Ich hoffe, es ist das, was Sie denken. Ich bete darum, dass wir beide etwas haben, worüber wir lächeln können. Viel Glück, Tanya.«
    Im Postskriptum stand: »Fotos beigefügt.«
    Allison schlug das Herz bis zum Hals, als sie wieder klickte. Der Bildschirm flimmerte. Die Fotos wurden auf die Festplatte heruntergeladen. Sie klickte noch einmal. Auf dem Bildschirm baute sich langsam von oben nach unten ein Foto auf.
    Ganz oben konnte sie den Himmel sehen. Er war blau -also ein Farbfoto. Die unteren neun Zehntel waren noch ziemlich verschwommen. Der nächste Abschnitt wurde scharf. Ein rotes Ziegelgebäude erschien im Hintergrund -die Schule, die Tanya ihr am Telefon beschrieben hatte.
    Ihr Herz machte einen Sprung. Sie konnte den Scheitel eines kleinen Mädchens ausmachen. Blondes Haar. Noch ein bisschen mehr, und sie würde das Gesicht sehen.
    Sie zitterte am ganzen Körper. Die Augenbrauen - die Augen! Kinder wollen nie glauben, dass sie ihren Babyfotos irgendwie ähnlich sehen, aber ihre Mütter können es immer erkennen. Allison nahm das Foto vom Bücherschrank, auf dem Emily vier Monate alt war. Seither waren acht lange Jahre vergangen, aber die Ähnlichkeit war deutlich. Der Schwung der Augenbrauen, die Form der Augen.
    Das Foto baute sich weiter auf. Jetzt war das Gesicht vollständig abgebildet. Die Nase war ein bisschen anders, ausgeprägter. Aber die volle Unterlippe war eindeutig Emilys.
    Tränen trübten Allisons Blick. Sie wischte sie sich von der Wange und klickte das zweite Foto an - das Foto, auf dem Emilys Gesicht in Großaufnahme zu sehen war, mit den verräterischen Merkmalen auf der linken Gesichtshälfte. Die vier kleinen Pigmentflecken, die genau ein Quadrat ergaben, waren die Erkennungsmerkmale gewesen, die sie der Polizei angegeben hatte, damit man ihr Baby würde identifizieren können. Ungläubig betrachtete sie das Foto, das jetzt den ganzen Bildschirm ausfüllte. Sie konnte es kaum ertragen und schloss die Augen. Aufgeregt. Voller Angst. Überwältigt.
    »Emily«, sagte sie mit einem leisen und einsamen Flüstern.
    Sie starrte auf das Foto, in ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Die Ähnlichkeit hätte nicht deutlicher sein können. Emily war noch hübscher, als sie sich je vorgestellt hatte. Und sie war irgendwo da draußen - lebendig und glücklich! Ohne jede Ahnung davon, wie sehr Allison Leahy sie liebte. Ohne jede Ahnung von dem Mann, der sich in einem Auto oder hinter Büschen versteckt hielt und der ihr zur Schule gefolgt war und sie heimlich fotografiert hatte.
    Dieser Gedanke machte Allison plötzlich ganz krank.
    Sie musste ihre ganze Kraft zusammennehmen, um ein letztes Mal mit der Maus zu klicken. Sie ließ die Fotos ausdrucken. Dann sank sie erschöpft in ihren Stuhl zurück und wartete darauf, dass der Drucker die Fotos ausspuckte.
    Ihr

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