Die Entfuehrung
letzten Platz besetzt. Aufgeregte Reporter drängten sich Schulter an Schulter auf den überfüllten Reihen mit Klappstühlen. Auf einem einfachen blauen Hintergrund prangten zwei runde Siegel, das des Justizministeriums und das des FBI. An einem hölzernen Mast hing schlaff die amerikanische Flagge.
Punkt 10:30 Uhr betrat Allison den Raum durch eine Seitentür und ging zum Podium, gefolgt von einer Gruppe ernst dreinblickender Männer in dunklen Anzügen. Direkt hinter ihr kamen FBI-Chef James O'Doud und sechs weitere Vertreter des FBI und des Justizministeriums. Kameras klickten, und Reporter stritten sich um die besten Plätze, als Allison das Wort ergriff.
»Guten Morgen«, sagte sie. »Wie Sie mittlerweile alle wissen, wird Kristen Howe, die zwölfjährige Enkelin von General Lincoln Howe, vermisst. Gestern Morgen um 9:00 Uhr Ortszeit verließ Kristen die Wharton Middle-School in Nashville, Tennessee. Sie und der Fahrer, Reggie Miles, waren die einzigen Personen im Schulbus. Offensichtlich wurde der Bus irgendwo unterwegs entführt. Bis jetzt wissen wir weder wie noch von wem.
In der vergangenen Nacht wurde der Schulbus von Tauchern im Cumberland River in der Nähe der Innenstadt entdeckt. Später wurde auch die Leiche des Fahrers, Reggie Miles, gefunden. Die offizielle Todesursache steht noch nicht fest. Von Kristen Howe fehlt bisher jede Spur.
Lassen Sie mich zuerst sagen, dass wir derart abscheuliche Verbrechen aufs schärfste verurteilen. Das Justizministerium wird alle erdenklichen Mittel bereitstellen, um die größte Verbrecherjagd in der amerikanischen Geschichte in die Wege zu leiten. Director O'Doud hat ein Team der besten Agenten des FBI zusammengestellt. Sie sind buchstäblich rund um die Uhr im Einsatz. Wir werden Kristen Howe finden. Wir werden die Verbrecher vor Gericht bringen. Ich persönlich werde als Justizministerin diesem Fall meine größte Aufmerksamkeit widmen. Ich ziehe mich aus dem aktiven Wahlkampf zurück.«
Nach einem kurzen Blick auf die Versammelten sagte sie: »Sie haben jetzt kurz Gelegenheit, Ihre Fragen zu stellen.«
Reporter sprangen von ihren Sitzen auf. Allison erteilte einem von ihnen das Wort.
»Ms. Leahy«, sagte er, »das amerikanische Volk wird in genau sechs Tagen seinen nächsten Präsidenten wählen. Die heute Morgen veröffentlichten Fotos von General Howe zeigen deutlich, wie sehr ihn diese persönliche Tragödie getroffen hat. Würden Sie der Meinung zustimmen, dass die langfristigen psychologischen Auswirkungen der Entführung dazu führen könnten, dass General Howe nicht in der Verfassung ist, den Vereinigten Staaten als Präsident zu dienen? Und glauben Sie, dass seine Reaktionen etwas über seine Fähigkeit aussagen, das Land in Krisenzeiten zu führen?«
Sie umfasste das Pult und antwortete, ohne zu zögern. »Ich habe nicht vor, diese Tragödie in irgendeiner Weise zu politisieren. General Howe und seiner Familie gilt mein ganzes Mitgefühl. Wie ich bereits sagte, hat die sichere Rückkehr von Kristen Howe die absolute Priorität für das Justizministerium der Vereinigten Staaten.«
Sie erteilte einem weiteren Reporter in der zweiten Reihe das Wort.
Er erhob sich. »Ms. Leahy, wird das Justizministerium die Todesstrafe für den Mord an Reggie Miles fordern?«
Sie dachte einen Moment nach. Sie wusste, dass es unklug wäre, eine öffentliche Stellungnahme über die Todesstrafe abzugeben, solange die Geisel in der Hand der Entführer war.
»Es ist noch verfrüht, darüber zu sprechen. Die gerichtsmedizinische Untersuchung hat noch nicht bestätigt, dass Mr. Miles ermordet wurde. Selbst wenn es sich um Mord handelt, fällt dieses Verbrechen erst in die Zuständigkeit des Bundes, wenn nachgewiesen werden kann, dass dieser Mord Teil einer Entführung ist, die über die Staatsgrenzen hinausgeht. Also, die Antwort auf Ihre spezifische Frage lautet: Nein, wir haben in Bezug auf die Todesstrafe noch keinerlei Entscheidungen getroffen.«
O'Doud trat vor. »Lassen Sie mich kurz noch einen Aspekt hinzufügen.«
Allison sah ihn an, ohne sich ihre Verblüffung anmerken zu lassen. O'Doud ließ sich nicht beirren und blieb neben dem Pult stehen.
»Obwohl die derzeitige Regierung noch keinen abgeurteilten Häftling für ein in die Zuständigkeit der Bundesbehörden fallendes Verbrechen hat hinrichten lassen, wird das FBI diesen Fall behandeln, als gäbe es die Option der Todesstrafe. Deshalb werden wir uns mit allen rechtlichen Mitteln darum bemühen,
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