Die Entlarvung
aus, ihn zu vernichten und ihm alles zu nehmen, wofür er sein Leben lang gearbeitet hat. King hat in Amerika eine ungeheure Geldsumme aufgetrieben, mit der er versuchen wird, den Herald unter seine Kontrolle zu bringen. Wenn er mit seinen Plänen Erfolg haben sollte, wäre das Williams Tod. Und ich könnte damit auch nicht leben.«
»Lady Western«, sagte Julia langsam, »ich gebe mir alle Mühe. Ich tue, was ich kann.«
»Sie sind sehr mutig – bei allem, was mit Jean Adams geschehen ist.«
Julia sah sie überrascht an. Eilig erklärte Evelyn Western: »Mein Mann hat mir von dem Vorfall erzählt. Er macht sich Gedanken darüber, ob Sie sich vielleicht bedroht fühlen oder Angst haben, ihm aber nichts davon sagen. Sie müssen ihn jedoch davon unterrichten, wenn dem so sein sollte. Niemand würde Ihnen einen Vorwurf machen. Ich bin sicher, daß Ben Harris die Sache übernehmen könnte.«
»Ben hätte es nur zu gern, wenn ich mich zurückziehen würde. Er hat versucht, mir den Fall auszureden. Er ist sogar bei Ihrem Mann gewesen … Aber ich gebe nicht auf. Ich will Harold King im Gefängnis sehen und werde dafür sorgen, daß er dort landet. Er ist ein Mörder. An der schrecklichen Ermordung der Zwillingsmädchen in Rhys habe ich mir beinahe die Zähne ausgebissen. Ich war noch sehr jung, sehr unerfahren. Aber ich habe die Sache durchgestanden, weil ich die verantwortliche Person bestraft wissen wollte. Im Fall King ergeht es mir genauso. Machen Sie sich um mich keine Gedanken, Lady Western. Ich arbeite an der Sache und habe möglicherweise eine neue Spur gefunden. Würden Sie mir einen kleinen Gefallen erweisen?«
»Natürlich«, antwortete Evelyn Western. »Sofern dies in meiner Macht steht. Worum geht es?«
»Ich hätte gern eine Woche Urlaub. Könnten Sie Ihren Mann dazu bewegen, ihn mir zu bewilligen? Sagen Sie ihm, daß ich ein wenig Abstand nötig hätte. Wenn ich ihn selbst frage, denkt er vielleicht, daß ich mich drücken will. Oder daß ich neue Nachforschungen betreibe, von denen er dann sicher die Einzelheiten erfahren möchte. Ich kann ihm aber im Moment nichts Näheres sagen. Würden Sie es für mich versuchen?«
»Ja, ich denke, das läßt sich arrangieren. Er weiß, daß wir heute zusammen essen. Ich nehme an, Sie können auch mit mir nicht darüber sprechen?«
Sei nicht zu vertrauensselig, hatte Ben sie gewarnt. Sie steht auf seiner Seite – nicht auf deiner … Einen Augenblick lang war Julia versucht, ihr alles zu erzählen. Sie sah in Lady Westerns klare blaue Augen, die ihr so eindringlich entgegenblickten.
»Nein, lieber nicht«, entschied sie schließlich.
»Verzeihen Sie mir, daß ich überhaupt gefragt habe«, sagte Evelyn Western. »Ich bin nur so besorgt um die Zukunft. Die Zeit ist unsere Gegenspielerin, die Uhr ist fast abgelaufen. Bitte lassen Sie uns nicht hängen, Julia.«
»Nein«, erwiderte Julia. »Bestimmt nicht. Ich verspreche es Ihnen.«
»Du hast dich geirrt«, sagte Julia. »Sie hat mich nicht ausgehorcht.«
Ben zuckte mit den Schultern. Evelyn Western hatte Julia nicht direkt bedrängt, aber sie hatte sie beinahe dazu gebracht, ihr von dem neuen Anhaltspunkt zu erzählen.
Außerdem hatte sie auf subtile Weise Druck auf Julia ausgeübt und sie dazu angehalten, mit ihrer Arbeit fortzufahren, indem sie auf Westerns Entgegenkommen und Julias Pflicht zur Dankbarkeit angespielt hatte. Western, ein edelmütiger Mensch, der nur an seine Mitarbeiter dachte. Ehrlich und aufrichtig. Ben mußte an sich halten, während Julia ihm in allen Einzelheiten von dem Gespräch berichtete. Sie hatte das ganze Theater nicht durchschaut. Sie mochte Evelyn Western und vertraute ihr. »Er wird dir den Urlaub bewilligen und so tun, als wüßte er nichts von der Abmachung zwischen dir und seiner Frau. Darling, sie wird ihm jedes Wort wiederholen, das ihr miteinander gewechselt habt. Aber das spielt letztendlich auch keine Rolle.«
»Nichts spielt jetzt eine Rolle«, bestätigte Julia. »Wichtig ist nur, daß ich noch vor Weihnachten nach Jersey gelange. Und es muß so aussehen, als ob ich dort einfach ein paar Tage Ferien mache.«
»Es würde glaubhafter wirken, wenn ich mitkäme.«
»Nein, dann könnte ich nicht bei meinen Verwandten wohnen. Und das ist doch ein Teil meiner Tarnung. Ben, du kannst mich nicht immer an der Hand halten.«
Sie streichelte ihn sanft. »Obwohl ich es andererseits sehr gern habe. Aber laß es mich erst einmal auf meine Art versuchen, Ben. Wenn ich
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