Die Entlarvung
bestimmt, »du mußt damit aufhören, dich so zu quälen. Du liegst die halbe Nacht wach und kannst nicht einmal am Wochenende ein wenig abschalten.«
»Wie sollte ich auch«, erwiderte Western gequält. »Wenn so gar nichts passiert. In der ersten Folge der Enthüllungen erscheint jetzt so ein unsinniger Artikel über die Erpreßbarkeit von Politikern – nichts über King. Ich habe Julia gesagt, daß ich spätestens bis zur Dezemberausgabe Ergebnisse erwarte. Aber sie unternimmt nichts!« Er schlug mit der Hand auf den Tisch und hätte beinahe das vor ihm stehende Weinglas umgekippt. Mit seinem Ärmel wischte er die Tropfen verschütteten Weins auf.
»Seit diese Frau ermordet worden ist, liegen die ganzen Recherchen brach. Und dazu jetzt auch noch das!«
Er hatte Evelyn vor dem Abendessen von den neusten Entwicklungen berichtet. Er hatte sich so darüber aufgeregt, daß er nicht in der Lage war, den mit Freunden verabredeten Theaterbesuch einzuhalten. Evelyn zögerte nicht. Sie sagte den Freunden selbst ab, indem sie eine Erkältung vorschob. Wenn ihr Mann sich in einer derart schlechten Stimmung befand, mußte sie irgendwie versuchen, ihn aufzuheitern. Andererseits redete sie ihm auch eindringlich ins Gewissen, sich nicht so hängenzulassen. Ja, gab sie zu, während sie sich bemühte, ruhig und gelassen zu erscheinen, die Allianz zwischen King und Field stelle eine sehr beunruhigende Neuigkeit dar. Aber er habe doch gewußt, daß King nach Amerika gefahren sei, um Geldgeber aufzutreiben. »Nicht für eine derart hohe Summe«, protestierte er. »Und von den enormen Rücklagen, über die der Mann verfügt, habe ich auch nichts gewußt. Er holt zum Schlag gegen mich aus, Evelyn. Und ich habe nichts in der Hand, um ihn aufzuhalten. Bald werden die ersten Gerüchte auftauchen, daß wir in finanziellen Schwierigkeiten stecken, daß ich die Kontrolle über das Unternehmen verliere … Großer Gott, Evie, diese Methoden sind ja auch schon bei anderen Leuten angewandt worden. Ich weiß, wie King vorgeht. Er hat zwei Wirtschaftsjournalisten an der Hand, die alles drucken, was er ihnen vorlegt. Warte es nur ab. Sobald Weihnachten vorbei ist und die Leute wieder aufnahmebereit sind, wird es losgehen. Tut mir leid, ich kann nichts mehr essen.«
»Komm, wir nehmen unseren Kaffee im Salon ein«, schlug Evelyn vor. »Du trinkst einen Brandy und beruhigst dich erst mal. Mir ist eine Idee gekommen, von der ich gerne wüßte, was du davon hältst.«
William Western hatte schon häufiger von den Ideen seiner Frau profitiert. Sie war ein Mensch mit wachem Verstand, der aus der Distanz heraus die Dinge oft klarer sah als er selbst.
»Gute Idee«, entgegnete er. »Entschuldige, daß ich dich heute abend so belastet habe. Und daß ich nicht mit dir ins Theater gegangen bin. Du hattest dich sehr darauf gefreut, nicht wahr?«
Sie lächelte ihn an und nahm für einen Augenblick seinen Arm.
»Mir ist es wichtiger, daß du endlich wieder mal gut schläfst«, sagte sie sanft. »Das Theater ist völlig nebensächlich. Wir können uns das Stück später ansehen. Bei den Kritiken wird es sicher länger im Programm bleiben. Ich möchte nur nicht, daß du dich weiter so aufregst. Du weißt, wie schlecht das für dich ist.«
Er führte sie zum Sofa. Der Butler servierte ihnen Kaffee. »Einen großen Brandy für Seine Lordschaft, Arthur«, sagte Evelyn.
Der unglückliche Filipino befand sich immer noch unter den Angestellten und wurde weiterhin von Western herumgestoßen. Ihm war jedoch nicht gekündigt worden, da Evelyn sich von einem Ersatz kaum eine Verbesserung versprach.
Als sie allein waren, brachte Evelyn ihren Vorschlag zur Sprache. »Wieso läßt du mich nicht einmal mit Julia sprechen?«
»Was versprichst du dir davon?« fragte er. »Ich habe bereits mit ihr gesprochen und nichts erreicht.«
»Ich weiß, aber vielleicht muß man die Sache anders angehen. Hast du dir einmal überlegt, Billy, daß sie den Job möglicherweise gar nicht haben möchte? Immerhin hat es ein Mordopfer gegeben … Julia ist nicht der Typ, der dir gestehen würde, daß sie zuviel Angst hat, um weiterzumachen.«
Nach einer Pause meinte er: »Aber dir würde sie sich vielleicht anvertrauen …«
»Ja, wir haben ein freundschaftliches Verhältnis. Sie glaubt, daß ich auf ihrer Seite bin. Was ja auch stimmt, sofern deine Interessen davon nicht berührt werden. Ich könnte sie zum Essen einladen und unter vier Augen mit ihr sprechen. Vielleicht gelingt
Weitere Kostenlose Bücher