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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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betrachtet, nachdem sie sich ihrer Schönheit und Ausstrahlung – und damit ihres Marktwertes – bewußt geworden war. Sie war froh, daß sie heute nicht mehr heucheln mußte. All dieses Gestöhne und Gekeuche empfand sie als widerwärtig. Der ganze Akt war so langweilig. Wieviel schöner das Leben jetzt doch war! Sie besaß vornehme Freunde, ging in ihrer Arbeit auf und hatte sogar Verbindungen zur königlichen Familie. Wenn sie erst einmal Lady King war, würde ihr Glück vollkommen sein.
    Sie löschte Gloria und ihre zum Scheitern verurteilte Romanze aus ihren Gedanken.
    Ohne anzuklopfen, riß Harold King die Tür zu Glorias Zimmer auf und stürmte hinein. Gloria zog gerade einen eleganten Samtmantel an, der mit einem Fuchspelz besetzt war.
    »Ich muß mit dir sprechen«, donnerte er. Sie lächelte ihn überrascht an.
    »Daddy, Darling … ich bin spät dran. Ist es sehr dringend?«
    »Du triffst dich mit diesem Nichtsnutz Leo, nicht wahr?«
    Erstaunt starrte Gloria ihren Vater an. »Ja, ich bin mit ihm verabredet.«
    King setzte sich auf ihr Bett. »Sag ihm ab«, verlangte er.
    »Daddy, wieso? Was ist denn los?«
    »Weshalb dieses plötzliche Interesse an dir? Der Kerl bezweckt doch irgend etwas.«
    Gloria errötete leicht.
    »Er ist einfach nur gern mit mir zusammen. Da ist doch nichts dabei. Wir sind beide Theater- und Operfans und gehen gemeinsam zu Aufführungen. Daddy, er ist nicht auf Sex aus, falls du das meinst. Er findet, daß ich wie ein Mann denke. Deshalb kann er sich gut mit mir unterhalten. Wir sind Freunde …«
    »Unsinn«, unterbrach King zornig. »Das einzige, was er mit Frauen im Sinn hat, ist, sie anzubinden und ihnen den Hintern zu versohlen. Das gleiche hat er wahrscheinlich auch mit dir vor.« Er bemerkte nicht, daß Gloria dunkelrot angelaufen war. Es war noch nie vorgekommen, daß sie sich über ihren Vater geärgert hatte. »Ruf ihn an und sag ihm, daß dir etwas dazwischengekommen ist.«
    »Wir haben Karten für die Premiere des neuen Musicals von Lloyd Webber«, widersprach Gloria. »Ich kann Leo nicht in letzter Minute darauf sitzenlassen.«
    »Lloyd Webber? Wie kulturell …« Der höhnische Tonfall ihres Vaters verletzte sie.
    »Bitte, Daddy.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Bitte. Heute ist das letzte Mal, ich verspreche es. Danach sehe ich ihn nie mehr wieder. Ich sage es ihm gleich heute abend.« Und dann, in einer ersten Anwandlung von Unabhängigkeit, griff sie nach ihrer Tasche und drückte sich an ihm vorbei.
    »Ich sage es ihm«, wiederholte sie, bevor sie endgültig das Zimmer verließ.
    Nach dem Theater hatte Leo einen Tisch im Annabel reserviert. Er kesselte Gloria, seine Beute, allmählich ein und hatte sie so weit gezähmt, daß sie sich von ihm in den elegantesten Nachtclub von London hatte fuhren lassen … Vielleicht würde sie sogar mit ihm tanzen.
    Sie war eine gute Gesellschafterin, das mußte er ihr lassen. Sie hatte eine Art Zynismus an sich, die ihm gefiel. Gelegentlich konnte sie sogar richtig schlagfertig sein. Und offensichtlich gefiel es ihr, mit ihm zusammenzusein. Sie fühlte sich geschmeichelt durch die Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte, und empfand sich nicht durch ihn bedrängt. Er hatte sich mit Annäherungen körperlicher Art bisher sehr zurückgehalten. Alles zu seiner Zeit, dachte er kühl. Lesbierinnen waren im Bett angeblich sehr viel besser als ihr heterosexuellen Schwestern. Sie besaßen wohl mehr Erfahrung in der Kunst des Stimulierens.
    Gloria war grob gebaut und beileibe keine Schönheit, strahlte aber die gleiche machtbewußte Aura aus wie ihr Vater. Leo fand dies reizvoll, wenn auch nicht gerade attraktiv. Am meisten jedoch stachelte ihn der Gedanke an King selbst an. Der Mann wußte alles über Leos Intimleben. Er hatte das Beweismaterial gesehen und gehört …
    Wie amüsant er es wohl noch finden mochte, wenn seine Tochter plötzlich darin auftauchte?
    Gloria nippte an ihrem Champagner. Sie hatte das Musical nicht unbeschwert genießen können. Immer wieder ging ihr das Versprechen durch den Kopf, das sie ihrem Vater gegeben hatte. Sie war sehr gekränkt. Während der Aufführung hätte sie vor Zorn beinahe geweint. Ihr Vater hatte sie grausam behandelt. Er hatte es glatt von der Hand gewiesen, daß sie auch nur das Geringste anzubieten hatte. Ihr war klar, was er damit zum Ausdruck bringen wollte. Niemand, auch nicht ein Mann, den er für so verachtungswürdig hielt wie Leo, würde sich um ihrer selbst willen mit

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