Die Entlarvung
Freunden mit dir angegeben … Jetzt kann ich dich endlich mal persönlich präsentieren. Bis Montag also. Bye, Julia. Bye.«
Die Petersons hatte sich nach Jersey zurückgezogen, nachdem Davids Mutter gestorben war und ihnen dort ein Haus vererbt hatte. Seit zwei Jahren lebten sie auf der Insel, wo es ihnen nach eigener Aussage hervorragend gefiel. David Peterson hatte in London an einem großen Lehrkrankenhaus unterrichtet und außerdem eine gutbesuchte Praxis besessen. Er hatte die Hektik des Londoner Gesundheitssystems hinter sich gelassen, dafür jedoch einen ähnlich aufreibenden Job auf Jersey angenommen. Seine Mutter war May Hamiltons Schwester gewesen. David war fünfzehn Jahre älter als Julia. Janey, seine lebenslustige, muntere Frau, war Anfang Vierzig und verrückt nach Tennis und Segeln. Julia mochte das warmherzige, freundliche Ehepaar und hatte sich immer gut mit den beiden verstanden. Sie strich sich ihr Haar aus dem Gesicht. Bevor sie abreiste, mußte sie es unbedingt noch schneiden lassen.
Die Petersons kannten alle anderen Bewohner auf Jersey. Sie waren gastfreundlich und beliebt. Sie konnten sicherlich das Treffen arrangieren, an dem Julia so gelegen war. Sie rief Ben in seinem Büro an.
»Ich fliege am Montag«, informierte sie ihn. »Ich muß nur noch mit Western sprechen.«
»Wundere dich nicht, wenn er sich plötzlich sehr entgegenkommend zeigt«, sagte Ben am anderen Ende der Leitung. »Seine Frau hat ihm bestimmt erzählt, daß du etwas vorhast.«
»Das glaube ich nicht«, widersprach Julia. »Sie hat mir versprochen, nichts zu sagen …«
Ben unterdrückte einen diesbezüglichen Kommentar. Er erwiderte lediglich: »Ich bin froh für dich, daß es jetzt endlich losgeht. Wohler wäre mir natürlich, wenn du mich mitnehmen würdest.«
»Nein, Darling. Übrigens hat meine Mutter heute morgen angerufen. Sie ist ganz begeistert von dir. Genau wie ich.« Sie beendete das Gespräch, wählte Westerns persönliche Nummer und ließ sich einen Termin bei ihm geben.
»Ich sehe nicht ein, weshalb Sie Urlaub nötig haben sollten«, verkündete Western. »Sie haben doch nichts weiter getan, als Stevens bei einem zweitklassigen Artikel über Bestechung zu helfen. Jeder hätte so etwas fabrizieren können.« Er starrte sie vorwurfsvoll an.
»Der Artikel ist brisant und enthält einigen Zündstoff«, verteidigte sich Julia. »Alle sagen das.«
»Hier zählen nur meine Ansichten, und ich bin anderer Meinung«, fuhr er sie an. »Zu ihrem Glück können Sie wenigstens Leo Derwent vorweisen, sonst gäbe es überhaupt keine Entschuldigung für Sie.«
»Er hat uns schon einige wichtige Informationen zukommen lassen«, betonte Julia.
»Nichts, was ich nicht sowieso längst wußte«, sagte Western geringschätzig. »Kings Aktivitäten in den Staaten sind nichts Neues für mich. Ob er nun seine Tochter ins Spiel bringt oder nicht, ist mir völlig gleichgültig. Genausowenig interessieren mich seine Ambitionen auf den Lordtitel. Er will mir ans Leder, aber bisher hat niemand etwas unternommen, um ihn aufzuhalten. Und jetzt kommen Sie daher und fragen nach Urlaub … Meine Frau meint, Sie wären erschöpft und brauchten eine Pause. Völliger Unsinn, meiner Meinung nach.«
Er hielt inne. Evelyn hatte ihn gut präpariert. »Du mußt überzeugend wirken, Billy. Offiziell habe ich dir nur gesagt, daß sie ein wenig Abstand und Erholung benötigt – vergiß das nicht. Laß sie nicht merken, daß du mehr weißt. Sei unfreundlich, grob. Damit rechnet sie.« Evelyn war seine rechte Hand. Weitsichtig, kühl kalkulierend, überlegen in Situationen, in denen er versagt hätte. Und skrupellos, wie er ihr selbst gesagt hatte. Sie mochte Julia, aber die Interessen ihres Mannes hatten Vorrang für sie. Sie würde Julia opfern, wenn es nötig war.
Evelyn Western hatte ihr Vertrauen nicht mißbraucht, dachte Julia. Sie hatte Wort gehalten, im Gegensatz zu Bens Befürchtungen. »Lord Western«, setzte sie an, »ich brauche lediglich ein paar Tage, um auf andere Gedanken zu kommen. Danach klemme ich mich wieder hinter meine Arbeit. Und ich verspreche Ihnen«, sie betonte die letzten Worte, »ich verspreche, daß ich noch vor Weihnachten etwas zu Tage fördere. Wenn nicht …«, sie musterte ihn ruhig, »liegt meine Kündigung zum ersten Januar auf Ihrem Tisch.«
»Ich würde Sie nicht aufhalten«, entgegnete er. »Also gut, wenn es unbedingt sein muß – nehmen Sie Die Woche. Ich muß schon wegen meiner Frau ja
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