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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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erkundigte er sich.
    »Ja«, erwiderte sie. Die freundliche Sekretärin hatte es natürlich nicht für sich behalten können …
    »Ich bin froh, daß sie trotzdem kommen konnten. Ich hätte da nämlich etwas für Sie. Wird Ihnen bestimmt gefallen. Wo bleibt dieser Idiot mit unseren Drinks? Er ist schon seit einer Woche bei uns. Allmählich müßte er sich eigentlich hier auskennen. Was haben Sie wegen mir abgesagt? Einen kleinen Wochenendtrip mit Sutton?«
    Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, konnte ihren Zorn aber dennoch nicht ganz verbergen, was ihn um so mehr zu amüsieren schien.
    »So ist es. Wir hatten vor, am Avon angeln zu gehen. Felix wollte es mir beibringen.«
    »Ist auch das einzige, was er Ihnen beibringen könnte«, brummte Western. »Der Mann ist ein Parasit. Verschwenden Sie nicht allzuviel Zeit mit ihm. Ah, endlich!« Er warf dem Butler einen durchdringenden Blick zu. Der Mann blinzelte nervös und reichte die Drinks. »Der Dame zuerst«, fuhr Western ihn an. »Großer Gott …« Er behandelte den Butler, als sei dieser ein Teil des Mobiliars. »Und das bei den Referenzen – hat sie wohl selbst geschrieben.«
    Julia schämte sich für Westerns grobes Benehmen und bedankte sich besonders höflich, als sie ihr Glas entgegennahm.
    »Wenn ich eines nicht vertragen kann, dann ist es Dummheit«, erregte sich Western. »So etwas macht mich wahnsinnig.«
    »Wenn Sie ihn nicht so einschüchterten, würden Sie vielleicht merken, daß er gar nicht so dumm ist.«
    Er sah sie scharf an. »Sieh an, Sie ergreifen Partei für die Verlierer. Evelyn ist genauso. Sie muß ja auch nicht die Gehälter bezahlen. Und kritisieren Sie mich nicht, ich lasse mir das nicht bieten. Jetzt will ich Ihnen aber erzählen, wer zum Essen kommt.« Er hielt für einen Augenblick inne. Gelegentlich setzte er sich gerne ein wenig in Szene. Geduldig wartete Julia ab. Er war bullig und ein Tyrann. Als Mensch gefiel er ihr ganz und gar nicht. Aber sein scharfsinniger Geist, seine energische Kompetenz faszinierten sie. Ihn umgab eine Aura, der sie sich nur schwer entziehen konnte.
    Er nahm einen großen Schluck Whisky.
    »Niemand«, verkündete er schließlich. »Nur Sie, Evelyn und ich. Ein kleines Familientreffen, sozusagen.«
    »Lord Western, ich fühle mich geehrt«, erwiderte Julia leise.
    »Dann schauen Sie nicht so enttäuscht drein. Es wird sich für Sie lohnen. Sie können ein anderes Mal mit Ihrem Freund fischen gehen. Denn möglicherweise erleben Sie heute den wichtigsten Abend Ihres Lebens. Und nun …«, er leerte sein Glas und stand auf, »ist es an der Zeit, sich umzuziehen. Evelyn war mit dem Auto in London. Sie muß jeden Moment hier eintreffen. Wir essen um halb acht. Seien Sie pünktlich.«
    »Ich bin immer pünktlich«, betonte Julia. »Das wissen Sie ganz genau.«
    »Meine Frau leider nicht. Sie ist die Unpünktlichkeit in Person. Sie mag Sie übrigens sehr gern. Findet, daß Sie ein nettes Mädchen sind. Ich halte Sie für clever. Ist viel wichtiger.« Ohne ein weiteres Wort rauschte er aus dem Raum. Julia starrte sprachlos hinter ihm her. Es fiel ihm nie ein, zu warten. Er ging, wann es ihm paßte – auch wenn er damit einer anderen Person mitten im Satz das Wort abschnitt. Er war ein fürchterlicher Egoist, und sie haßte ihn, dachte Julia. Er sollte nur nicht meinen, daß sie jetzt ihren Wodka hinunterstürzen und hinter ihm hereilen würde. Aber immerhin hatte er gesagt, daß dies der wichtigste Abend in ihrem Leben werden könnte. Und sie wußte, daß er es ernst meinte.

Kapitel 2
    Western schritt im Zimmer auf und ab, wobei er heftig mit einer dicken Zigarre gestikulierte, wie um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen.
    Das Essen war in leicht gezwungener Atmosphäre verlaufen. Und Julia spürte, daß die Anspannung weiter zunahm. Schuld daran war nicht nur Western mit seiner dramatischen Art. Seine Frau, obgleich charmant und freundlich wie immer, wirkte unruhig. Besorgt. Julia wußte nicht recht, was sie davon halten sollte. Und dann hatten sie sich in das Arbeitszimmer begeben.
    Ohne Umschweife war Western zur Sache gekommen.
    »Wie wäre es, wenn Sie eine neue Rubrik übernehmen würden?« Er beobachtete Julias Miene und bemerkte ungeduldig: »Mein liebes Mädchen – Sie glauben doch um Gottes willen nicht, daß ich Ihnen irgendeine Frauenseite andrehen will?«
    Zögernd erwiderte Julia: »Doch, um ehrlich zu sein …«
    »Reden Sie keinen Unsinn«, unterbrach er sie barsch. »Es geht

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