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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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um eine ganz große Sache, mit einem völlig neuen Ansatz. Eine Serie, die den Titel ›Enthüllungen‹ tragen soll. Das Bekenntnis des Herald zu mehr Ehrlichkeit im öffentlichen Leben. Wachhund der Nation. Aufdeckungs-Journalismus im amerikanischen Stil. Keine Tabus, keine Rücksichtnahmen. Die ›Einblicke‹ der Sunday Times werden daneben wie Klatschgeschichten aus der Pfarrgemeinde wirken.« Er holte tief Luft. »Also, was meinen Sie? Trauen Sie sich die Sache zu?«
    Julia schüttelte unschlüssig den Kopf. Sie sah, daß Evelyn Western sie beobachtete. Die Nervosität war ihr jetzt deutlich anzumerken. Die Führung einer kontroversen Artikelserie …
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, meinte Julia schließlich.
    »Das wäre das erste Mal, seit wir uns kennen«, konstatierte Western. »Ich hoffe, Sie wollen nicht nur bescheiden sein. Wenn ich Ihnen den Job nicht zutrauen würde, hätte ich ihn Ihnen nicht angeboten.«
    »Nein«, stimmte Julia zu. »Das hätten Sie sicher nicht. Wäre ich denn wirklich allein zuständig? Müßte ich niemandem Rechenschaft ablegen?«
    »Nur mir«, versicherte er. »Sie wären mir direkt unterstellt und nur mir verantwortlich. Wenn Sie sich in dem Job bewähren, wird vielleicht in ein paar Jahren die erste Chefredakteurin des Heralds aus Ihnen …«
    »Billy, bedräng sie nicht so«, warf seine Frau ein. Sie wandte sich an Julia: »Es ist ein wunderbares Angebot.«
    »Ich weiß«, bestätigte Julia. »Und ich nehme es gern an. Lord Western, mir fehlen wirklich die Worte. Ein einfaches Dankeschön klingt so fehl am Platz … Ich kann mein Glück noch gar nicht fassen.« Sie lachte nervös. »Es ist unglaublich.«
    Western wandte sich seiner Frau zu. Für einen Augenblick länger als gewöhnlich trafen sich ihre Blicke. Dann verlangte er: »Klingel nach diesem Halbtrottel Filipe. Er soll uns Champagner bringen. Wir haben etwas zu feiern.«
    Nachdem der Butler das Gewünschte serviert hatte, erhob Western sein Glas und rief: »Auf die Geburt einer neuen Serie! Auf die ›Enthüllungen‹!«
    »Und auf Sie, Julia«, ergänzte Evelyn Western. Sie stand auf. In ihrem einfach geschnittenen schwarzen Crêpe-Kleid sah sie sehr schlank aus. Ihre zweireihige Perlenkette schimmerte im Schein der Lampe. Außer der Kette hatte sie keinen weiteren Schmuck angelegt. Lediglich an ihrem Ringfinger funkelte ein kleiner Saphir, der von winzigen Diamantsplittern umgeben war. Ein Ring, den Western ihr geschenkt hatte, bevor er seine ersten Millionen verdient hatte. Als sie geheiratet hatten, war er nichts weiter als ein kleiner Buchhalter gewesen. Daher die besondere Bedeutung, die der Ring auch heute noch für Evelyn besaß.
    »Ich weiß, daß du mit Julia noch einiges zu besprechen hast. Damit ihr ungestört seid, gehe ich schon einmal zu Bett. Bleibt aber nicht die ganze Nacht auf, in Ordnung?« Sie betrachtete ihren Ehemann liebevoll, schenkte dann auch Julia ein Lächeln und verließ den Raum. Was diese Frau an William Western finden mochte, hatte sich Julia schon oft gefragt. Aus ihrer Sicht besaß er nicht eine einzige liebenswerte Eigenschaft.
    Und Evelyn war ein so netter Mensch. Julia gab sich geschlagen. Sie würde es nie verstehen.
    Western trank seinen Champagner aus. »Ich mag dieses Zeug eigentlich nicht«, bemerkte er. »Aber ein neues Projekt will begossen sein. Ich wechsle jetzt wieder zu Brandy. Möchten Sie auch einen? Nein? Mir recht, bleiben Sie bei Ihrem Fusel. Aber trinken Sie nicht zuviel – Sie werden einen klaren Kopf brauchen. Ich nehme an, Sie fragen sich, wo Sie beginnen sollen. Einen ersten Plan habe ich bereits für Sie ausgearbeitet. Oder besser gesagt, ich habe eine Zielscheibe ausgesucht. Zielscheibe – das Wort gefallt mir. Daraus müssen wir etwas machen, hört sich gut an …«
    Julia ließ sich mitreißen – fern von jeglichem objektiven Urteilsvermögen. Das Tempo, die Energie des Mannes fesselten sie.
    Zielscheibe. Ja, die Leser würden aufmerksam werden, würden Blut lecken. Western kannte seine Schäfchen …
    Er hielt seinen mit Brandy halbgefüllten Schwenker in beiden Händen, während er sich zu ihr hinüberlehnte. Sie geriet erneut in den Bann seiner Persönlichkeit und verspürte ein Kribbeln, das gar nicht so weit entfernt war von dem sexuellen Hochgefühl, das Felix ihr vermittelte.
    »Ich will, daß Sie sich um Harold King kümmern«, offenbarte er. »Ich will den Kopf dieses Bastards auf einem silbernen Teller. Geld spielt keine

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