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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Lastwagen gewonnen. Hier ist es schon, Nummer achtundzwanzig. Kommen Sie auf einen Drink mit herein?«
    »Heute nicht«, wehrte Julia ab. »Ich bin zu müde. Ich hoffe nur, daß ich einschlafen kann.«
    »Das würden Sie bestimmt, wenn Sie mit mir kämen«, sagte er kühl.
    »Sie sind ziemlich überzeugt von sich, nicht wahr?« Sie war auf einmal ärgerlich. Ärgerlich auch über sich selbst, weil er sie beinahe in Versuchung geführt hätte.
    Er lächelte, beugte sich zu ihr herüber und küßte sie leicht auf die Wange.
    »War nur ein Versuch«, meinte er. »Hoffentlich sagen Sie das nächste Mal ja. Bis bald, Julia.« Er stieg aus, lief die Stufen zu seinem Haus hinauf und öffnete die Tür. Er sah sich nicht noch einmal nach ihr um, als sie davonfuhr.
    Diese erste Begegnung war nun fünf Jahre her. Felix' Prophezeiung hatte sich erfüllt. Julia war kometenhaft am Fleet-Street-Firmament aufgestiegen, besaß eine eigene Kolumne und hatte ein äußerst erfolgreiches Buch über die Rhys-Morde geschrieben. Außerdem waren sie und Felix in eine gemeinsame Wohnung gezogen.
    Felix hatte übers Wochenende in ein kleines Hotel am Fluß Avon fahren wollen. Er angelte gerne und hatte ihre Einwände mit dem Versprechen beiseite gewischt, daß er sie in die Kunst des Fischens einweisen würde. »Es ist ein nettes Plätzchen – nichts Außergewöhnliches, aber man kann Angeln und Boote mieten.« Julia hatte sich auf das Wochenende gefreut. In London war es stickig heiß, und sie war gerade von einer anstrengenden Reise aus den Midlands zurückgekommen, wo sie Recherchen über einen prominenten Unternehmer angestellt hatte, der sich angesichts einer drohenden Verhaftung wegen Betrugs umgebracht hatte. Seine Firma stand unter Konkursverwaltung. Er hatte eines Morgens sein Haus verlassen und sich mit einem Gewehr den halben Kopf weggeschossen. Julia hatte gehofft, daß ihr ein paar gemütliche Tage mit Felix helfen würden, nicht dauernd an die Frau und an die Kinder des Unternehmers denken zu müssen.
    Aber am Donnerstagnachmittag hatte sie den Anruf erhalten. Westerns persönliche Sekretärin war am Apparat. Die gleiche weiche Stimme, mit der Julia inzwischen bestens vertraut war.
    »Lord und Lady Western würden sich freuen, wenn Sie am Samstag zum Abendessen kämen und über Nacht ihr Gast blieben.«
    »Diesen Samstag?«
    »Es ist sehr kurzfristig, aber Sie haben sicher Verständnis.«
    Seit der nervenaufreibenden ersten Einladung hatte Julia an verschiedenen weiteren Abendgesellschaften in Westerns Haus teilgenommen. Der Ablauf war immer gleich: Man versammelte sich zum Essen, eine vornehme Schar von Politikern, Diplomaten – Menschen, die Western nützlich erschienen oder die ihrerseits aus Western einen Nutzen ziehen wollten. Dann blieb man bis zum anderen Morgen und verabschiedete sich sofort nach dem Frühstück. Western sprach scherzhaft von dem Eß- und Schlaf-Arrangement, womit er sich über das königliche Protokoll auf Windsor Castle lustig machte.
    »Ich habe aber bereits etwas vor«, beschwerte sich Julia.
    »Lord und Lady Western rechnen fest mit Ihnen«, so die Stimme. »Sie können Ihre Pläne bestimmt noch ändern. Wann können Sie mir Bescheid geben?«
    Dies war keine Einladung, es war ein Befehl. Die Stimme machte das unmißverständlich deutlich.
    »In Ordnung, ich sage meine Verabredung ab«, gab Julia nach. Um ihren Mißmut wenigstens andeutungsweise zum Ausdruck zu bringen, fügte sie hinzu: »Aber Sie haben recht. Der Termin ist wirklich sehr kurzfristig. Ich nehme an, ein anderer Gast ist wohl noch abgesprungen.«
    »Nicht, daß ich wüßte. Kommen Sie bitte um halb sieben, schwarze Abendgarderobe wie üblich. Ich informiere Lady Western.«
    Julia wählte Felix' Nummer. Er hatte es inzwischen zu Clive Warburtons persönlichem ›Mädchen für alles‹ gebracht und mußte für die verschiedensten Dinge herhalten. Aber immerhin war es ein Anfang, und Felix verstand es, sich unentbehrlich zu machen.
    »Darling«, sagte Julia, »ich muß unser Wochenende leider absagen. Der alte Herr hat mich am Samstag zu einer seiner Dinnergesellschaften eingeladen. Es tut mir so leid, aber ich muß hingehen.«
    »Natürlich mußt du«, erwiderte Felix. »Vielleicht springt etwas für dich heraus.«
    »Ich hatte mich schon so auf die Tage mit dir gefreut«, beharrte Julia. »Und ich habe wirklich versucht, die Einladung abzulehnen – leider vergebens.«
    »Mach dir keine Gedanken«, entgegnete er fröhlich. »Wir

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