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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Wetter auf der anderen Seite des Fensters, beschäftigten sich jetzt mit einer Bemerkung, die seine Tochter Gloria nach dem Besuch bei Mario 's hatte fallenlassen. Er hörte auf Gloria; sie besaß seine Urinstinkte, hatte den gleichen scharfen Blick für Menschen.
    »Kennst du die Frau, Daddy – die mit den roten Haaren?« Marilyn war bei diesen Worten zusammengezuckt, als fürchtete sie, daß Gloria eine neue Liaison des Vaters preisgeben würde, was sie im übrigen sehr gerne tat. Gloria machte es nichts aus, wenn er mit anderen Frauen schlief. Sie wußte, daß sie die einzige war, die im Leben des Vaters wirklich zählte. »Nein, nicht persönlich. Aber ich weiß, wer sie ist – eine Journalistin beim Herald. Wieso fragst du, Gloria?«
    »Weil sie dich so merkwürdig angesehen hat. So, als ob sie dich haßt.«
    Vielleicht aus Erleichterung hatte seine Frau den Fehler begangen, sich einzumischen: »Rede nicht so dummes Zeug. Warum sollte eine Fremde deinen Vater hassen?«
    »Halt den Mund«, hatte er sie angefahren. »Gloria ist eine aufmerksame Beobachterin. Ich hatte das gleiche Gefühl. Eigenartig, daß es dir auch aufgefallen ist, Gloria. Ich sollte die Dame überprüfen lassen.«
    Bisher hatte er allerdings noch nichts in die Wege geleitet. Er öffnete ein silbernes Kästchen und nahm eine Zigarre heraus. Er rauchte, aß, was ihm schmeckte, und konnte dennoch mit dem Blutdruck eines Achtzehnjährigen aufwarten. Triumphierend hielt er seinen Ärzten vor, daß die Regeln für gewöhnliche Menschen auf ihn nicht zutrafen. Und er war potenter denn je. Dafür sorgte Joe. Wie er sich überhaupt um vieles kümmerte.
    Julia Hamilton. Auf Glorias Instinkte konnte man sich verlassen. Er würde Joe anweisen, sich umzutun und zu sehen, was er über sie in Erfahrung bringen konnte.
    Er griff nach dem Telefon und wählte eine Nummer. Die Frau, die das Gespräch entgegennahm, erklärte, daß Joe in der Sauna sei.
    »Richten Sie ihm aus, daß ich Feuer unter seinen Hintern lege, wenn er nicht sofort an den Apparat kommt!«
    Er mußte nicht lange warten. »Mr. King, entschuldigen Sie, daß es einen Moment gedauert hat.«
    »Sag dieser dummen Kuh, daß sie nicht noch einmal versuchen soll, mich abzuwimmeln, wenn ich anrufe«, fuhr er ihn an. »Und jetzt komm her. Ich habe einen Auftrag für dich.«
    »Geben Sie mir fünfzehn Minuten«, bat der Mann, der sich Joe nannte.
    »Zehn«, erwiderte King und legte auf.
    Am anderen Ende der Leitung wandte sich der schweißtriefende und nur mit einem Handtuch bekleidete Joe an das verunsicherte Mädchen: »Wenn mein Boß das nächste Mal anruft, bittest du ihn, einen Augenblick zu warten, und holst mich – ist das klar?«
    Das Mädchen sah ihn mit großen, angsterfüllten Augen an. »Es tut mir leid, Joe, so leid.«
    »Wenn so etwas noch einmal vorkommt«, drohte er, »wird es dir wirklich leid tun. Und jetzt bring mir meine verdammten Kleider.«
    Nessenberg war viel kleiner, als Julia erwartet hatte. Ein gemütlicher, sauberer, aufstrebender Ort. Die Schwierigkeiten, die die Wiedervereinigung und der Zusammenbruch des Ostblocks mit sich gebracht hatten, schienen nicht bis hierher vorgedrungen zu sein. Auch den Nessenberghof gab es noch. Harris bemerkte, daß er genauso aussah wie vor zehn Jahren.
    Das Hotel war komfortabel und ein wenig konservativ. Ihre Zimmer gingen beide nach hinten hinaus, man blickte auf den parkähnlichen Garten, der zum Haus gehörte.
    »Es ist schon merkwürdig«, meinte Julia. »Ich bin vorher noch nie in Deutschland gewesen, und alles ist ganz anders, als ich gedacht habe. Die Leute wirken so freundlich und nett.«
    »Die meisten sind freundlich und nett. Die Menschen hier sind bekannt für ihre gute Laune und ihren Charme. Ich persönlich komme mit den Ostdeutschen besser zurecht. Die Berliner sind allerdings wieder ein ganz eigenes Völkchen. Du würdest sie mögen. Sie sind lebensfroh und zäh. Wenn man daran denkt, wie lange sie es mit dieser fürchterlichen Mauer ausgehalten haben, die die ganze Stadt geteilt hat. Du mußt unbedingt eines Tages nach Berlin fahren.«
    »Wie kommt es, daß du dich so gut auskennst?« fragte Julia.
    »Meine Frau ist Deutsche«, antwortete er. »Wir sind in den Ferien immer nach Deutschland gekommen. So habe ich das Land kennen- und schätzengelernt.«
    »Ich wußte gar nicht, daß du verheiratet bist.«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Bin ich auch nicht. Wir haben uns vor fünfzehn Jahren scheiden

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