Die Entscheidung
Ihnen.«
Irene Kennedy musterte den jungen Politiker kurz. »Ich werde tun, was ich kann. Worum geht’s?«
»Sagt Ihnen der Name Mitch Rapp etwas?«
Irene Kennedy zögerte und blickte sich kurz im Zimmer um, ehe sie antwortete. »Vielleicht sollten Sie einmal nach Langley kommen – dann können wir uns weiter unterhalten.« Sie wusste von Rapp, dass Anna Rielly und O’Rourkes Frau eng befreundet waren.
»Dann kennen Sie ihn also?«, fragte O’Rourke.
»Das habe ich nicht gesagt«, antwortete Kennedy ausweichend und legte kurz die Hand auf seinen Arm. »Kommen Sie nach Langley, dann reden wir weiter.«
O’Rourke nickte. »Dann komme ich heute Nachmittag vorbei.«
»Gut. Rufen Sie in meinem Büro an und vereinbaren Sie einen Termin.«
O’Rourke war einverstanden und ging an seinen Platz zurück. Noch etwas, um das ich mir Sorgen machen muss, dachte Irene Kennedy bei sich. Sie blickte auf und sah, dass Chairman Rudin stirnrunzelnd irgendein Schriftstück las. Er blickte von seinem erhöhten Platz auf sie herunter. »Sie dürfen sich setzen«, sagte er zu ihr.
Der Abgeordnete Zebarth, der rangälteste Republikaner im Ausschuss, der neben Rudin saß, beugte sich vor. »Guten Morgen, Dr. Kennedy. Danke, dass Sie so kurzfristig zu uns gekommen sind«, sagte er augenzwinkernd und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Zebarth war der Einzige im Ausschuss, der so lang wie Rudin in Washington war. Es gab nur wenige Politiker – noch dazu republikanische –, die mit Rudin gut auskamen, doch Zebarth gehörte einer Spezies von Politikern an, die mittlerweile im Aussterben begriffen war: Er konnte sich noch mit anders Denkenden darauf einigen, dass man eben in manchen Punkten uneins war, und danach mit dem Betreffenden gemütlich einen Manhattan trinken. Der redegewandte Abgeordnete aus Virginia konnte, wenn es sein musste, einen politischen Gegner förmlich zerlegen, ohne auch nur seine Stimme zu erheben. Die Republikaner hatten ihn in diesen Ausschuss berufen, weil sie ihn für den Einzigen hielten, der imstande war, mit dem verschrobenen Rudin fertig zu werden.
Rudin ordnete irgendwelche Unterlagen und räusperte sich vernehmlich. Dann trank er einen Schluck Wasser, nahm seine Brille ab und sah Irene Kennedy an. »Ich habe in letzter Zeit einige sehr beunruhigende Dinge aus Ihrer Agency gehört«, sagte er.
Dr. Kennedy sah ihn mit ausdrucksloser Miene an und wartete, dass Rudin sich präziser ausdrückte.
Der Vorsitzende des Ausschusses sah ihr streng in die Augen, und sein Blutdruck begann zu steigen, als er feststellen musste, dass Irene Kennedy sich offenbar nicht einschüchtern ließ. Es machte ihn immer wieder zornig, wenn diese Berufslügner aus Langley hier vor seinen Ausschuss traten und ihn zum Narren halten wollten. »Mrs. Kennedy, würden Sie mir freundlicherweise erzählen, was vergangenes Wochenende in Deutschland passiert ist?«
Bevor Irene Kennedy antworten konnte, warf Abgeordneter Zebarth ein: »Ich bin zwar nicht mehr der Jüngste – aber wenn ich mich recht entsinne, heißt es nicht Mrs. Kennedy, sondern Dr. Kennedy, nicht wahr?«
Rudin murmelte irgendetwas Unverständliches und sagte schließlich: »Dr. Kennedy, was ist vergangenes Wochenende in Deutschland vorgefallen?«
»Könnten Sie sich etwas genauer ausdrücken, Mr. Chairman?«
»Und ob ich das könnte – ich werde es aber nicht tun, weil Sie nämlich sehr gut wissen, wovon ich spreche.«
»Verzeihung, Mr. Chairman«, warf Zebarth mit verwirrter Miene ein, »ich habe ja keine Ahnung, ob Dr. Kennedy weiß, wovon Sie sprechen, oder nicht, aber ich muss leider gestehen, dass ich selbst keinen blassen Schimmer habe.«
Rudin würdigte Zebarth keines Blickes. Er hasste den alten Schwätzer. Den Blick geradeaus gerichtet, sagte er: »Sie weiß genau, wovon ich spreche, und Sie werden es auch gleich wissen.« Zu Irene Kennedy gewandt, fügte er hinzu: »Also, Dr. Kennedy, kehren wir zu meiner Frage zurück. Was ist vergangenen Samstag in Deutschland vorgefallen – und was hatte Ihre Agency damit zu tun?«
»Sprechen Sie von den Vorfällen rund um die Maschinenbaufirma Hagenmüller?«
»Ich spreche von der Ermordung von Graf Hagenmüller«, erwiderte Rudin mit Nachdruck.
»Dazu kann ich Ihnen nicht viel sagen, was Sie nicht ohnehin schon wissen, Mr. Chairman«, gab Irene Kennedy zurück.
Rudin hatte die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet und sah Irene Kennedy direkt in die Augen. »Ich glaube Ihnen nicht.« Auf der
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