Die Entscheidung
hatte mittlerweile fünfmal versucht, den Professor zu erreichen, doch der Mann zog es offenbar vor, nicht abzuheben. Coleman hatte Rapps Gespräch mit dem Mann an einem zweiten Telefon mitgehört – und sie fanden beide, dass der Professor Angst hatte und dass er log. Er wusste genau, wer Rapp war und was in Deutschland und in Colorado passiert war.
Nun fürchtete Rapp jedoch, dass er den Mann so verschreckt haben könnte, dass er von der Bildfläche verschwand. Er fragte sich, wie lange es wohl dauern mochte, bis er ihn aufgespürt hatte. Er würde die Sache durchziehen – egal, wie viel Zeit es in Anspruch nahm, doch wenn der Professor wirklich untertauchte, dann konnte es Jahre dauern, bis er ihn fand; außerdem würde er dann auf die offiziellen Kräfte der Agency zurückgreifen müssen, was ihm ganz und gar nicht gefiel.
Coleman trat zu Rapp ans Fenster. »Ich hoffe, er hat seinem Auftraggeber nichts von dem Anruf erzählt«, sagte er.
»Genau«, antwortete Rapp nachdenklich. »Wenn er wirklich in diesem Augenblick bei seinem Auftraggeber sitzt, dann werden sie zuerst einmal überlegen, wie viel wir wissen.«
»Nun ja, nach eurem Gespräch weiß er jedenfalls einmal, dass du seinen Auftraggeber nicht kennst.«
»Und wir müssen hoffen, dass er das nicht seinem Boss sagt – sonst könnte es leicht sein, dass er genauso endet wie die Jansens.«
»Ja«, pflichtete Coleman ihm bei. »Trotzdem gibt es da etwas, über das wir noch kaum geredet haben.«
»Was meinst du?«
»Das Motiv. Wer kann so etwas wollen und warum? Du hast jede Menge Feinde, Mitch.«
»Ich habe ungefähr dieselben Feinde wie du. Sie leben im Nahen und Mittleren Osten, und sie haben wohl kaum die Möglichkeiten, um herauszufinden, dass ich einen Auftrag in Deutschland hatte.«
»Aber wer könnte sonst dahinter stecken?«
»Ich weiß es nicht, aber ich schätze, dass es jemand in Washington ist.«
»Was ist mit den Israelis?«
Rapp zuckte die Achseln. »Alles ist möglich – aber ich glaube es eher nicht. Wenn ich an die Vorfälle in Deutschland zurückdenke, dann kommt es mir immer mehr so vor, als hätten es die Kerle in erster Linie gar nicht auf mich abgesehen.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Denk doch mal nach. Die Jansens hatten reichlich Gelegenheit, mich auszuschalten. Warum haben sie damit gewartet, bis ich den Grafen getötet hatte?«
»Keine Ahnung. Warum?«
»Weil sie wollten, dass ich für den Mord verantwortlich gemacht werde.«
Coleman überlegte einige Augenblicke. »Aber warum schließt du dann die Israelis aus? Sie lassen dich die Dreckarbeit machen und sorgen anschließend dafür, dass niemand sie verdächtigen wird.«
»Nein«, entgegnete Rapp kopfschüttelnd. »Die Israelis haben sich noch nie gescheut, ein wenig Kritik einzustecken – vor allem, wenn sie beweisen können, dass sich derjenige, den sie ausgeschaltet haben, mit Saddam Hussein eingelassen hat.«
»Ja … du hast wahrscheinlich Recht.«
»Wer immer hinter der Sache steckt, wollte, dass ich als Täter entlarvt werde. Es ging dabei nicht um persönliche Rache.«
»Wie kannst du dir da so sicher sein? Du warst in all den Jahren in ziemlich üble Dinge verwickelt. Du hast dir dabei wahrscheinlich so viele Feinde gemacht, dass du sie nicht einmal zählen kannst.«
»Mag sein, aber du übersiehst das Wesentliche an der ganzen Sache. Da gibt es jemanden, der von dieser Operation in Deutschland erfahren hat – und das ist keine Kleinigkeit. Dafür kommt nur jemand infrage, der über beträchtlichen Einfluss verfügt. Wenn ich das Ziel gewesen wäre – warum hat man sich dann die Mühe gemacht, mich in Deutschland aufs Korn zu nehmen? Da hätten mich die Jansens doch auch hier in der Stadt umlegen können. Oder der Professor hätte mir aus zweihundert Metern Entfernung eine Kugel in den Kopf jagen können – so wie er es mit den Jansens gemacht hat.«
Coleman nickte bedächtig. Rapp hatte wahrscheinlich Recht. »Aber wenn du nicht das eigentliche Ziel warst – wer dann?«
»Das weiß ich nicht, aber wenn dahinter die Absicht steckt, dass man mich am Tatort findet und identifiziert …« Rapp dachte einige Augenblicke über die Konsequenzen seiner Annahme nach. »Da hätten wohl einige Leute ziemlichen Ärger bekommen.«
»Der Präsident zum Beispiel.«
»Ja, und die Agency.«
»Das schließt aber trotzdem nicht aus, dass irgendjemand im Ausland damit zu tun haben könnte«, fügte Coleman stirnrunzelnd hinzu.
»Das stimmt – aber
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