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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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wurde, war sie dankbar und hatte zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, eine echte Aufgabe zu haben. Sie hatten ihr einiges über ihre jüdischen Wurzeln erklärt, über die Leiden ihres Volkes und die Notwendigkeit, sich gegen all jene zur Wehr zu setzen, die geschworen hatten, alle Juden vom Angesicht der Erde zu tilgen.
    Doch das war nur der Anfang gewesen. Zuerst hatte man ihr nur ganz einfache Aufgaben übertragen, bei denen es zum Beispiel darum ging, eine bestimmte Person zu beobachten, oder auf ihren Reisen rund um die Welt Informationen weiterzugeben. Doch mit den Jahren wurden die Aufträge immer anspruchsvoller. Sie hatte insgesamt vier Rückfälle in die Drogenabhängigkeit – und mit jedem Mal wurde sie etwas tiefer in die Sache hineingezogen. Die Ausbildung änderte sich; zuerst hatte es so ausgesehen, als würde man ihr nur gewisse Techniken der Selbstverteidigung beibringen – doch mit der Zeit wurde klar, dass es um etwas anderes ging.
    Oberst Ben Freidman vom gefürchteten Mossad wurde zu ihrem Lehrer und Beschützer. Er war einer der beiden Männer, denen sie in ihrem Leben begegnet war, von denen sie das Gefühl hatte, dass sie ihnen blind vertrauen konnte. An den anderen wollte sie nicht mehr denken, weil es zu schmerzhaft war.
    Donatella musste sich eingestehen, dass es ihr von Anfang an großes Vergnügen bereitet hatte. Es war ein unvergleichlicher Nervenkitzel, einen Menschen zu verfolgen und schließlich zu töten. Das war besser als jede Droge, sogar besser als Sex. Donatella Rahn hatte nun einmal eine Suchtpersönlichkeit, und ihre geheime Tätigkeit war eine mächtige Droge, für deren Genuss sie zudem noch ausgezeichnet bezahlt wurde.
    Als Donatella nun den Bürgersteig entlangging, fühlte sie sich als Mensch, der von sich wusste, wer er war. Sie wusste, dass das für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit war – nicht aber für sie. Sie war so lange in ihrem Leben verwirrt und ziellos gewesen; sie hatte nach ihrem Vater gesucht, den sie nie kennen gelernt hatte, bis sie schließlich hoffte, dass sie ihm nie begegnen würde. Und jetzt hatte sie endlich herausgefunden, wer sie war und wo sie hinwollte. Für sie war diese Erkenntnis von unschätzbarem Wert.
     
    Der Crown Victoria schaukelte sanft über die alte Landstraße im ländlichen Maryland. Die vertraute Umgebung hatte auf Anna Rielly eine tröstliche Wirkung. Über eine Stunde lang waren sie kreuz und quer durch die Stadt gefahren. Sie kannte sich noch nicht allzu gut in der Stadt aus und wusste schon nach fünf Minuten nicht mehr, wo sie waren. Hin und wieder kam ihr irgendein Gebäude bekannt vor – doch sicher war sie sich nicht. Nach einer Weile lehnte sie sich zurück und schloss die Augen.
    Die beiden Agenten machten einen recht kompetenten Eindruck. Special Agent Pelachuk hatte ihr gesagt, dass sie gewisse Vorsichtsmaßnahmen treffen mussten, um sicherzugehen, dass ihnen niemand folgte. Special Agent Salem lenkte den Wagen und sprach nicht viel. Anna hatte gleich zu Beginn der Fahrt gefragt, wo sie sie hinbrachten, und sie war erfreut zu hören, dass sie zu Mitchs Haus fuhren. Anna fragte, ob Mitch schon dort sei – und Pelachuk antwortete, dass er es nicht wisse.
    Anna Rielly konnte es kaum noch erwarten, als sie von der Landstraße in die Straße einbogen, die zu Mitchs Haus führte. So weit von der Stadt entfernt gab es nicht einmal mehr eine Straßenbeleuchtung. Die Gemeinden rund um die Chesapeake Bay neigten dazu, alles so zu lassen, wie es vor hundert Jahren war. Etwas so Modernes wie eine Straßenlaterne stellte nach Ansicht der Stadtväter hier einen unzulässigen Eingriff in die Landschaft dar. Anna wusste, dass das einer der Gründe war, warum Mitch sich hier niedergelassen hatte. Er genoss es, hin und wieder allein sein zu können – und hier draußen fand er die idealen Voraussetzungen dafür. Als Anna aus dem Fenster sah, konnte sie nur die Lichter einiger Bauernhäuser in der Ferne erkennen.
    Einige Minuten später verlangsamte der Wagen seine Fahrt, und die beiden Agenten spähten angestrengt hinaus, um das gesuchte Haus zu finden.
    »Es ist das dritte Haus links«, sagte Anna. »Das mit dem weißen Briefkasten.«
    Der Wagen bog in die lange Zufahrt ein. Anna sah zu ihrer Enttäuschung, dass nirgends im Haus Licht brannte. Mitch war also noch nicht da. Salem fuhr bis zur Garage und hielt vor dem Tor an.
    Keiner der beiden Männer machte Anstalten auszusteigen, und so fragte Anna

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