Die Entscheidung
ließ, trat Rapp zurück und signalisierte Coleman, dass er klopfen solle. Coleman klopfte dreimal und machte sich dann mit seiner Lock-Pick-Pistole ans Werk.
Rapp zog seine schallgedämpfte Beretta aus dem Holster, behielt sie jedoch unter der Jacke. Als Coleman schließlich den Türknauf drehte, trat er zurück, damit Rapp sich gegen die Tür werfen konnte. Rapp schwenkte die ausgestreckte Waffe nach beiden Seiten des Zimmers. Er sah den Mann sofort am Boden liegen, überblickte aber zuerst weiter das Büro. Dann erst trat er in das Zimmer, gefolgt von Coleman, der die Tür hinter ihnen schloss und versperrte.
Beide Männer knieten sich zu dem Mann am Boden. »Ist er es?«, fragte Rapp.
»Ich glaube schon.«
Rapp fasste kurz an den Hals des Mannes. Die Haut war noch warm – sehr warm sogar. Sie suchten ihn ab, um die Todesursache herauszufinden. Es war Rapp, der schließlich die Stichwunde im Ohr entdeckte. Er dachte an die Frau, die er vorhin auf dem Gang gesehen hatte. Er sah Cameron an, und dann wieder den Mann mit der Stichwunde im Ohr. Rapp kannte eine Frau, die genau so zu töten pflegte – er kannte sie sogar sehr gut. Rapp stand auf und überlegte einen Moment lang, ob er ihr nachlaufen sollte. Doch sie war bestimmt längst über alle Berge. Außerdem wusste er auch so, wo er sie finden konnte.
Als Rapp auf den toten Cameron hinunterblickte, empfand er nicht die geringste Traurigkeit. Der Tod des Mannes war eine logische Konsequenz der Ereignisse – es wäre nur schön gewesen, wenn er vorher mit ihm hätte sprechen können. Rapp stieß einen Fluch hervor, während er sein Handy hervorzog und eine Nummer wählte. Als sich Irene Kennedy meldete, sagte er: »Wir haben ihn gefunden.«
»Wo?«
»In seinem Büro. Er ist tot.«
»Hast du es getan?«
»Nein, wir haben ihn gefunden.«
»Irgendeine Vermutung, wer es getan haben könnte?«
»Nein«, log Rapp.
Einige Sekunden lang schwiegen sie beide, ehe Irene schließlich sagte: »Ich schicke ein Team rüber, damit sie die Leiche holen.«
»Wir warten hier.« Rapp beendete das Gespräch und sah Coleman an. »Warum habe ich auf einmal das Gefühl, dass die Spur hier zu Ende ist?«, sagte er und zeigte auf den leblosen Körper von Peter Cameron.
43
Präsident Hayes betrachtete Thomas Stansfield, der ihm gegenüber am Konferenztisch des Situation Room im Weißen Haus saß. Der CIA-Direktor war nur noch ein Schatten seiner selbst. Er war völlig abgemagert, und sein Gesicht war ausgezehrt von der schweren Krankheit. Keiner der beiden hatte diese Sitzung einberufen – das hatte jemand anderer getan. Jemand, der bestimmte Geheimnisse mit ihnen teilte. Jemand, der sehr besorgt zu sein schien. Während sie auf ihren Gast warteten, ergriff Stansfield die Gelegenheit, um ein paar Dinge mit dem Präsidenten zu besprechen. Es war Donnerstag, sieben Uhr abends, und es war ein langer Tag für den Direktor gewesen. Nachdem er erfahren hatte, dass Peter Cameron tot war, hatte Stansfield ununterbrochen versucht, irgendwelche Hinweise zu finden, die von dem Toten zu denjenigen führten, die ihn angeheuert hatten. Stansfield berichtete dem Präsidenten, was vorgefallen war. Er versicherte ihm, dass Irene Kennedy, Rapp und einige andere fieberhaft daran arbeiteten, um Camerons Hintermännern auf die Schliche zu kommen.
Stansfield wusste sehr wohl, dass er nicht wenige Feinde hatte. Doch er fürchtete nicht jene, von denen er wusste, dass sie ihm nicht wohlgesinnt waren – nein, es waren jene, die er nicht kannte, die ihn beunruhigten. Sie alle hatten jedoch eines gemeinsam: sie strebten nach Macht und Einfluss. Für einen Politiker war es beispielsweise besonders erstrebenswert, den Vorsitz in einem der einflussreichen Kongressausschüsse zu erlangen, oder vielleicht das Außen- oder Verteidigungsministerium zu übernehmen oder gar Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Für einen Militäroffizier lag die Herausforderung vielleicht darin, eines der prestigeträchtigen Kommandos zu bekommen, die Verantwortung für eine der Waffengattungen der Streitkräfte übertragen zu bekommen oder gar Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs zu werden.
Diese Männer und Frauen, die hohe Ämter anstrebten, waren für gewöhnlich harmlose Leute, die sich oft zu Gruppen zusammentaten, um gegenseitig ihre Karrieren zu fördern. Die Erfahrung hatte Stansfield jedoch gelehrt, dass es immer auch einige wenige gab, die bereit waren, zu extremen Maßnahmen zu greifen, um
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