Die Entscheidung
»Lasst ihn nicht entwischen, ich bin gleich da!«, rief er in sein Mikrofon. Der Durango schlitterte um die Kurve. Duser ließ das Fenster auf der Fahrerseite herunter und machte sich bereit zum Feuern. Vor ihm zu seiner Linken sah er bereits die Glasscherben fliegen, als die Kugeln die Windschutzscheibe eines geparkten Wagens zertrümmerten. Duser steckte seine kompakte Steyr-Maschinenpistole aus dem Fenster und begann zu feuern. Als er sich der Stelle näherte, trat er abrupt auf die Bremse und brachte den Wagen zum Stehen. Da sah er Mario Lukas, der zusammengekauert hinter dem Kofferraum eines Autos hockte. Duser drückte den Abzug und feuerte den Rest des Fünfundzwanzig-Schuss-Magazins in den breiten Rücken des Mannes. Lukas fiel vornüber und landete mit dem Gesicht nach unten im Rinnstein.
19
Senator Clarks Limousine fuhr auf das Gelände des Congressional Country Club und rollte die Zufahrt entlang, von wo aus man den noblen Golfplatz überblicken konnte. Der Wagen bog nach rechts ab, und Clark sah vier Golfer an der ersten Abschlagstelle stehen. Stirnrunzelnd nahm er sich vor, heute Nachmittag ein paar Termine platzen zu lassen und selbst ein kleines Spielchen einzuschieben. Direkt vor dem Clubhaus blieb die Limousine stehen. Der Senator bedankte sich bei seinem Fahrer und sagte ihm, dass er höchstens eine Stunde brauchen würde.
Clark betrat das Haus und ging nach unten zu dem privaten Meeting Room, den er hatte reservieren lassen. Während er den Gängen folgte, die zu dem Zimmer führten, sah er links und rechts an den Wänden jede Menge Schwarz-Weiß-Fotografien, welche die lange Geschichte des Clubs dokumentierten. Da war unter anderem Präsident Calvin Coolidge zu sehen, der zur Eröffnung im Jahr 1923 gekommen war; Clarks Lieblingsfoto zeigte den Golfplatz während des Zweiten Weltkriegs, als die Anlage zu einem Ausbildungscamp für OSS-Spione umfunktioniert worden war.
Clark trat in den fensterlosen Meeting Room ein, wo Abgeordneter Rudin und Außenminister Midleton in eine hitzige Debatte vertieft waren. Clark begrüßte die beiden und ging zum Büfett, um sich einen Bagel und eine Schüssel Müsli zu nehmen. Bevor er sich setzte, nahm er sich noch ein Glas Preiselbeersaft. Er wusste, dass es an ihm hängen bleiben würde, das Frühstück für alle drei zu bezahlen. Sowohl Rudin als auch Midleton waren Mitglieder des Clubs, doch in den über zwanzig Jahren, die Clark die beiden jetzt kannte, hatte er noch nie erlebt, dass sie einmal irgendjemanden eingeladen hätten. Beide waren sie von weitaus noblerer Herkunft als Clark, der von zwei Alkoholikern großgezogen worden war – doch trotz der sozialen Kluft zwischen ihnen war Clark der bei weitem betuchteste der drei Männer. Mit einem Vermögen jenseits der hundert Millionen Dollar gehörte Clark zu den fünf reichsten Politikern in Washington. Midleton hatte wohl sein wertvolles Anwesen, das ihm seine Eltern vererbt hatten und das rund acht Millionen Dollar wert war, was nach heutigen Maßstäben jedoch eher bescheiden war. Midleton war stolz darauf, dass er das Kapital seines Erbes nie angerührt hatte; das Geld wurde von derselben Bank verwaltet, die sich schon um das Geld seines Urgroßvaters gekümmert hatte. Clark hatte ein paar Erkundigungen eingeholt; Midletons Wertpapierbestände hatten im vergangenen Jahrzehnt einen lächerlichen Ertrag von acht Prozent aufgewiesen. Der Außenminister schien sein Geld auf sehr konservative Weise anzulegen.
Abgeordneter Rudin war schon ein wenig wohlhabender. Nachdem er bereits vierunddreißig Jahre dem Kongress angehörte, hätte er jederzeit in den Ruhestand treten können und seinen eher bescheidenen Lebensstandard mit Leichtigkeit halten können. Noch vor zwei Jahren hatte seine steuerbegünstigte Altersvorsorge einen Stand von achthunderttausend Dollar aufgewiesen. Clark konnte ihn schließlich mit größter Mühe überreden, das Geld seinen Finanzmanagern anzuvertrauen, die aus den achthunderttausend Dollar binnen kürzester Zeit 1,7 Millionen machten. Dennoch war Rudin bis heute kein Dankeschön über die Lippen gekommen; er hatte Clark noch nicht einmal auf einen Drink eingeladen.
Es hatte eine Zeit gegeben, wo Clark von einem solchen Verhalten sehr gekränkt gewesen wäre – doch heute stand der Senator aus Arizona längst über solchen Dingen. Er hatte eher Mitleid mit den beiden Männern, die jedes Mal nervös wurden, wenn der Kellner die Rechnung brachte. Es
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