Die Entscheidung
Laos aktiv gewesen, wo er Aufträge durchgeführt hatte, über die bis heute niemand sprach. Als Stansfield Direktor der Agency wurde, holte er Salmen zurück und nahm ihn in seinen engsten Kreis auf. Jetzt, da Stansfield nicht mehr lange zu leben hatte, sah es auch für ihn düster aus. Der einzige Grund, warum Salmen sich das alles noch antat, war sein Pflichtgefühl gegenüber den Leuten, die draußen an vorderster Front den Kopf hinhielten. Er musste alles tun, um sie zu schützen und ihnen diese Bürokraten vom Leib zu halten. Und es gab noch einen anderen Grund. Stansfield hatte ihn gebeten, zu bleiben und die Lage im Auge zu behalten – genauer gesagt wollte er, dass Salmen auf Irene Kennedy aufpasste.
Schließlich ging die Tür zum Büro des Direktors auf, und Jonathan Brown trat ein. Der stellvertretende Direktor war die Nummer zwei in der CIA. Theoretisch mussten sich die Leiter der vier Abteilungen an ihn wenden, wenn es irgendein Problem gab – doch Salmen hatte bei dem Spielchen nie mitgemacht; er war immer gleich zu Stansfield gegangen, wenn er etwas auf dem Herzen hatte. Brown sah das nicht so gern, und deshalb wusste Salmen, dass er so gut wie weg war, sobald Stansfield nicht mehr lebte. Doch bis dahin würde er versuchen, die Aufmerksamkeit der Bürokraten auf sich zu ziehen und von Irene Kennedy abzulenken.
Brown setzte sich ans Kopfende des Tisches und blickte mit der üblichen dramatischen Gebärde in die Runde. Da Irene Kennedy in der Regel mit überaus heiklen Dingen befasst war, wandte sie sich nur selten an den stellvertretenden Direktor. An und für sich hatte sie kein Problem mit ihm; Brown war ein fähiger Mann, der seinen Job bestens erledigte. Unter anderen Umständen wäre er ein guter Direktor der CIA gewesen – doch er war nun einmal ein Mann von außerhalb, ein früherer Staatsanwalt und Richter. Er verdankte seinen Job bei der CIA einer Hand voll Politiker im Kongress, die sich für ihn eingesetzt hatten. Deshalb gehörte seine Loyalität ihnen und nicht unbedingt der Agency.
Irene Kennedy wurde öfter zu derartigen Sitzungen gebeten, als ihr lieb war. Innerhalb der vier Hauptabteilungen gab es über dreißig Büros respektive Einheiten. Davon war die Abteilung für Terrorbekämpfung diejenige, die die meiste Aufmerksamkeit erhielt. Irene Kennedy konnte sich schon vorstellen, warum man sie so kurzfristig aus der Anti-Terror-Zentrale gerufen hatte – und sie war über diese Sitzung nicht gerade glücklich. In der CIA war es eigentlich nicht üblich, dass jedes Spezialproblem offen diskutiert wurde. Wenn Brown über die Vorfälle in Deutschland reden wollte, dann wäre es nicht nötig gewesen, die Abteilungen Science and Technology und Administration mit an den Tisch zu holen.
Brown räusperte sich und schien zu überlegen, wie er beginnen sollte. »Ich habe soeben einen Anruf von dem Abgeordneten Rudin bekommen«, sagte er schließlich mit besorgter Miene. »Er hat mich gefragt, ob wir Näheres darüber wissen, was am vergangenen Wochenende in Deutschland vorgefallen ist.«
Die Ermordung von Graf Hagenmüller war in den vergangenen Tagen zu dem bestimmenden Thema geworden, das auch innerhalb von Langley eifrig diskutiert wurde. Die drei Hauptverdächtigen waren die Vereinigten Staaten, Israel und der Irak. Mittlerweile standen auch die Briten, die Franzosen und sogar die Deutschen auf der Liste. Den Briten traute man es zu, weil sie eben die Briten waren und solche Dinge besser und länger machten als alle anderen. Die Franzosen waren verdächtig, weil sie, so hieß es, den Deal mit dem Irak selbst gern gemacht hätten. Und die Deutschen, so sagten manche, könnten den Grafen getötet haben, weil er das Land in Misskredit brachte. Irene Kennedy hatte nichts gegen all diese Vermutungen; je mehr spekuliert wurde, umso besser. Schließlich ging es bei der ganzen Operation auch darum, eine Botschaft an alle zu schicken, die sich mit Saddam einließen. Es schadete jedenfalls nichts, dass auch andere Regierungen verdächtig waren.
Brown blickte zu Irene Kennedy hinüber. »Und er würde Sie gerne morgen früh vor seinem Ausschuss sehen, Irene.«
Salmen stöhnte hörbar auf. »In Ordnung. Will er etwas Bestimmtes?«, erkundigte sich Irene Kennedy.
»Das hat er nicht gesagt. Er hat mir nur gesagt, ich soll Sie daran erinnern, dass Sie unter Eid aussagen würden.«
Salmen fand die ganze Sache ziemlich lächerlich. »Das ist doch ein Witz!«, warf er ein.
Brown hatte für solche
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