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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Muchamore
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früh!«, verkündete ein Wärter und fügte dann hinzu: »Noch mehr Lärm und ihr anderen könnt ihm Gesellschaft leisten!«
    Schaudernd umklammerte Aizat die Gitterstäbe. Er hatte eine Menge Bücher über Philosophie gelesen und über Guerillas und Freiheitskämpfer, die im Gefängnis gewesen waren. Auf dem Papier wirkte das heldenhaft, aber in diesem Moment der nackten Hilflosigkeit hatte Aizat einfach nur entsetzliche Angst.

    Um sich nicht verdächtig zu machen, wenn sie das Diner übereilt verließ, blieb Helena noch im Speisesaal und versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. Die Journalisten schienen sich einig zu sein, dass die Flugblatt-Aktion ein langweiliges Essen aufgepeppt und sie wahrscheinlich davor gerettet hatte, sich noch weitere Reden anhören zu müssen.
    Das Flugblatt selbst machte keinen großen Eindruck und Helena fragte Jenny nach ihrer Meinung.
    Â»Die Einheimischen rühren jedes Mal die Trommel, wenn irgendwo eine Einrichtung für Touristen eröffnet wird«, erzählte Jenny. »Man hat Mitleid mit diesen Menschen, aber der Ausbau geht weiter. Irgendein Fettsack wie Abdullah verdient sich einen Wolf und ein paar Einheimische werden übers Ohr gehauen.«

    Â»Aber es muss doch einen Weg geben, den Tourismus auszubauen, ohne die Einheimischen zu schädigen«, meinte Helena und drehte das Flugblatt in den Händen.
    Â»Ich bin sicher, dass es einen gibt, meine Liebe«, sagte Jenny und klopfte Helena gönnerhaft auf die Schulter. »Aber ich habe drei Jahre lang über den Krieg auf dem Balkan berichtet. Ich hatte bescheidenes Essen, dreckige Unterwäsche und mein Herz am rechten Fleck. Nur  – mit all meinen Worten konnte ich absolut nichts ausrichten, und wenn man das Glück hat, bei einer so schicken Nummer wie dieser hier zu landen, rate ich dir, das zu schreiben, was dein Herausgeber lesen will, die Handtücher zu klauen und nicht weiter nachzufragen.«
    Helena gefiel Jennys zynische Haltung nicht, aber nach ihren enttäuschenden Erlebnissen der letzten beiden Tage konnte sie sie verstehen.
    Ein etwas älterer Journalist, der Helena bereits ein paar Mal angesprochen hatte, wünschte ihr Gute Nacht. Als er ging, nutzte sie die Chance, es ihm gleichzutun. Vorsichtig betrat sie ihr Zimmer und erwartete halb, auf einen Cop zu stoßen, der sie verhaftete, oder die beiden Aktivistinnen im Badezimmer kauern zu sehen.
    Doch als sie das Licht anschaltete, schien alles in Ordnung zu sein. Erst als sie weiterging, sah sie, dass ihre Ersatzschlüsselkarte vor dem Fernseher lag, zusammen mit einer kurzen Notiz.
    Haben uns ein paar Sachen geborgt. Danke!

    Helena stellte fest, dass der Schrank durchwühlt war. Zwei Jeans, ein leichter Mantel und ihre schwarzen Pumps fehlten. Sie kam sich irgendwie ausgenutzt vor. Sie freute sich zwar, dass die Aktivistinnen davongekommen waren, aber sie hatte selbst nicht viel Geld und lange auf die eine Jeans, die ein Designerstück war, sparen müssen.
    Immerhin hatten sie ihre Overalls mitgenommen und ihr keine Masken oder andere Beweise dagelassen, die sie entsorgen musste. Die Balkontüren standen offen, und Helena sah, dass es für Noor und ihre Begleiterin kein Problem gewesen war, über den Balkon zum Strand zu flüchten. Allerdings verfügte ein Luxushotel wie das Regency Plaza mit Sicherheit über Überwachungskameras. Sie vermutete, dass es auch Aufnahmen davon gab, wie die beiden ihr Zimmer betraten.
    Sie dachte an Michael Stephens’ Blick unten im Speisesaal und fragte sich, ob es nicht am besten wäre, auf der Stelle zu packen und zu verschwinden. Aber an diesem entlegenen Ort in Langkawi konnte man sich nicht einfach unauffällig ein Taxi rufen, und sie hatte gerade mitangesehen, wie die einzige Person mit einem Boot, die sie hier kannte, von der Polizei verschleppt worden war.
    Aber was würde geschehen, wenn man sie verhaftete? Wie ging das vor sich? Würden ihr die anderen Journalisten helfen, wenn sie davon erfuhren? Wie sollte sie einen Anwalt bekommen? Würde sie in Malaysia
überhaupt einen Anwalt kriegen? Würde die britische Botschaft sie retten?
    Helena hatte zwar einen Abschluss in Jura, aber der nutzte ihr hier gar nichts. Sie wünschte, sie hätte einen Laptop mit Internetverbindung, um etwas zu recherchieren, aber so was überstieg ihre finanziellen Mittel. Sie hatte geplant, ihren

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