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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Sir!«
    Bolitho entschloß sich. »Kurs zwei Strich Steuerbord.« Zu Tyrell gewandt, fügte er langsam hinzu: »Ich hasse es, in Buchten wie diese einzufahren. Ich fühle mich auf offener See sicherer.«
    Der Leutnant seufzte. »Aye. Der Chesapeake ist in vieler Hinsicht gefährlich. Von Norden nach Süden mißt er an die einhundertvierzig Meilen. Sie können ein ziemlich großes Schiff ohne allzuviel Mühe bis hinauf nach Baltimore segeln. Aber in der Breite sind es weniger als dreißig Meilen, und das nur an der Stelle, wo der Potomac zufließt.«
    Buckle rief: »Kurs Südwest liegt an, Sir.«
    »Sehr gut.«
    Bolitho beobachtete, wie das am nächsten liegende Vorgebirge von Cape Charles seinen bronzenen Kamm verlor, als die Sonne endgültig hinter den Hügeln verschwand.
    »Lassen Sie klar zum Gefecht machen, Mr. Tyrell.
    Sicherheit geht vor.«
    Er überlegte kurz, was Farr wohl empfand, der jetzt dem Schatten der Sparrow auf die dunkle Landmasse zu folgen mußte: Zweifel, Bedauern, vielleicht sogar Mißtrauen. Man konnte es ihm kaum verdenken. Es war, als ob man in einem dunklen Keller nach Kohlen tastete.
    Unter seinen Schuhen fühlte Bolitho die Planken beben, das Donnern der Zwischenwände, die niedergerissen wurden, und das Quietschen der Messetische, die von den Geschützen weggezogen wurden. Dies war noch ein Unterschied, den er auf der Sparrow festgestellt hatte: Selbst das Klarmachen zum Gefecht hatte eine bestimmte Intimität, die es auf einem Linienschiff nicht gab. Auf der Trojan waren die Mannschaften an ihre Plätze geeilt, getrieben vom Stakkato der Trommeln und dem Klang des Signalhorns. Manchmal kannte man die Männer nicht einmal dann, wenn sie in der eigenen Wache oder Abteilung dienten. Hier aber war es ganz anders. Die Männer nickten einander zu, als sie zu ihren Stationen rannten, tauschten hier ein Grinsen, dort einen kurzen Händedruck. In vieler Hinsicht war dadurch der Tod schwieriger zu akzeptieren, wurden die Schreie eines Mannes zu persönlich, um sie zu ignorieren.
    »Klar zum Gefecht, Sir.«
    »Gut.« Bolitho griff in die Wanten und musterte die winzigen, federleichten Brandungswellen querab. »Ändern Sie den Kurs um einen weiteren Strich.«
    »Aye, Sir.« Buckle brummte mit seinen Rudergängern, dann: »Südwest zu Süd liegt an, Sir.«
    »Kurs halten.«
    Er ging ruhelos unter dem großen Besansegel hin und her, sah dabei ein schwaches Glühen am Baum, den Widerschein vom Kompaß.
    Es waren schon viele Sterne am samtenen Himmel, und in einigen Stunden würde auch der Mond aufs Wasser scheinen. Aber dann mußte er schon in der Bucht sein.
    Tyrell kam zu ihm ans Ruder. »Ein komisches Gefühl: Meine Schwester wird kaum mehr als fünfzig Meilen von der Stelle entfernt sein, auf der ich stehe. Ich kann mich noch ganz genau erinnern: der York River, das Plätzchen im Wald, wo wir als Kinder zusammen hinzugehen pflegten ...« Er drehte sich um und sagte scharf: »Fallen Sie einen Strich ab, Mr. Buckle! Mr. Bethune, nehmen Sie einige Leute mit nach vorn, und trimmen Sie das Focksegel nochmals!« Er wartete, bis er mit der Stellung des Schiffs zur nächsten Landzunge zufrieden war, und fuhr fort: »Es ist wirklich rundherum komisch.«
    Bolitho stimmte zu. Nach den ersten Wochen hatte er nicht viel an Susannah Hardwicke gedacht. Jetzt, als er sich das unbekannte Mädchen vorstellte, draußen in der Dunkelheit hinter dem gelegentlich aufzuckenden Geschützfeuer, wurde ihm klar, wie sehr sie alle einander verbunden waren. Tyrells Schwester und Graves' geheime Sehnsucht nach ihr. Dalkeiths Ehrenhändel, die ihn seine Karriere und fast sein Leben gekostet hatten. Und er selbst? Er war überrascht festzustellen, daß er sich noch immer nicht ohne Bedauern und ein Gefühl des Verlustes an Susannah erinnern konnte.
    Als er wieder aufschaute, bemerkte er, daß Cape Charles schon im Schatten untergetaucht war. Ein schneller Blick zu Tyrell hin beruhigte ihn. Er schien entspannt zu sein, sogar fröhlich, wie er so auf seinem Platz stand, von dem aus er den Kompaß und die Stellung des Besansegels über sich sehen konnte. Wenn diese tückische Untiefe nicht gewesen wäre, hätten sie mit vier Meilen Raum auf jeder Seite frech zwischen den beiden Kaps hindurchsegeln können.
    Tyrell sagte: »Wir werden mit Ihrer Erlaubnis den Kurs wieder ändern, Sir.«
    »Das Schiff ist in Ihren Händen.«
    Tyrell grinste. »Aye, aye, Sir.« Er rief zu Buckle hinüber: »Steuern Sie genau West zu Nord!«
    Dann formte

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