Die Entscheidung liegt bei dir!
ans Examen, der Trainee an den Vorstandsjob und der Vorstandsvorsitzende daran, sich »zur Ruhe zu setzen«, um seine Hobbys zu pflegen. Viele stellen sich, unbekümmert der Reichtümer, die sie umgeben, auf die Zehenspitzen, um in die Zukunft zu sehen.
Fragen Sie sich selbst: Können Sie ein Ziel überhaupt erreichen? Nein, das können Sie nicht. Ein Ziel können Sie – als Ziel – eigentlich nur zerstören. Sie haben vielleicht irgendwann den Führerschein gemacht, das Haus endlich fertiggestellt, Ihren Traumpartner geheiratet. Aber dann machen viele »vorausschauende« Menschen eine eigenartige Erfahrung: diese Leere, sobald sie es endlich geschafft haben. Und was tun sie dann? Sie suchen sich ein neues Ziel. Sie laufen wieder irgendeinem ideal gedachten Zustand hinterher. Sie sind nie da, wo sie sind – mit dem Kopf sind sie immer woanders.
Ein Ziel erreichen heißt: sich ein neues suchen. Weiter! Weiter! Der Volksmund sagt: Wer Ziele hat, hüte sich, sie zu erreichen. Auf zur nächsten Runde! Und äußerlich sehr erfolgreiche Menschen kennen das: Erfolg macht traurig.
Das Klügste, was ich je über dieses Thema gelesen habe, stand in großen Lettern über dem Tresen einer Essener Kneipe: Morgen gibt’s Freibier!
Die Kneipe ist immer voll.
|185| Nutze den Augenblick!
Wer zu viel erwartet, was künftig sein
soll
, der übersieht, was an Gutem schon da
ist
. Er macht sich permanent unglücklich, weil er das Jetzt als unzureichend erlebt. Wie gesagt: Anspruch ist Ablehnung.
Sein Leben aufzuteilen in das,
was ist, und das, was sein sollte,
ist Selbstbetrug.
Für ein geglücktes Leben ist es sehr praktisch, zu sehen, dass es für das Erleben streng genommen nur den Schwebepunkt der Gegenwart gibt. Der Augenblick stellt den einzigen Berührungspunkt mit der Wirklichkeit dar, ja er
ist
die gesamte Wirklichkeit. Die Vergangenheit ist vergangen, und Zukunft wird es im bewussten Erleben des Einzelnen nie geben. Sie wird, wenn sie erlebt wird, immer Gegenwart sein. »Tomorrow never comes.« Wer aber nie gelernt hat, seine Energie im Hier und Jetzt zu konzentrieren, wird auch diese spätere Gegenwart nicht wirklich bewusst erleben. Ein altgriechischer Lehrsatz lautet: »Das Leben des Toren ist undankbar und angsterfüllt; es entrinnt zur Gänze in die Zukunft.«
Eine der schwersten Übungen: die Gegenwart zu erleben. Viele Menschen laufen beständig vor ihr fort, rennen ihr nach, träumen sich in rosige Zeiten, weite Fernen, goldene Zukünfte, müssen das Alte bereinigen, etwas Vergangenes verarbeiten, verfehlen das Jetzt, tanzen immer daran vorbei, fallen ihm selten in die Arme, erwischen es fast nie am Schopf. »Ich bin doch schon 50!« Diese Vorstellung sagt, dass es zu spät oder alles, was bisher gewesen ist, gleichsam »umsonst« |186| gewesen sei. Das entspricht einer linearen, auf ein und genau dieses Ziel hin orientierten Lebenseinstellung.
Sie können aber auch sagen: »Ich bin doch
erst
50!« Praktisch für eine solche Perspektive ist eine eher zirkuläre, kreisförmige Lebensvorstellung, die nicht »irgendwo ankommen will«, sondern den Weg zum Ziel erklärt. Für eine solche Einstellung gibt es auch keinen »Fortschritt« im Sinne von »besser«, sondern nur im Sinne von »anders«.
Fühlen Sie sich selbst als ein lebendes Beispiel für »zu wenig«, »zu spät«? Welche Ihrer Möglichkeiten haben Sie bisher ungenutzt gelassen? Sie haben zu jedem Zeitpunkt Ihres Lebens die Chance, Entscheidungen zu treffen und anderes aus sich entstehen zu lassen. Allein dieser Gedanke gibt Ihnen die Kraft, mit wichtigen Veränderungen zu beginnen. Nicht die Frage »Wer bin ich?« führt ins Offene, sondern »Wer könnte ich auch noch sein?«. Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer der, der er schon ist.
Erinnern Sie sich an die Zeit, als Sie etwa 25 Jahre alt waren? Sie hatten vielleicht schon ein paar Semester studiert und nach einigen Zweifeln endlich erkannt, dass dieses Studium nicht das Richtige für Sie war. Für einen Wechsel aber fühlten Sie sich schon damals zu alt: »Ich kann doch jetzt nicht nochmal von vorn anfangen.« Aus heutiger Sicht aber erscheint Ihnen die Person, die Sie damals waren, geradezu blutjung. Alles war möglich. Ist es heute anders? Betrachten Sie sich heute aus der Perspektive eines 20 Jahre Älteren: Ist dann nicht immer noch alles möglich? »Aber wenn ich jetzt noch anfange, Jura zu studieren, bin ich, wenn ich fertig bin, 45 Jahre alt!« Gegenfrage: »Wie alt werden
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