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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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gewiss eine Verbesserung dar, weil er jetzt ein Bad hatte und nicht mehr frieren musste. Aber die Tür war nach wie vor fest verschlossen und ließ sich nur von außen öffnen.
    George betrachtete betrübt seine Handgelenke. Die schöne Heilerin hatte gute Arbeit geleistet. In den letzten Tagen waren die Wunden gut verheilt und es ging ihm schon wieder sehr viel besser. Aber er wollte gar nicht, dass es ihm besser ging. Er wollte, dass es endlich vorbei war. Er wollte die Augen zu machen und nie wieder öffnen, damit er endlich keine Angst mehr haben musste. Jedes Mal, wenn jemand zu Besuch kam, befürchtete er, dass sie ihn aus dem Zimmer zerren und den Dorfbewohnern zum Fraß vorwerfen würden. Wenn es dann Swana war, die ihn mit Mady besuchte, wäre er jedes Mal am liebsten in Tränen ausgebrochen.
    George sah sich um. Swana hatte zwar alle spitzen Gegenstände aus dem Raum und aus dem Bad entfernt, aber es musste doch eine andere Möglichkeit geben, um sein Leben zu beenden.
    In dem Zimmer gab es einen kleinen Stuhl und oben an der Decke hing ein Kerzenleuchter, der offenbar fest verankert war. Nachdenklich sah George an sich herunter und griff an seinen Gürtel. Mit etwas Glück könnte das tatsächlich funktionieren.
    Als Laney nach einem weiteren Ausflug mit Einar zurück in Viktorias Haus kam, stellte sie fest, dass Darrek ausgegangen war. Sein Arm war inzwischen wieder voll funktionsfähig, insofern gab es keinen Grund mehr für ihn, das Bett zu hüten.
    Vielleicht half er ja draußen bei den Vorbereitungen. Laney fand das verrückt. Niemals zuvor hatte sie gesehen, dass in einem Dorf so viel Aufwand um ein paar Gäste gemacht wurde. Es schien, als wären die Outlaws wild entschlossen, das gesamte Dorf so festlich zu schmücken wie irgend möglich. Vielleicht war das ihre Art, Darrek dafür zu danken, dass er beschlossen hatte, ihnen bei ihrem Problem zu helfen. Nun gut. Eigentlich war es nicht einfach nur ein Problem, sondern eine Heimsuchung. Ein riesiges Drama. Eine Tragödie.
    Vielleicht verstand Laney doch ganz gut, warum die Dorfbewohner das Bedürfnis hatten, Darrek das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten.
    So schnell sie konnte, eilte Laney an der geschlossenen Tür zu Georges Zimmer vorbei. Sie hatte den jungen Mann noch nicht wieder besucht, seitdem sie seine Wunden genäht hatte. Das hatte sie einfach nicht über sich gebracht. Es war etwas anderes gewesen, im Krankenhaus mit Hospizpatienten umzugehen. Gegen eine Krankheit war man manchmal einfach machtlos. Aber George näher kennenzulernen und gleichzeitig zu wissen, dass es ihr nicht zustand, für sein Leben einzutreten, das ertrug nicht einmal sie.
    Sie huschte zu ihrem eigenen kleinen Zimmer und wollte gerade die Tür öffnen, als sie aus Georges Zimmer ein lautes Krachen vernahm. Es schepperte und klirrte, gefolgt von einem schmerzerfüllten Stöhnen.
    Sofort waren alle selbstsüchtigen Gedanken vergessen und Laneys Helferinstinkt nahm wieder überhand. Ohne lange darüber nachzudenken, schloss sie die Tür auf und stürzte zu George ins Zimmer.
    „Oh George“, rief sie und wusste nicht so recht, ob sie lachen oder weinen sollte. „Das war nun wirklich eine dämliche Idee.“
    Der junge Mann hatte tatsächlich versucht sich zu erhängen. Und zwar mit seinem Gürtel, den er an den Deckenleuchter gebunden hatte. Nur leider hatte der Leuchter Georges Gewicht nicht ausgehalten und er war mitsamt der Halterung zu Boden gegangen.
    Mit geschickten Händen befreite Laney den Menschen von den Kerzen, die überall auf ihm verteilt lagen, und durchtrennte mit ihren Zähnen den Gürtel, der seinen Hals umschloss.
    Als sie seinen ängstlichen Blick sah, stieß sie einen ungeduldigen Seufzer aus.
    „Ich werde dich nicht beißen“, versprach sie. „Bei allen Dingen, die ich machen könnte, wäre das vermutlich das Dämlichste.“
    George hustete ein paar Mal und rappelte sich dann auf. In seinen Augen stand Resignation. Laney half ihm, zum Bett zu kommen, wo er sich deprimiert auf die Decke fallen ließ.
    „Warum wäre das so dämlich?“, fragte er dann. „Ist mein Blut etwa nicht gut genug für dich?“
    „Oh nein. Dein Blut ist sicher ganz prächtig. Aber beißen darf ich dich trotzdem nicht.“
    Laney öffnete leicht den Mund und tippte an ihre spitzen Zähne.
    „In den Babys hier fließt Gift. Und mit diesem Gift würde ich dich binnen weniger Tage in einen Kaltblüter verwandelt haben.“
    „Kaltblüter? So kalt seid ihr doch gar

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