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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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kämpfte sich auf ihr Gesicht zu, das unablässig weiter zurückwich wie der Baumwipfel. Die Bäume glitten immer noch vorüber, doch gleichmäßig jetzt, als hätten sie das seit eh und je getan. Er sprach zu ihr durch Nebelschleier. »Ich bin einer von den Neuen.«
    Das machte ihn hüpfen und springen. Dann schlenderte er über die Lichtung und wähnte, den langsamen, schwankenden Gang der neuen Gefährten nachzuahmen. Es erstand ihm das Bild, daß Fa seinen Finger abschneiden müsse. Er taumelte auf der Lichtung umher und suchte sie, um ihr das zu sagen. Er fand sie hinter einem Baum nahe beim Fluß, und sie war krank. Er erzählte ihr von der Alten im Wasser, aber sie achtete seiner nicht; da ging er zu dem zerbrochenen Stein zurück und leckte die Reste des fauligen Honigs ab. Die Gestalt auf dem Boden verwandelte sich in den Alten, und Lok sagte ihm, daß der neuen Gefährten jetzt einer mehr sei. Dann war er auf einmal sehr müde, so daß der Erdboden ganz weich wurde und die Bilder in seinem Kopf umeinandertanzten. Er erklärte dem Alten, daß Lok jetzt zur Höhlennische zurückgehen müsse, doch das brachte ihm trotz seines wirbeligen Kopfes zum Bewußtsein, daß es keine Höhlennische mehr gab, und da begann er zu klagen, laut und hemmungslos, und das Klagen tat ihm wohl. Er sah, daß die Bäume auseinanderstrebten, wenn er hinblickte, und nur mit einer großen Anstrengung wieder zusammengebracht werden konnten, zu der er nicht die Kraft hatte. Dann war auf einmal nur noch Sonnenlicht da und die Stimmen der Holztauben vor dem Donnerschleier des Wasserfalls. Er lehnte sich mit offenen Augen zurück und betrachtete das seltsame Flechtwerk, das die verdoppelten Äste auf dem Himmel machten. Seine Augen fielen von selbst zu, und er stürzte hinab über eine Klippe aus Schlaf.

XI
    Fa schüttelte ihn.
    »Sie gehen fort.«
    Hände, die nicht Fas Hände waren, hielten seinen Kopf umklammert und verursachten einen heißen Schmerz. Er stöhnte und wälzte sich zur Seite, um den Händen zu entkommen, doch sie ließen nicht los und drückten weiter, bis der Schmerz innen in seinem Kopf war. »Die Neuen gehen fort. Sie schleppen ihre hohlen Stämme über den Hang zur Terrasse hinauf.« Lok schlug die Augen auf und jaulte vor Schmerz, denn ihm war, als blicke er geradewegs in die Sonne. Wasser rann ihm aus den Augen und loderte wie Feuer zwischen den Lidern. Fa schüttelte ihn noch einmal. Er ertastete mit Händen und Füßen den Erdboden und richtete sich halb auf. Sein Magen zog sich zusammen, und plötzlich war er krank. Sein Magen führte sein eigenes Leben; er stieg ihm in hartem Knoten zum Hals, wollte mit diesem schlimmen Honigzeug nichts zu tun haben und wies es von sich. Fa sprach dicht an seiner Schulter. »Mein Magen war auch krank.«
    Er drehte sich wieder herum und richtete sich mühsam ein weiteres Stück auf, ohne die Augen zu öffnen. Er fühlte, wie das Sonnenlicht auf der einen Seite seines Gesichts brannte.
    »Sie gehen fort. Wir müssen das Junge zurückholen.« Lok zwängte die schweren, verklebten Lider auseinander um zu sehen, was mit der Welt vorgegangen war. Sie war heller. Die Erde und die Bäume bestanden nur aus Farbe und schwankten hin und her, so daß er die Augen wieder schloß.
    Eine Weile sagte sie nichts. Lok begriff, daß die Hände, die seinen Kopf umspannten, nicht außen waren, sondern innen, und sie drückten so fest zu, daß er das Blut durch das Hirn pulsen fühlte. Er schlug die Augen auf, blinzelte, und die Welt beruhigte sich ein wenig. Die blendenden Farben waren immer noch da, aber sie schwankten nicht mehr. Vor ihm lag die Erde braun und rot, die Bäume waren silbern und grün, und die Äste bedeckte Gesprüh grünen Feuers. Er hockte sich hin, blinzelte und fühlte, wie empfindlich sein Gesicht war, während Fa weitersprach.
    »Ich war krank, und du wolltest nicht aufwachen. Ich bin gegangen und habe gesehen, was die Neuen machen. Ihre hohlen Stämme sind den Berg hinaufgekrochen. Die Neuen haben Angst. Sie bewegen sich wie jemand, der Angst hat. Sie schleppen und schwitzen und schauen sich um zum Wald. Aber es ist keine Gefahr im Wald. Sie haben Angst vor der Luft, in der doch nichts ist. Jetzt müssen wir ihnen das Junge abnehmen.« Lok stützte sich zu beiden Seiten mit den Händen auf die Erde. Der Himmel war hell, und die Welt gleißte vor Farbe, aber es war immer noch die Welt, wie er sie kannte.
    »Wir müssen ihnen Liku abnehmen.« Fa sprang auf und lief um die

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