Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
an.
»Spät? Was meinst du?«
»Äh«, ließ Charlie verlauten. »Na ja, wann geht morgen früh die Sonne auf und wie lange ist das noch hin? Biarn starrte Charlie fassungslos an.
»Du meinst, du kannst die Sterne nicht lesen?« Charlie wusste nicht was sie sagen sollte, sie stand einfach nur da und ließ die Arme baumeln. Sterne lesen? Gab es hier etwa keine Uhren? Biarn seufzte. Er sah Charlie etwas irritiert entgegen.
»Ich habe keine Zeit, dir jetzt die Sterne zu erklären. Ich komme morgen vor Sonnenaufgang vorbei und wecke dich!« Mit diesen etwas rauen Worten und einer nicht ganz fröhlichen Miene machte Biarn auf dem Absatz kehrt und ließ Charlie alleine.
Als Charlie wieder alleine war, begann sie ihre neue Bekleidung genauer zu untersuchen. Hose und Hemd waren dünn aber dicht gewebt. Der Umhang und die Decke bestanden zwar aus demselben Stoff, waren aber wesentlich dicker und kräftiger. Die Fäden der Decke waren sogar noch ein wenig dicker als die des Umhanges. Die Schuhe waren aus weichem, dunkelbraunem Leder. Auch die Sohle - sie war einfach nur viel dicker und härter als der Rest.
Charlie zog sich aus und probierte ihre neue Ausstattung. Sie schaute kritisch an sich hinunter. Hose und Hemd waren ein ganz klein wenig zu groß aber sonst sehr bequem. Die Schuhe passten sogar nahezu perfekt. Ihre eigene Unterhose und das Shirt Protectet by Witchcraft behielt sie unter der neuen Garderobe an. Nach einigen Überlegungen verstaute sie ihre Jeans und ihren Kapuzenpullover im Rucksack. Der war jetzt mehr als voll und Charlie hatte Schwierigkeiten mit dem Reißverschluss. Ihre Halbschuhe knotete sie mit den Schnürsenkeln an der Seite des Rucksackes fest.
Nach getaner Arbeit öffnete Charlie vorsichtig das kleine Bündel, in dem sich laut Biarn etwas zu essen befinden sollte. Sie wickelte das Seidentuch auf und heraus fiel ein Laib Brot, ein Stück getrockneter Schinken und vier Früchte. Zumindest nahm Charlie an, dass es sich um Früchte handelte. Sie hielt eines dieser eierförmigen Dinger hoch und drehte es misstrauisch hin und her. Die Frucht war groß wie eine Faust und feuerrot mit orangen, warzenförmigen Knubbeln auf der Haut. Aus diesen orangen Knubbeln wuchsen dünne braune Fransen. Sie sahen aus wie kleine Haarbüschel. Charlie quetschte vorsichtig an der Frucht. Ihr Daumen hinterließ eine breite Druckstelle. Weich , dachte sie. Hm, muss man die jetzt schälen, oder ist die Schale essbar wie beim Apfel? Charlie warf noch einen misstrauischen Blick auf die Warzen-Haar-Büschel und entschied sich prompt fürs Schälen. Mit ihrem Messer entfernte sie vorsichtig die Haut der Frucht. Sie saß ähnlich fest, wie bei einer Kiwi. Der rote Saft der Frucht rannte ihr über die Finger. Dann schnitt Charlie ein kleines Stück ab und schnüffelte daran. Es roch süßlich. Charlie biss ein klitzekleines Stück ab und kaute vorsichtig. Der süßsäuerliche Geschmack der Frucht breitete sich schlagartig in ihrem Mund aus. Das Obst war sehr saftig und schmeckte wirklich gut, fand Charlie. Während sie genüsslich die restliche Frucht verzehrte, schnitt sie sich ein Stück Brot und ein Stück Schinken ab. Den Rest verpackte Charlie wieder in dem Seidentuch und presste es in eine der Seitentaschen des Rucksackes. Das Brot war grob und schmeckte nussig. Der Schinken war etwas salzig aber ebenfalls sehr lecker. Er schmeckte so ähnlich wie Rehschinken. Charlie hatte oft Reh gegessen. Einer ihrer Pflegeväter war begeisterter Jäger gewesen. Die Gefriertruhe war aufgrund dessen stets gerammelt voll mit Reh, Elch und Kaninchen. Auch wenn ihr der blutrünstige Jagdeifer ihres Pflegevaters sehr zuwider gewesen war - er jagte aus Lust und nicht aus Hunger - hatte Charlie zumindest immer genügend zu essen bekommen. Sie hatte sogar, ob Reh, Elch oder Kaninchen, zugeben müssen, dass es ihr schmeckte. Sie aß eben gerne Fleisch.
Gedankenverloren vor sich hin kauend, saß Charlie auf ihre r Heumatratze. Ab und zu trank sie einen Schluck aus ihrer Wasserflasche, die sie mit klarem Wasser aus dem plätschernden Bach vollgefüllt hatte.
In dem fensterlosen Schuppen war es seit einiger Zeit wieder stockdunkel, der Mond war weitergewandert. Charlie lag, einen Arm als Stütze im Nacken, auf dem Rücken und betrachtete die Sterne durch das Loch im Dach. Sie war müde. Der lange Marsch durch das unbekannte Gelände, die seltsame Begegnung mit dem Tausendfüßler, die Männer im Dorf und nicht zuletzt Biarn, alle diese
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