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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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die Herzöge und Grafen sich damit beschäftigten, das Geld auf ihren rauschenden Festen mit beiden Händen wieder hinauszuwerfen. Nein, wenn ich vor jemandem so etwas wie Respekt empfinde, dann ist es vor den Ringstraßenbaronen, deren Familien sich durch Fleiß hochgearbeitet haben. Wobei es vermutlich nur ihre Väter und Großväter waren, die wirklich mit ihrer Hände Arbeit etwas schufen. Die Generation, die sich ein Palais an der Ringstraße gebaut hat, sonnt sich in ihrem neuen Adelstitel, betreibt Bankhäuser und spekuliert mit dem Geld anderer Leute, bis es eben wieder einmal einen Börsenzusammenbruch gibt.«
    Während sie sprach, half ihr das Kammermädchen aus ihrem Nachtgewand und zog ihr das fast durchsichtige Hemd und die an den Knien gerafften Unterhosen über. Sie schnürte erst das Mieder fest und band dann die Tournüre darüber, die man nach der neusten Mode Cul de Paris nannte. Eine zweite Servientin machte
sich an Ivy zu schaffen, die alles mit abwesender Miene über sich ergehen ließ.
    »Dieses Fest reizt mich heute Nacht überhaupt nicht«, seufzte Alisa, als die Servientin dazu überging, ihr Haar in Locken zu legen und dann in Flechten und Schlingen zu befestigen. Eine weiße Rose und eine Straußenfeder vervollständigten die Frisur.
    »Am liebsten würde ich hier im Zimmer bleiben und ein Buch lesen.«
    »Oder lieber Unterricht haben und deine geistigen Kräfte schulen?«, neckte Ivy.
    »Nein!«, rief Alisa ungewollt heftig. »Auf keinen Fall!« Allein die Vorstellung, mit Franz Leopold den Austausch von Gedanken zu üben, bereitete ihr Übelkeit. Ivy hob erstaunt die Augenbrauen.
    »Ich werde nur noch mit dir üben. Du kannst mir das bestimmt besser beibringen.«
    Ivy sah die Freundin aufmerksam an, fragte aber nicht weiter, woher der plötzliche Sinneswandel kam. Vermutlich wusste sie eh schon wieder über alles Bescheid, dachte Alisa frustriert und wünschte sich einen Moment lang, eine Freundin ohne solche Kräfte zu haben.
    Noch ehe die beiden Vampirinnen fertig angekleidet und frisiert waren, trat Luciano durch die Tür. Sein Frack stand ihm ganz wunderbar, was er aber selbst nicht bemerkte. Er war mit den Gedanken woanders und es brauchte kein Talent zu Geisteskräften, um das zu spüren.
    »Nun, seid ihr bereit?«, fragte er nervös. Vor den Kammermädchen konnte er schlecht über das reden, was ihn so aufwühlte.
    Die Kammerfrau, die die jungen Servientinnen beaufsichtigte, löste eine von Ivys Locken noch einmal, sodass sie sich neckisch über ihrer Schulter ringelte. Prüfend trat sie einen Schritt zurück und begutachtete ihr Werk, dann nickte sie und entließ die Vampirinnen, die sich an Lucianos Arm in die Galerie hinunterbegleiten ließen, wo der Baron und die Baronesse bereits die ersten Gäste begrüßten. Alisas Blick huschte durch den Raum auf der Suche nach Franz Leopold. Sie entdeckte ihn am anderen Ende des Saals. Gut. Der Abstand war groß genug, dass sie nicht aus Versehen seinen
Weg kreuzte. Schnell ließ sie ihren Blick weiterwandern, ehe er merkte, dass sie zu ihm hinübergesehen hatte. Neben ihm stand seine Cousine Anna Christina vor dem Portrait einer Dracas, das Ende des achtzehnten Jahrhunderts entstanden sein musste, wie Alisa aus dem weitausladenden Rokokokleid schloss. Doch so schön die Dame auf dem Gemälde auch war, sie verblasste neben Anna Christinas Erscheinung, die heute sogar ausnahmsweise eine freundliche Miene zur Schau trug. Ganz im Gegenteil zu der verkniffenen Miene Marie Luises. Sie schwänzelte schon wieder um Ivy herum, die natürlich ohne Seymour in der Galerie erschienen war.
    Was starrte die Dracas sie nur so an? Alisa achtete nicht auf die großen Namen, die der Butler bei Ankunft jedes neuen Gastes laut verkündete. Sie sah mit Bestürzung, wie sich auf Marie Luises Gesicht ein triumphierendes Lächeln ausbreitete, das nichts Gutes versprach. Schadenfroh grinsend eilte die Dracas davon.
    Irgendetwas hatte sie entdeckt, das sie sichtlich freute, aber was? Alisa schob sich hinter Ivy und versuchte zu erkennen, was diese Reaktion ausgelöst haben mochte, fand aber keine Erklärung. Sie nahm sich vor, ein wenig über die Dracas zu wachen. Tanzen wollte sie in dieser Nacht sowieso nicht. Mit wem auch? Es gab niemanden, von dem sie sich gern im Walzertakt durch den Saal hätte drehen lassen.
    Doch zuerst wurde zu Tisch gebeten. Die Dracas und die Erben saßen verteilt zwischen den Gästen an der langen Tafel. Ihre Aufgabe war es nicht nur,

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