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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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Menschenfrau ihre besten Jahre bereits hinter ihr, dennoch musste Alisa zugeben, dass ihr Ruf nicht übertrieb. Sie war eine schöne Frau, groß, schlank und stolz, und sie tanzte den ersten Walzer mit dem Kaiser in Anmut. Endlich hob der Zeremonienmeister den Stab und auch die anderen Paare durften auf die Tanzfläche. Wie lange hatte Alisa sich danach gesehnt, noch einmal mit Franz Leopold zu tanzen. Sie wandte sich ihm gerade zu, als jemand an ihrem Ärmel zupfte.
    »Was willst du, Tammo?«
    Ihr Bruder schnitt eine Grimasse. »Ich werde ja wohl nicht darum herumkommen, mit dir zu tanzen, daher bringe ich es lieber gleich hinter mich.«
    »Was für eine herzerfrischende Aufforderung zum Tanz«, kommentierte Franz Leopold mit einem Lachen und bot Ivy den Arm. So blieb Alisa nichts anderes übrig, als sich mit Tammo durch den Galopp zu quälen. Vermutlich waren ihre Schuhe nun für immer ruiniert!
    Danach forderte Luciano sie auf und anschließend Sören, der Chiara nur unter Protest an den jungen Graf Grünne abtrat und sich den Hals verrenkte, um sie nicht aus dem Blick zu verlieren. Alisa ließ ihren Blick über die Tanzfläche schweifen. Franz Leopold tanzte mit seiner Cousine Anna Christina. Gerade zog Luciano mit Ivy an den beiden vorbei, da blieb Ivy plötzlich stehen. Luciano wäre beinahe gestolpert. Er schien sie zu fragen, was mit ihr los sei. In ihrer Miene stand Überraschung, nein, mehr noch, ungläubiges Staunen. Alisa folgte ihrem erhobenen Finger, der auf den Mann wies, der eben den Saal betrat. Die Vamalia verbiss sich
gerade noch, ganz undamenhaft zu pfeifen. Das war doch nicht möglich! Zum Glück endete der Tanz in diesem Moment. Hastig verabschiedete sie sich von ihrem Vetter und eilte mit gerafften Röcken Ivy und Luciano hinterher, die den Neuankömmling vor ihr erreichten. Ivy sah noch immer ungläubig drein, als sie ihre Hand in die seine legte, so als müsse sie es spüren, um zu glauben, was sie sah.
    »Seymour«, hauchte sie. »Was ist in dich gefahren?«
    Alisa betrachtete den Werwolf, den sie zuletzt im Spital gesehen hatte. Noch immer waren seine Züge ausgezehrt, doch er hatte sich das verfilzte Haar zu einer halbwegs modernen Frisur schneiden lassen - vermutlich von Hindrik - und steckte in einem Frack, der neu und durchaus modisch war, jedoch ein wenig zu weit die hagere Gestalt umhüllte. Ivy schien das gar nicht zu bemerken. Sie sah strahlend zu ihrem Bruder auf.
    »Du brichst deinen eigenen Schwur«, sagte sie.
    Seymour zuckte mit den Schultern. »Wie sonst könnte ich mit meiner Schwester Walzer tanzen?«
    »Willst du das wirklich tun?«
    Er nahm sie fest an der Hand. »Aber natürlich! Wozu sonst bin ich in dieser affigen Verkleidung hierher gekommen?«
    Bei den ersten Tönen des nächsten Walzers zog er sie hinter sich her auf die Tanzfläche. Alisa sah ihnen mit offenem Mund hinterher.
    »Musst du dir dieses Schauspiel in Ruhe ansehen oder würdest du nun endlich auch einmal mit mir tanzen?«, erkundigte sich Franz Leopold in dem Tonfall, den Alisa so verabscheute, doch sein Lächeln war offen.
    »Ich denke, ich schaffe es, mit dir zu tanzen und mich gleichzeitig an dem ungewöhnlichen Bild zu erfreuen«, gab sie zurück und reichte ihm die Hand. Franz Leopold zog eine Grimasse. »Wenn ich mit dir tanze, sollst du dich auf mich allein konzentrieren!«
    »Ach, du meinst, du hättest meine ungeteilte Aufmerksamkeit verdient?«, neckte Alisa und legte ihren Arm auf den seinen.
    »Ja, das denke ich«, gab er ernsthaft mit einem solch intensiven Blick zurück, dass die Vamalia rasch die Lider senkte und schwieg.
Da war es doch ungefährlicher, Ivy und Seymour noch ein wenig zu beobachten, während Franz Leopold sie zwischen die wirbelnden Röcke drehte.
    Es überkam sie wieder dieses Gefühl, dieser Rausch der Glückseligkeit, den sie schon einmal in seinen Armen empfunden hatte. Sie hätte singen mögen. Die fröhliche Walzermelodie trieb ihre Füße über das Parkett und ließ ihren ganzen Körper im Einklang mit dem seinen schwingen. Ob Leo genauso empfand? Oder war es für ihn einfach nur ein Tanz? Eine gesellschaftliche Pflicht?
    Alisa öffnete die Augen und warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Er lächelte und wirkte mit sich und der Welt zufrieden. Oder war das wieder nur diese Fassade, die er so perfekt beherrschte? Was würde er von ihr denken, wenn er ihre überschäumenden Gefühle las? Es war doch nur ein Tanz. Wie peinlich, wenn er nur seine höfliche Pflicht einer

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