Die Erben der Nacht 04 Dracas
Salon.
EPILOG
Während die Dracas und ihre Gäste in der Wiener Hofburg Walzer tanzten, trat im fernen Transsilvanien eine einsame Gestalt aus der Tür ihres Wohnturmes, schritt mit gebeugtem Rücken über den Hof und blieb dann an der Mauerbrüstung stehen, die ihr einen weiten Ausblick über die Schlucht gewährte. Mehr als eine Stunde
stand Dracula reglos da. Er drehte sich auch nicht um, als er Razvans hinkenden Schritt hinter sich vernahm. Der Diener räusperte sich und wartete eine ganze Weile, ehe er wagte, seinen Herrn anzusprechen.
»Meister, werdet Ihr heute Nacht nicht ausgehen?«
Der Vampir ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Nein, ich denke nicht.«
»Es ist so einsam und still hier auf Poienari geworden«, wagte der Bucklige zu bemerken.
»Vermisst du meine drei Musen? Ich dachte, sie hätten dich stets bis auf dein warmes Blut gereizt?«
»Ja, das haben sie«, gab Razvan zu. »Und dennoch sind wir ohne sie schlechter dran. Sie waren stets für eine Überraschung gut und haben mir mit ihrem Gezänk die Langeweile vertrieben. Ich gebe es nur ungern zu, aber ich vermisse sie tatsächlich. Ihr nicht auch? Warum holt Ihr nicht neue Frauen nach Poienari? Seht Euch nur an, Meister, wie Ihr trübsinnig den Mond anstarrt und Euch nicht einmal aufraffen könnt, auf die Jagd zu gehen«, fügte er mutig hinzu. »Ihr braucht Unterhaltung und Ablenkung! Gibt es nicht genug schöne Frauen beiderseits der Karpaten?«
»Ja, an ihnen herrscht kein Mangel, und dennoch begehre ich keine von ihnen. Und auch meiner drei Musen war ich längst überdrüssig. Ich kann nicht einmal sagen, dass ich sie vermisse. Nein, sie nicht!«
»Wen dann? Das irische Mädchen, das man Euch entrissen hat?«, fragte der Diener verwundert. »Sie war noch ein halbes Kind.«
»Du darfst dich von ihrem Äußeren nicht täuschen lassen. Sie ist eine mächtige Vampirin und Druidin. Ich habe sie erwählt und bin nicht bereit, mir meine Pläne zerstören zu lassen.«
»Und dennoch habt Ihr sie nicht aufgehalten.«
Dracula nickte. »Nein, dieses Mal nicht. Doch noch ist nicht das Ende aller Nächte.«
»Was habt Ihr vor?«, fragte Razvan mit vor Neugier schimmernden Augen.
»Nichts. Noch nicht. Ich werde den Winter über in Poienari bleiben. Vielleicht besorge ich dir Unterhaltung, wenn dir danach ist.
Hast du irgendwelche Wünsche? Mir ist es gleich.« Razvan winkte ab. Das war im Augenblick nicht wichtig. Etwas anderes interessierte ihn viel mehr.
»Und wenn der Winter vorüber ist?«, drängte der Bucklige.
»Dann werde ich wieder auf Reisen gehen.«
»Wisst Ihr schon, wohin? Darf ich Euch dieses Mal begleiten?«
Dracula wandte sich zu ihm um. So etwas wie ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Ich war lange nicht mehr in London. Ja, vielleicht sollte ich der Insel wieder einmal einen Besuch abstatten.«
GLOSSAR
Bastion - österreichisch auch Bastei, ist ein Teil einer Festung. Sie ist ein dem Hauptwall vorspringender, meist fünfeckiger Teil der Festungsmauer und dient den Verteidigern dazu, die Angreifer auch von der Seite oder - wenn sie sich der Mauer nähern - von hinten beschießen zu können.
Beletage - Kommtvom französischen bel étage - schönes Geschoss - und bezeichnet in einem Adelspalais oder einem großbürgerlichen Wohnhaus die am besten ausgestattete Wohnung. In den Ringstraßenpalais wohnten hier - meist im ersten Obergeschoss - die Eigentümer der Häuser, während die Wohnungen in den anderen Stockwerken vermietet waren. Die sogenannte Prunkstiege führte nur zu diesem Stockwerk. Die anderen Wohnungen erreichte man über Nebenstiegen. In den Adelspalästen waren die Repräsentationsräume in der Beletage untergebracht, während die privaten Wohnräume ein Stock höher oder tiefer zu finden waren. Die Beletage zeichnete sich durch die größte Deckenhöhe aus, sodass sie auch in der Fassade durch deutlich höhere Fenster zu erkennen war.
Bojar - Adeliger unterhalb des Rangs eines Fürsten. Der Titel war in Russland, Bulgarien, Rumänien, Moldawien und Serbien verbreitet. Die Bojaren bildeten seit dem 8. Jahhundert die herrschende Schicht der Großgrundbesitzer. Ihre größte Bedeutung hatten die Bojaren in den Donaufürstentümern Walachei und Moldau zwischen dem 10. und dem 18. Jahrhundert. Sie waren für die Rechtssprechung zuständig und übernahmen wichtige Ämter beim Militär und am Fürstenhof in der Verwaltung. Bojaren wurden gewählt und vom Fürst bestätigt. In Siebenbürgen verloren sie
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