Die Erben der Nacht 04 Dracas
versichern, dass du keinen ernsthaften Schaden davongetragen hast. Ich interessiere mich zwar für Vampire und habe schon viele Geschichten gesammelt, aber ich bin kein Experte. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass du von einem Vampir gebissen worden bist und viel Blut verloren hast. Selbst jetzt, Monate später, hast du dich noch immer nicht davon erholt. Du bist dünn und blass. Das bereitet mir Sorgen. Nur deshalb habe ich Professor van Helsing gebeten, nach dir zu sehen. Welchen anderen Arzt könnten wir um Rat fragen?«
Latona war von seiner Fürsorge fast ein wenig gerührt, dennoch ärgerte es sie, dass er, ohne sie zu fragen, van Helsing auf den Plan gerufen hatte. Sie argwöhnte, dass er es war, der Carmelo zumindest darin bestärkt hatte, seinen Schwur, den er den Nosferas in Rom gegeben hatte, zu brechen. Und vermutlich stammte auch die perfide Idee, die Vampire in Paris mit Quecksilberdämpfen zu vergiften, von van Helsing. Schon alleine dafür müsste sie ihn verabscheuen. Als sie ihn auf die Geschichte ansprach, verneinte er den Verdacht allerdings. Wobei er den Einfall keineswegs für so verabscheuenswürdig hielt wie sie. Nein, für ihn schien Carmelos Plan eine geniale Idee.
»So genial, dass es ihn sein Leben gekostet hat«, merkte Latona bissig an.
Van Helsing hob die Schulter. »Das ist das Risiko des Jägers. Das Glück kann jederzeit die Seiten wechseln. Doch nun komm mit mir, ich habe schon alles für die Untersuchungen vorbereitet.«
Mit einem dramatischen Stöhnen erhob sich Latona und folgte van Helsing, während Bram und der ungarische Professor im Salon auf das Ergebnis warteten. Bram sichtlich besorgt, der Ungar interessiert.
»Sie müssen sich nicht weiter ängstigen«, verkündigte Latona, als sie nach mehr als einer Stunde in den Salon zurückkehrte. »Es ist
nicht anzunehmen, dass ich mich bald nur noch von Blut ernähren werde.«
Bram sah zu van Helsing, der nickte. »Ja, ich konnte nichts finden, das auf eine ungewöhnliche Veränderung ihres Körpers und Geistes hinweist. Wobei ich nicht behaupten will, dass alles in bester Ordnung sei. Wie wir alle sehen können, ist Fräulein Latona in keinem guten Zustand. Die Blässe, die dunklen Ringe unter den Augen…«
»Danke auch«, warf Latona sarkastisch ein. »Das hört eine Dame gerne.«
Van Helsing ignorierte den Einwurf. »Eine Erklärung ist sicher der große Blutverlust, der nicht von jedem Körper innerhalb weniger Wochen überwunden werden kann. Als einzige Erklärung ist mir das aber nicht genug. Sie ist eine junge Dame voller Lebenskraft und Energie. Sie müsste inzwischen darüber hinwegsein und ihr Körper im Wesentlichen zu seiner alten Kraft zurückgefunden haben!«
Van Helsing fixierte sie wieder mit seinem bohrenden Blick, der Latona unruhig auf ihrem Sessel hin- und herrutschen ließ.
»Ich war schon immer dünn und blass«, sagte Latona trotzig.
»Mag sein«, gab van Helsing zurück, ohne seinen Blick von ihr abzuwenden. »Aber, wie ich schon sagte, es reicht mir als Erklärung nicht aus.«
Bram legte die Hände zusammen und beugte sich in seinem Sessel vor. »Und woran denken Sie dann?« Die Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben. Latona dagegen verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust.
Van Helsing sah von Latona zu Bram und wieder zu seiner Patientin. Ein Lächeln breitete sich über sein bärtiges Gesicht aus.
»Kennen Sie die Antwort nicht bereits? Wenn ich mir Ihre Mienen und Gesten so ansehe, dann kommt mir der Verdacht, dass ich Ihnen nichts Neues verrate. Soll ich es dennoch aussprechen?«
Bram nickte, Latona dagegen wandte sich ab und blickte scheinbar desinteressiert aus dem Fenster.
»Nicht die Schwäche ihres Körpers laugt sie aus. Liege ich richtig, wenn ich sage, es ist die hoffnungslose Qual des Herzens, die sie
nicht essen und nicht schlafen lässt? Nein, so kann sich der Körper nicht erholen und zu Kräften kommen, so viel kann ich sagen. Ansonsten bin ich kein Experte für Liebesangelegenheiten, selbst wenn sie einen Vampir betreffen. Ist es nicht so? Fräulein Latona verzehrt sich nach dem Vampir, der sie gebissen hat!«
»Ja«, fauchte sie, »und sagen Sie nicht, dass es hoffnungslos ist. Wir haben uns ewige Liebe geschworen, und wenn ich Malcolm wiederfinde, dann wird er mich zu sich nehmen und wir werden für immer in seiner Welt der Nacht zusammen sein!« Latona verstummte und sah in die Gesichter der drei Männer, die ihr aufmerksam zugewandt waren. Bram wieder mit
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