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Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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einem Hof, der von drei Seiten von Mietshäusern umgeben war. Es ging nicht weiter. Das durfte doch nicht wahr sein! Leo drehte sich noch einmal um seine Achse. Vielleicht hatte er einen dieser Sottoportegi übersehen.
    Nein, es gab keinen Durchgang. Er war in eine Sackgasse geraten und musste umkehren. Vor sich hin schimpfend, lief er die Gasse wieder zurück. Ein Schatten zischte über ihn hinweg.
    Brauchst du einen Stadtführer?, erkundigte sich seine Cousine, und der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
    Verflucht, ja! Das ist ein einziges Labyrinth.
    Das stimmt, bestätigte Anna Christina von oben. Du musst links in die nächste Gasse abbiegen und gleich noch einmal links, dann erreichst du die Brücke über den nächsten Kanal.
    Und dann müsst ihr dem Kanal nach Osten folgen, mischte sich Luciano ein, der noch immer über den Larvalesti schwebte. Links schließt sich ein Platz an, an dessen Ende eine Kirche steht  – was sonst. Sie sind jetzt auf dem Dach gelandet und  – oh, warte, jetzt sind sie verschwunden.
    Verschwunden? Was heißt hier, verschwunden? Sie können sich nicht einfach in Luft auflösen. Das hoffte Leo zumindest. Er hatte bereits die nächste Quergasse erreicht und lief parallel zum Kanal, um dann wieder nach Norden abzubiegen, wo, laut Anna Christina, die Brücke sein musste.
    Nein, das nicht, bestätigte Luciano. Sie sind durch eine Klappe im Dach gestiegen und müssen jetzt irgendwo in der Kirche sein. Ich versuche, hineinzukommen.
    Leo hatte den Kanal mittlerweile überquert und rannte nach Osten, bis er den Platz erreichte. »Campo de Gesuiti«, verriet ein Schild. An dessen Ende erhob sich die barocke Kirche mit ihren mächtigen Säulen, typisch für die Gotteshäuser des Jesuitenordens, der hier in Venedig nicht gut gelitten und lange Zeit verboten gewesen war. Zu sehr waren seine Anhänger treue Diener des Papstes, der in der Lagunenstadt nichts zu sagen hatte. Venedig hatte sein eigenes Apostelgrab und fühlte sich Rom ebenbürtig!
    Leo hatte den Platz fast überquert, als sich eine Seitentür des Kirchenschiffs einen Spalt öffnete. Schnell bremste er ab und huschte um die nächste Häuserecke. Tatsächlich, da waren die beiden Männer, und sie trugen die Beutel mit ihrer Beute noch immer bei sich. Die Kirche war also nicht ihr Versteck. Die Jagd ging weiter. Nun aber nicht mehr in der luftigen Höhe der Dächer, die ihnen den Vorteil ihrer schwingenartigen Mäntel verschaffte.
    Lange konnte sich Leo jedoch nicht an seinem Vorteil erfreuen. Er folgte den Männern an der Kirche vorbei bis zum Ufer. Hier an der Kaimauer endete Venedig. In der Ferne konnte er den Mauerring der Friedhofsinsel San Michele erkennen. Dahinter musste die Glasbläserinsel Murano liegen. Die Männer wollten doch nicht etwa  … ?
    Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als er das Boot sah, auf das die beiden zustrebten. Die Leinen waren bereits gelöst. Zwei kräftige Männer standen bereit. Die Vermummten sprangen mit ihrer Beute von der Kaimauer an Bord, und sofort legten die Ruderer los.
    Leo, jetzt kannst du uns zeigen, ob du ein guter Gondoliere bist, meinte Anna Christina, die knapp über seinem Kopf hinwegschoss.
    Dort drüben sind ein paar Gondeln vertäut, meldete Luciano. Oder willst du lieber hierbleiben?
    Nein, das wollte er ganz und gar nicht! Aber genauso wenig hatte er Lust, den Männern hinterherzurudern. Gut, es war dunkel, und wenn ihn seine Freunde leiteten, konnte er so großen Abstand wahren, dass sie ihn nicht entdeckten. Aber wozu war er auf die Akademie gegangen, wenn er jetzt wie ein Mensch eine Gondel rudern musste?
    Leo war so zornig, dass er mit den Zähnen knirschte. Ausgerechnet er, der stets bei allen Clans brilliert hatte, sollte an dieser Aufgabe scheitern? Nur eine Fledermaus. Eine einfache, dumme Fledermaus! Das konnte er seit seinem zweiten Schuljahr. Er sah das Bild vor sich und spürte die Kraftlinien, die die Lagune durchzogen, und plötzlich war der Nebel da. Ehe er begriff, was geschah, schoss die Fledermaus über die Kaimauer hinaus und wirbelte, von einer Windböe erfasst, umher.
    Ach wie nett, hast du dich doch noch dazu durchgerungen, dich uns anzuschließen?, begrüßte ihn der Falke, der pfeilschnell an ihm vorbeischoss, das Boot überflog und dann in einer weiten Schleife zu den beiden Fledermäusen zurückkehrte.
    Warum hat es jetzt geklappt?, erkundigte sich Luciano.
    Ich habe keine Ahnung, musste Leo zugeben, der selbst noch

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