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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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wer sie genommen hat.«
    »Doch du lässt nicht locker.« Alisa nickte nachdenklich. »Ist das klug? Du weißt, dass sie mit ihrem Onkel hier ist, dem Vampirjäger. Meinst du nicht, sie könnten zu ihrem früheren Geschäft zurückgekehrt sein?«
    »Sie haben einen Eid geschworen!«
    »Sie sind Menschen!«
    »Und? Was willst du damit sagen? Dass man ihnen aus diesem Grund nicht vertrauen darf?«
    Die Entgegnung kam so heftig, dass Alisa einen Schritt zurückwich. Genau das hatte sie damit sagen wollen, traute sich nun aber nicht mehr, es auszusprechen. Malcolm wusste es auch so. Und vermutlich hatte er nur deshalb so reagiert, weil er die gleichen Zweifel in sich trug. Alisa hob beschwichtigend die Hände.
    »Sei vorsichtig«, riet sie ihm. »Du könntest dich und sie in Gefahr bringen.«
    »Danke für die Warnung«, sagte Malcolm steif.
    Mehr konnte sie nicht tun. Alisa bedankte sich noch einmal für die Karte und kehrte dann zu den anderen zurück.

HAUTE COUTURE
    Im Laufe der Nacht schien es den Altehrwürdigen besser zu gehen. Sie saßen in der großen Kaverne zusammen und tranken das Blut, das die Servienten auf Anweisung von Seigneur Lucien für sie besorgt hatten. Zu Lucianos Freude brachten sie auch so viel Tierblut mit, dass es für die Erben mehr als reichlich zu trinken gab, und Luciano seit langer Zeit wieder einmal behaupten konnte: Für den Augenblick sei sein Blutdurst gestillt. Dass dieses Gefühl nur kurz anhalten würde, wussten sie alle. Im Moment jedoch waren sie satt und zufrieden, und selbst die mürrischen Mienen von Karl Philipp und Anna Christina glätteten sich, und es schien fast, als würde die Vampirin lächeln, als Franz Leopold zu ihr trat und eine Frage an sie richtete.
    »Das sieht nicht so aus, als würde sich heute Nacht noch etwas tun«, meinte Alisa, die sich neben Ivy auf einem der Särge niederließ.
    »Was meinst du?« Ivy war mit ihren Gedanken in einem anderen Teil der Stadt unterwegs gewesen. In den geheimen Gemächern unter dem Opernhaus. Sie stellte sich vor, wie Erik an seiner Orgel saß und spielte.
    »Ich meine, dass die Pyras offensichtlich keine Anstalten machen, uns heute Nacht weiter zu unterrichten«, sagte Alisa etwas ungeduldig. »Mal wieder! Sehr ernst nehmen sie die Sache ja nicht gerade.«
    »Die ungewöhnliche Schwäche ihrer Altehrwürdigen?«
    »Nein! Unsere Ausbildung, die Akademie!« Alisa schien nun verärgert. »Wo bist du denn mit deinen Gedanken? Grübelst du noch immer über die Ursachen der Krankheit nach?«
    Ivy erwog für einen Moment, ob sie zu dieser Ausrede Zuflucht nehmen sollte, ihr Gefühl der Freundschaft für Alisa hielt sie aber davon ab. »Nein, obwohl ich das vielleicht sollte. Ich habe an Erik gedacht.«
    Alisa sah sie aufmerksam an. »Denkst du nicht ein wenig häufig
an das Phantom? Du planst doch nicht etwa, dich schon wieder davonzumachen?«
    Ivy fiel es schwer, ihre Freundin weiter anzusehen. »Ich habe es mir überlegt. Wie du selbst schon sagtest, wird es heute Nacht wohl keinen weiteren Unterricht geben. Und da dachte ich mir, es könne nicht schaden, eine eigene Orientierungsübung durchzuführen.«
    Alisas Blick war misstrauisch. »Ivy-Máire, halte mich nicht für einfältig! Du hast dich in das Phantom verguckt. Streit es bloß nicht ab, denn ich werde es dir sowieso nicht glauben.« Ein wenig verwundert fügte sie hinzu, als dränge sich ihr diese Erkenntnis gerade auf: »Ich hätte nicht gedacht, dass du so sprunghaft in deinen Gefühlen bist - gerade du! Im vergangenen Jahr waren Franz Leopold und du euch so zugetan. Auch wenn ich nicht genau weiß, was zwischen euch war, konnte das keiner übersehen, der euch ein wenig kennt! Und nun verliebst du dich in das Phantom, einen zugegeben genialen, doch eben auch missratenen Menschen. Einen Fehler der Natur!«
    »Sind nicht auch wir ein Fehler der Natur?«, sagte Ivy nachdenklich. »Die Menschen, die uns jagen, glauben es zumindest. Wir sind nicht in Gottes Schöpfung vorgesehen, also muss man uns vernichten.«
    »Du lenkst ab!«
    »Nein, nicht direkt. Die Dunkelheit in ihm ist ein Teil seiner Anziehungskraft. Und dennoch irrst du dich, wenn du glaubst, ich wäre in Erik verliebt. Ich hege keine solchen Gefühle« - nicht mehr, fügte Ivy im Stillen hinzu. »Ich finde ihn und sein Wissen, sein Leben und die Erfahrungen, die er auf seiner Wanderschaft durch ferne Länder gemacht hat, faszinierend. Und ich bin von seiner Musik und seiner Stimme hingerissen.«
    »Hm, ja, sie ist

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