Die Erben der Nacht - Pyras
»Ich frage mich, warum du immer so aggressiv bist. Ich wollte dir nur meine Hilfe anbieten, nachdem ich mit meinem Stapel fertig bin.«
»Verzichte«, sagte Alisa nur und sah noch immer nicht auf. Franz Leopold seufzte, schob ein paar Bücher und eine Papierrolle beiseite und setzte sich zu ihr. Er griff nach der Rolle.
»Was ist das?«
Nun endlich hob die Vamalia den Blick. »Nichts Wichtiges. Nur eine Karte, die Malcolm gefunden hat.«
Franz Leopold entrollte den Plan dennoch und betrachtete ihn. »Interessant. Der Untergrund von Paris.« Kritisch zog er die Augenbrauen zusammen. »Nun ja, so ganz exakt ist er nicht, aber sie haben
sich redlich bemüht, die verschiedenen Stockwerke darzustellen. Ah, und wie es scheint, haben es die Pyras tatsächlich hinbekommen, eine Schutzaura um die Kavernen unter dem Val de Grâce zu errichten. Bemerkenswert. Das hätte ich ihnen gar nicht zugetraut.« Franz Leopold tippte auf den fast leeren Fleck, der nur von ein paar gestrichelten Linien durchbrochen wurde, die mit Fragezeichen und Jahreszahlen versehen waren.
Alisa nickte ein wenig abwesend. Ein Teil ihres Geistes war noch immer auf das Buch auf ihren Knien gerichtet.
»Ja, ist mir auch schon aufgefallen. Die Menschen konnten hier nicht eindringen, deshalb haben sie nur das eingezeichnet, was sie in älteren Karten gefunden haben. Sie waren sogar gezwungen, den neuen Teil des Druckluftsystems in einem Bogen um die Höhlen herumzubauen.« Alisa tippte an die Stelle auf der Karte, als ihr Finger plötzlich zu zittern begann. »Bei allen Dämonen der Hölle, wie konnte ich so blind sein! Dabei hat mir Malcolm die Lösung in die Hände gegeben!«
Franz Leopold musterte sie kritisch. »Was soll das heißen?«
»Ich lag mit meiner Vermutung falsch.«
»Und nun kennst du die Wahrheit?«, hakte Franz Leopold noch immer ungläubig nach.
Alisa nickte. »Ja, ich bin mir sicher, jetzt kenne ich die Wahrheit. Ich dachte, es sei eine Krankheit. Die Symptome schienen mir danach. Und die Art, wie es sich ausbreitete, von einem Sarg zum nächsten. Doch gerade hier habe ich mich narren lassen.«
Franz Leopolds Verwirrung schien noch zuzunehmen. »Malcolm wusste es die ganze Zeit und hat nichts davon gesagt?«
Alisa schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich nicht behauptet. Ich sagte, er hat mir die Lösung in die Hand gegeben - diese Karte nämlich, die er im Quarantäne-Haus im Jardin des Plantes entdeckte. Ich glaube nicht, dass er bemerkt hat, was die Aufzeichnungen bedeuten.«
Franz Leopold runzelte die Stirn und starrte auf den Plan herab. »Du behauptest also, diese Karte verrät uns, was hier vor sich geht und wodurch die Pyras vernichtet werden?«
»Ja«, sagte Alisa schlicht. Sie sah Franz Leopold an, dass er zwischen Ärger über die eigene Unfähigkeit und Unglaube schwankte.
»Schließe die Augen und verfolge den Weg, den die Vernichtung genommen hat. Denke auch an die, denen es jetzt besser zu gehen scheint. Und dann betrachte die Stelle auf der Karte noch einmal«, riet die Vamalia.
Obwohl es ihm sichtlich widerstrebte, folgte Franz Leopold ihren Anweisungen. Als er die Augen wieder öffnete und auf den Bereich mit den wenigen, gestrichelten Linien richtete, stieß er ein kurzes Keuchen aus.
»Das Verderben kommt aus der Tiefe!«
»Ja, die Altehrwürdigen in den untersten Höhlen hat es zuerst getroffen. Von dort steigt es auf und breitet sich aus. Hier oben ist es nur noch nicht angekommen.«
»Noch nicht!«, wiederholte Franz Leopold. »Aber was genau ist es?«
Alisa machte eine klägliche Miene. »Das weiß ich leider immer noch nicht und in diesen Büchern hier werden wir die Antwort nicht finden. Und leider auch kein Gegenmittel.«
Franz Leopold stöhnte. »Was dann? Noch mehr Bücher? Andere Werke?«
»Das dauert zu lange. Wer weiß, wann es uns hier erreicht. Ist der Morgen erst einmal da, liegen wir für zwölf Stunden unbeweglich in unseren Särgen. In dieser Zeit kann zu viel passieren.«
»Hast du eine andere Idee?«
Alisa nickte knapp. »Als Erstes müssen wir wissen, um welche Substanz es sich handelt, und dafür brauchen wir einen Alchemisten oder Chemiker, wie sie es heutzutage nennen.«
Franz Leopold barg den Kopf in den Händen. »Nichts leichter als das. Wollen wir nachsehen, ob an einer der Universitäten noch ein verspätetes Mitglied dieser Fakultät herumläuft, und den Herrn Wissenschaftler in unsere Gewalt bringen?«
»Nein, das halte ich für keine gute Idee. Ich werde
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