Die Erben der Nacht - Pyras
der Leitung, die es hierherführt. Sollen sie die Maschine, die das Gift einspeist, und die Rohre zerstören. Der Karte nach zu urteilen, finden sie die Maschine in dieser unterirdischen Kammer unter einem der Nebengebäude des Cochin. Und wir sehen derweil nach, ob Seigneur Thibaut tatsächlich noch zu retten ist.«
Sie wandte sich an Erik, dessen Leib sich zusammenkrampfte. Er würgte und hustete. »Und du, lieber Freund, sieh zu, dass du diesen Ort des Todes verlässt. Wir stehen alle in deiner Schuld und danken dir. Geh hinauf in die frische Nachtluft und atme das Gift aus deinen Lungen. Ich hoffe, es wird für deine Gesundheit keine Folgen haben.«
Erik nahm Ivys Hände in die seinen. »Deine Sorge rührt mich. Komm bald wieder. Ich möchte dir meine neuen Kompositionen vorspielen. Du bist in meinen Gemächern stets willkommen.« Er warf einen Seitenblick auf Alisa, die erwartungsvoll näher getreten war. Franz Leopold kam es vor, als würde das Phantom lächeln. »Du und deine Freunde sind willkommen.« Er neigte den Kopf in Alisas Richtung. »So viele Bücher, die darauf warten, ihre Geheimnisse mit einem wissbegierigen Geist zu teilen.«
Geheimnisse über Vampire und einen Clan in Rumänien, den es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte, ergänzte Franz Leopold in Gedanken.
Latona huschte in die Behandlungskammer mit den Holzkästen und blies die Lampe aus. Atemlos vor Anspannung, drückte sie sich gegen die Tür, die sie einen Spalt weit offen ließ, und starrte in die Finsternis. Sie konnte auf dem Korridor absolut nichts sehen und nur ahnen, wo sich Seigneur Thibaut befand. Hatte er richtig gehört? Bestimmt. Die Sinne eines Vampirs waren schärfer, selbst in seinem Zustand. Doch vielleicht hatte er sich in der Richtung der Schritte getäuscht. Vielleicht kamen sie nicht hier herunter?
Die Hoffnung währte nicht lange. Nun konnte Latona die Stimmen und Schritte ebenfalls hören. Fremde Männer. Aber war nicht
einer unter ihnen, der ihr mehr als gut bekannt war? Sie lauschte angestrengt, konnte seine Stimme aber nicht ausmachen. Nun näherten sie sich der Tür. Sie hörte einen Mann erstaunt feststellen, dass nicht abgeschlossen war. Unwillkürlich zuckte ihre Hand nach dem Schlüssel ihres Onkels in ihrer Tasche.
Die Tür wurde geöffnet und ein Lichtschein erhellte den Korridor. Latona presste ihr linkes Auge an den Spalt und sah einige Männer eintreten, doch wo war der Vampir? Da vernahm sie die Stimme, von der sie gehofft hatte, sie hier unten nicht hören zu müssen.
»Passen Sie auf!«, schrie ihr Onkel Carmelo. »Schützen Sie Ihren Hals!«
Ihre Wut war so groß, dass sie die Bewunderung für seine scharfen Sinne überdeckte. Wie konnte er es wagen! Wie konnte er seinen Schwur brechen und einen Vampir einsperren und so quälen?
Sie sah den Körper, der auf die erstaunten Männer zusprang. Das Licht erlosch. Hatten sie überhaupt verstanden, wovor ihr Onkel sie warnte? Sie reagierten nicht. Liefen nicht davon, versuchten nicht, sich zu wehren. Zumindest klang dies nicht nach einem Kampf mehrerer verzweifelter Männer gegen einen Vampir! Dies hörte sich nach einem zu einfachen Mahl für Seigneur Thibaut an. Latona griff mit zitternden Fingern nach der Lampe. Nein, das würde sie nicht zulassen. Hatte er nicht versprochen, nicht anzugreifen? Sie ignorierte die Stimme, die sie daran erinnerte, dass er dieses Versprechen nur seiner Retterin gegenüber abgegeben hatte.
Latona hörte einen Mann stöhnen und roch das vergossene Blut, dann fiel der Leib schwer zu Boden. War der Mann tot? Für einen Moment überschwemmte sie der Gedanke an Vergeltung. Warum sollte sie eingreifen? Sie hatten es verdient! Was konnte sie überhaupt tun?
Ein anderer Mann schrie in höchstem Schmerz auf und verjagte die bösen Geister aus ihrem Kopf. Sie zündete die Lampe an und erleuchtete den Gang. Mit einem Blick erfasste sie den reglosen Mann auf dem Boden, der in einer sich rasch ausbreitenden Blutlache lag, den Vampir, der einen zweiten Mann gepackt hielt, und vier andere Männer, die erstarrt und mit offenen Mündern dastanden. Ihren Onkel sah sie nicht.
Latona stürmte auf den Vampir zu. »Lass ihn sofort los. Du hast es versprochen!«, schrie sie in maßlosem Zorn, der jedes andere Gefühl verdrängte. Sie schlug mit der Faust auf ihn ein, während die andere Hand die Lampe hochhielt, um ihn zu blenden.
Latona war selbst überrascht, dass der Vampir in seinem Blutrausch Notiz von ihr nahm. Er ließ sein
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