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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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auch ein Lichtschein zu ahnen?
    »Er weiß nicht, welchem Gang er folgen soll, nun da er deine Schritte nicht mehr hören kann«, flüsterte der Vampir ihr zu.
    Wer war er ? Onkel Carmelo, der die Verfolgung durch die Unterwelt aufgenommen hatte? Das traute sie ihm zu. Er kam, um sie zu retten! Er kam, um den Vampir an ihrer Seite zu vernichten, der ihr nichts getan hatte - bisher jedenfalls noch nicht. Ihr Kopf begann zu dröhnen. Was sollte sie tun? Sie hatte den Vampir aus seiner qualvollen Gefangenschaft befreit. Wollte sie, dass Carmelos Klinge ihn nun vernichtete? Doch was würde mit ihr geschehen, wenn sie zuließ, dass er sie noch tiefer in seine unterirdische Welt der Dunkelheit zerrte? Wäre das ihr Tod oder gar der Beginn eines ruhelosen Daseins in Ewigkeit?

    Malcolm , schoss es durch ihren Kopf. Dann wäre sie Malcolm ebenbürtig. Sie würde mit ihm gehen und seine Nächte mit ihm teilen, für immer. Warum dann die Angst? Was, wenn er sie einfach tötete und ihren Körper hier zurückließ? Dann war alles verloren.
    Ehe sie über die Folgen nachdachte, entschlüpfte ihren Lippen ein Klagelaut. Nicht sehr laut, doch ihr Verfolger schien ihn gehört zu haben. Seine Füße setzten ihren Weg fort. Der Vampir ließ das Mädchen los. Er stieß ein Geräusch aus, das eher resignierend denn wütend klang. Seigneur Thibaut taumelte gegen die Wand zurück. Ein seltsames Knacken ertönte wie das Brechen eines tönernen Kruges. Etwas fiel zu Boden. Der Lichtschein, den Latona bisher nur hatte erahnen können, kam in Begleitung rascher Schritte näher und trieb die Dunkelheit zurück. Latona riss die Augen auf. Sie erkannte eine große, kammerartige Kaverne, die sich über breite Gänge in drei Richtungen fortsetzte, doch die Wände waren weder von natürlichem Fels noch waren sie gemauert. Da war etwas aufgestapelt. Vom Boden bis fast zur Decke und bis in die Gänge weit jenseits des Lichtscheins. Latona kniff die Augen zusammen. Ihre verwirrte Fantasie musste ihr einen Streich spielen. Das konnte nicht sein. Sie sah einige Ratten um Seigneur Thibauts Füße wuseln, doch sie waren es nicht, die das Entsetzen in ihr hervorriefen. Es war der Gegenstand zu Seigneur Thibauts Füßen: ein menschlicher Schädel. Kein Zweifel. Überall stapelten sich weitere Schädel und Abertausende von Knochen. Vor ihrem inneren Auge fügte sich eine grausige Szenerie zusammen. Dutzende Vampire, die einen Festschmaus hielten und die menschlichen Leichen entlang der Wände aufstapelten. Latona wankte zurück, stieß mit dem Rücken gegen einen der Stapel und fand sich in einem Hagel von Knochen wieder. Schützend riss sie die Arme hoch, kniff die Augen zusammen und schrie, dass es ihr in den Ohren gellte.

MALCOLM UND LATONA
    Ivy, Alisa, Franz Leopold und Luciano warteten, bis die Pyras in dem Gang verschwunden waren, dessen Stützmauer den direkten Weg nach Süden versperrte. Sie mussten das Hindernis im Osten umrunden. Mit Äxten und schweren Stangen bewaffnet, waren sie wild entschlossen, das tödliche Menschenwerk zu zerstören. Diese Maschinen würden kein Gift mehr erzeugen. Und diese Rohre keine Quecksilberdämpfe mehr in ihre Höhlen leiten.
    »Gehen wir«, schlug Luciano vor, als die Meute aufgebrachter Pyras verschwunden war. Den Erben hatten sie befohlen, in der Haupthalle zu bleiben, obwohl Alisa empört darauf hinwies, dass sie die Lösung des schrecklichen Rätsels ihnen zu verdanken hatten.
    »Das ist nichts für Kinder«, hatte Seigneur Lucien geknurrt.
    »Kinder!«, fauchte Luciano. »Wer hat in Rom die Verschwörung um die Männer mit der roten Maske aufgedeckt? Und in Irland? Was war in Irland?«
    Franz Leopold wies ihn auf die Sinnlosigkeit hin, seine Fragen in den verlassenen Höhlengang zu schleudern.
    Trotzig verschränkte Luciano die Arme vor der Brust. »Wir werden nicht hier herumsitzen, bis sie zurückkommen!«
    »Nein, das werden wir nicht«, stimmte ihm Ivy beinahe heiter zu. »Wir werden im Spital nachsehen, ob Seigneur Thibaut noch zu retten ist.«
    »Gehen wir«, sagte Luciano, aber Ivy hielt ihn zurück.
    »Nicht in diese Richtung. Wir können sie nicht unbemerkt überholen. Und wenn sie erst einmal dabei sind, die Maschine zu zerstören, kommen wir nicht an ihnen vorbei in die Kellerräume des Spitals.«
    »Und wenn wir das schmale Loch nutzen, das die Menschen in die Mauer geschlagen haben, als sie die Rohrleitung bauten?«, schlug
Alisa vor. »Es ist eine Abkürzung, die uns direkt auf die Südseite der

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