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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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davonmachen wollten. Er hätte lachen mögen, so sehr spiegelte sich in ihren Gesichtern, dass sie bei etwas Verbotenem ertappt worden waren.
    Tammo verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Das geht dich gar nichts an.«
    Malcolm verbarg ein Lächeln. »Nein, da hast du sicher recht. Aber es interessiert mich.«
    »Warum? Willst du uns melden? Bei wem? Ist ja keiner mehr da.«
    Malcolm schüttelte den Kopf. »Melden? Auf Ideen kommst du. Ich wollte nur wissen, ob ihr etwas Interessantes vorhabt, und mich euch vielleicht anschließen, um hier nicht in Langeweile zu vergehen.«
    »Ich wollte Tammo den Jardin des Plantes zeigen«, sagte Fernand.
    »Den Botanischen Garten?«, wiederholte Malcolm verblüfft. »Also ich weiß nicht.« Er sah Fernand überrascht an. Wenn er eines von diesem Vampir nicht gedacht hätte, dann dass er sich für einen Park voller Pflanzen interessierte.
    »Willst du nun mitkommen oder lieber doch nicht?«, fragte Tammo. Ein lauernder Ausdruck trat in seine Miene. Malcolm verstand.
    »Ihr geht gar nicht in den Botanischen Garten? Das hat Fernand nur gesagt, um mich abzuschrecken, nicht wahr?«
    Fernand grinste breit und ließ die Zähne sehen. »Du irrst dich. Wir gehen wirklich in den Jardin des Plantes.«
    »Und was soll es dort Interessantes geben?«
    »Die Tiere«, platzte Tammo hervor. »Sie haben dort eine Menagerie mit vielen wilden Tieren aus allen Ländern der Welt.«
    »Nun ja, einige Käfige sind noch immer leer«, räumte Fernand ein. »Doch es treffen alle paar Monate neue Tiere ein. Es ist sicher nicht einfach, die ganzen Löwen und Gorillas, Elefanten und Tiger
wieder heranzuschaffen, nachdem die Tiere vor zehn Jahren alle geschlachtet und aufgegessen wurden.«
    »Was? Wieso denn?«, wollte Malcolm wissen, der sich wie selbstverständlich mit den beiden auf den Weg machte.
    »Ach, das war nach dem Krieg gegen die Preußen wegen irgendeines Prinzen von Hohenzollern, der nicht in Spanien König werden sollte. Keine Ahnung, jedenfalls schrie in Paris jeder, der Kaiser solle gegen die Preußen ziehen, was er dann auch tat - allerdings nur, um gegen sie zu verlieren. Und dann rückten sie natürlich in Frankreich ein, besiegten ihn und nahmen seine Armee gefangen. Der Kaiser dankte ab, es gab mal wieder eine Republik, Paris wurde belagert und ausgehungert, und so mussten die Zootiere dran glauben und kamen auf den Teller. Das war noch bevor die Kommune ausgerufen wurde und es schon wieder Revolution und Bürgerkrieg in den Gassen von Paris gab.«
    »Das ging mir alles ein wenig zu schnell«, bekannte Malcolm. »Kaiser, Krieg, Republik, Kommune? Was ist das und welcher Kaiser? Napoleon?«
    Doch Fernand war schon weitergegangen. Im Zickzack führte er sie durch die Gänge und Höhlungen der alten Steinbrüche, da der direkte Weg immer wieder vermauert oder zugeschüttet war. »Da ist mal ein ganzer Straßenzug mit mehreren Häusern versackt«, sagte er, als er sie durch einen engen Tunnel lotste, um einen riesigen Schutthaufen zu umgehen. »Diesen Gang haben dann die Schmuggler gegraben. Seht, dort ist der Aufstieg zu einem Schacht, der uns mitten in den Tiergarten führt. Folgt mir!«
    Flink erklomm Fernand die Stufen und hob einen schweren Deckel an, der polternd aufklappte und herrlich frische Nachtluft hereinströmen ließ.

    »Das Phantom der Oper?«, wiederholten die anderen und sahen einander verblüfft an.
    Alisa wollte noch mehr fragen, doch Joanne legte den Zeigefinger auf die Lippen und ging vorsichtig weiter.

    »Er muss hier irgendwo sein«, wisperte sie.
    Die Vampire öffneten ihre Sinne für die fremde Witterung und schritten langsam den Gang entlang. Ein weiterer Geruch überlagerte die Spur. Schwelte da irgendetwas? Zu sehen war nichts. Nur undurchdringliche Finsternis. Joanne scharte die Ratten eng um ihre Füße.
    »Ich schicke die Fledermaus vor«, flüsterte Alisa Ivy ins Ohr und sandte das Tier den Gang hinunter. Es flatterte bis zu einer Verzweigung, deren Kreuzungspunkt zu einem Raum erweitert war, mit gerundeten Wänden und gewölbter Decke. Von dem Phantom war nichts zu sehen. Und doch sagte ihr ein seltsames Kribbeln unter der Haut, dass es ganz in der Nähe sein musste. Sie rief die Fledermaus zurück. Das Tier hatte die Erben fast wieder erreicht, als vor ihnen unvermittelt ein Licht aufblitzte. Obwohl es nicht so grell war wie das des Fotografen, kniffen sie erschreckt die Augen zu und fuhren zurück. Luciano stieß einen Schrei aus. Die Fledermäuse

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